Wichernkirche (Berlin-Spandau)

Wichernkirche (Berlin-Spandau)

Die Wichernkirche in Berlin-Spandau ist ein über 100 Jahre altes Gotteshaus, das als „Wanderkirche“ schon an zwei anderen Orten stand, bevor es seinen jetzigen Platz im Hakenfelder Ortsteil des Berliner Bezirks Spandau fand und heute für die Evangelische Kirchengemeinde Wichern-Radeland ein gottesdienstliches Zentrum ist.

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Die Wichernkirche steht in der Hakenfelder Waldsiedlung an der Wichernstraße, die die Niederneuendorfer Allee mit dem Pappelweg am Gelände des Evangelischen Johannesstiftes verbindet.

Name

Die Kirche trägt ihren Namen nach Johann Hinrich Wichern (1808-1881), der der Begründer der kirchlichen Sozialarbeit und des Johannesstiftes war, das 1908 von Berlin-Plötzensee in unmittelbare Nähe verlegt wurde. Den Namen trug bereits seit 1909 die Straße, an der die Kirche heute steht.

Gemäß dem Wunsche des für Hakenfelde zuständige Pfarrers Hermann Bunke sollte der Bau den Namen Wicherns tragen. Als zweite Predigtstätte der Luthergemeinde war sie bei ihrer Einweihung keine eigenständige Pfarrkirche, weshalb sie zunächst Wichernkapelle hieß. Pfarrer Bunke hatte bei der Einweihung über den Wahlspruch Johann Hinrich Wicherns – "Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat" aus 1. Joh 5,4 – gepredigt. Dieser Spruch stand ehemals auch über dem Bogen der Altarnische (seit der Renovierung in den 1960er-Jahren steht er rechts davon).

Der zum 1. Januar 1937 selbstständig gewordene Gemeindeteil erhielt zunächst den Namen Kirchengemeinde Spandau-Hakenfelde. Erst 1938 erhielt die Gemeinde auf Antrag der Gemeindebevollmächtigten ihren Namen nach der Kirche. Mit der Urkunde über die Namensänderung vom 11. Januar 1938 wurde der Name Wichern-Kirchengemeinde vom Konsistorium offiziell genehmigt.

Geschichte

Die Westendkapelle 1897

Die Geschichte der „Wanderkirche“ beginnt im Ortsteil Westend von Berlin-Charlottenburg. Ende des 19. Jahrhunderts entstand in der Charlottenburger Kirchengemeinde der Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus im Bereich Westend. Die finanziellen Mittel der Gemeinde waren wegen des zeitgleichen Baus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erschöpft, und so suchte man eine Übergangslösung. Die Gemeinde pachtete für 10 Jahre das Gelände des alten Pferdemarktes am Spandauer Damm/Ecke Fürstenbrunner Weg, auf dem ein Gebäude errichtet werden sollte, das nicht mehr als 20.000 Mark kosten durfte.

Unter diesen Bedingungen entstand die zuerst so genannte „Westendkapelle“ als Notlösung. Die Architekten Johannes Vollmer und Heinrich Jassoy, von denen auch die Trinitatiskirche am Charlottenburger Karl-August-Platz und die Heilbronner Friedenskirche stammen, entwarfen das Bauwerk. Am 4. April 1897 wurde das Kirchlein feierlich eingeweiht.

Die Siemensstädter Kapelle 1908

Im Jahre 1906 lief die Pachtzeit für das Gelände ab. Auch wurde die kleine Kirche überflüssig, denn der inzwischen begonnene Bau der nahegelegenen Epiphaniaskirche war fertiggestellt. Die Westendkapelle wurde auf Abriss verkauft.

Aber nach nur zwei Jahren fand die Notkirche eine neue Verwendung. Jenseits der Spree, im Spandauer Ortsteil Siemensstadt und Zuständigkeitsbereich der St. Nikolai-Kirchengemeinde waren große Industriebauten entstanden, die neue Arbeitskräfte anzogen, die dort auch heimisch wurden. Die nach dem damaligen Ansiedlungsgesetz zum Bau auch kirchlicher Räume verpflichtete Fa. Siemens erwarb die ehemalige Westendkapelle und ließ sie auf einem bereitsgestellten Grundstück am Rohrdamm/Ecke Schulstraße (heute Jugendweg) wieder aufbauen. Die Einweihung der nunmehr Siemensstädter Kapelle erfolgte am 6. September 1908.

Die Wichernkirche 1932

Nach 23 Jahren - im Herbst 1931 - wurde die kleine Kirche auch an diesem Ort überflüssig, denn inzwischen war am Schuckertdamm die geräumigere Siemensstädter Kirche gebaut worden.

Zu diesem Zeitpunkt gab es eine noch junge und wachsende Kirchengemeinde jenseits der Havel im Spandauer Ortsteil Hakenfelde. Dort bemühten sich Gemeindeglieder der Luthergemeinde um ein eigenes kirchliches Zentrum in der neugebauten Waldsiedlung. Doch auch hier waren die finanziellen Mittel nicht vorhanden, um eine eigene Kirche zu bauen. Da wurde man auf Siemensstadt aufmerksam und hatte Glück: die Interimskapelle wurde den Hakenfeldern zugesprochen, die sich damit gegenüber den ebenfalls ein kirchliches Gebäude suchenden Klosterfeldern in Spandau durchsetzen konnten. Im Oktober des Jahres 1932 war der Wiederaufbau erfolgt, und die „Wanderkirche“ hatte in Hakenfelde ihren Standort bekommen. Am 23. Oktober 1932 wurde sie vom Spandauer Superintendenten Martin Albertz - zum dritten Male in ihrer Geschichte - eingeweiht.

Beschreibung

Die Wicherkirche ist ein rechteckiger Saalbau, dessen Fassaden von feingliedrigem Fachwerk überzogen sind. Auf dem hohen Satteldach ist am vorderen Teil ein offener Glockenträger mit einer geschweiften Haube angebracht, der mit dem Krüppelwalm über dem Eingangsbereich und den Spitzbogenfenstern die Kirche manch einen Betrachter wie ein Bauwerk des 19. Jahrhunderts in den Mittelgebirgen erscheinen lässt.

Die Innenausstattung ist sehr schlicht gehalten. Ein hölzerner Altartisch, darüber ein großes Wandkreuz prägen den eingezogenen Altarraum. An der linken Seite neben dem Altarraum steht die holzgefasste Kanzel, an der rechten Seite, über dem davor stehenden hölzernen Taufständer, ist das Lebensmotto des Namenspatrons der Kirche notiert: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“ (1. Joh. 5,4).

Auf der dem Altar gegenüberliegenden Empore über dem Eingangsbereich steht die Orgel, deren Werk 1962/63 von der Fa. Walcker (Ludwigsburg) nach einem Entwurf von Herbert Schulze und K.T. Kühn (beide Berlin) angefertigt wurde. Die Schulze-Kühn-Disposition wurde bereits nach zehn Jahren verändert. Im Jahre 2005 schließlich fand eine Grundinstandserzung durch die Orgelbaufirma Klein (Leipzig) statt.

Literatur


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