Widmanstätten-Struktur

Widmanstätten-Struktur
Widmanstätten-Struktur in der angeätzten Oberfläche eines Meteoriten aus dem Gibeon-Streufeld in Namibia.

Als Widmanstätten-Strukturen werden die nur in meteoritischem Material nachweisbaren, charakteristischen Strukturen bezeichnet, die sichtbar werden, wenn Eisenmeteoriten angeschliffen, poliert und mit methanolhaltiger Salpetersäure angeätzt werden. Die Erklärung liegt in der unterschiedlichen Beständigkeit der Nickel-Eisen-Minerale Kamacit und Taenit. Während der Ni-arme Kamacit stärker angegriffen und aufgelöst wird, bleiben die Ni-reichen Taenitkristalle stehen.

Die Struktur entsteht in der zunächst homogenen Eisennickel-Legierung aus Taenit bei sehr langsamer Abkühlung (1 bis 100 Grad pro Millionen Jahre) zwischen 700 und 450 °C im festen Zustand durch Kristallisation des Kamacits entlang bestimmter in der Kristallstruktur des Taenits vorgegebener Flächen. So entstehen Platten von Kamacit, die wie die Flächen eines Oktaeders angeordnet sind. Dazwischen bleiben zwickel- und bandförmige Reste von Taenit zurück[1]. Die langen Abkühlungszeiten machen es verständlich, warum diese Strukturen auf der Erde nicht nachgemacht werden können und deshalb ein Erkennungsmerkmal für meteoritisches Eisen sind. Nur in wesentlich kleinerem Maßstab, so dass sie nur im Mikroskop beobachtet werden können, entstehen ähnliche Gefüge auch in Kohlenstoffstahl bei Erhitzen bis in die Nähe des Schmelzpunktes als sogenanntes Widmanstätten-Gefüge.

Benannt wurden die Strukturen von Schreibers nach dem österreichischen Naturwissenschaftler Alois von Beckh-Widmanstätten (1754-1849). Widmanstätten hat die Struktur 1808 in Wien an einer geätzten Fläche des Eisenmeteoriten Hraschina entdeckt, publiziert wurde dies aber erst 1820 von Schreibers[2]. Unabhängig davon hat der in Italien lebende englische Chemiker William (oder Guglielmo) Thomson (nicht zu verwechseln mit William Thomson, Lord Kelvin) die Struktur bereits 1804 beschrieben. Er behandelte ein metallisches Stück des Pallasiten Krasnojarsk mit Säure, um Rost zu entfernen, und entwickelte so die Struktur.[3][4]

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Widmanstätten-Struktur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. F. Heide, F. Wlotzka, Meteorites, Messengers from Space. Springer-Verlag 1995
  2. Carl von Schreibers: Beiträge zur Geschichte und Kenntnis meteorischer Stein- und Metallmassen. J.G.Heubner, Wien 1820.
  3. Guglielmo (William) Thomson (1804) Essai sur le fer malléable trouvé en Siberie par le Prof. Pallas. Bibliothèque Britannique 27, 135.
  4. F.A. Paneth: The discovery and earliest reproduction of the Widmanstätten structure. Geochimica et Comochimica Acta 18 (1960) 176

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