Wiener Heilstättenschule

Wiener Heilstättenschule

Die Heilstättenschule Wien besteht seit 1948, ist von der Idee her aber älter. Ihre Aufgabe ist die schulische Betreuung von Kindern, welche aus gesundheitlichen Gründen über einen längeren Zeitraum hinweg dem Unterricht in ihrer Schule nicht folgen können. Sie ist Teil des öffentlichen Schulwesens und eine von elf Sparten des Sonderschulwesens in Österreich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anlässlich der Errichtung einer eigenen Bettenstation für Kinder im Jahr 1912 am Allgemeinen Krankenhaus in Wien forderte Universitätsprofessor Doktor Clemens Freiherr von Pirquet die Einführung von Schulunterricht für die stationär aufgenommenen Kinder. Verwirklichung fand diese Idee im Jahr 1917 durch den kriegsversehrten Lehrer Hans Radl auf Anregung von Universitätsprofessor Hans Spitzy im Orthopädischen Spital (damals noch in der Gassergasse in Margareten, heute in der Speisinger Straße in Hietzing).

1926 erhielt diese Stationsschule das Öffentlichkeitsrecht, 1948 wurden alle derartigen Schulklassen in den Wiener Spitälern zur „Sonderschule für Knaben und Mädchen in Heilstätten“ zusammengeschlossen. Die Verankerung der Heilstättenschule im Schulgesetz erfolgte 1962. Seit 1985 erteilt die Wiener Heilstättenschule auch Heimunterricht für onkologisch erkrankte Schüler und Schülerinnen.

1994 wurde der erste Psychagoge der Wiener Heilstättenschule dienstzugeteilt, im Jahr 2000 folgte ein weiterer. Im gleichen Jahr wurde auch der Hausunterricht für nicht-onkologisch erkrankte Kinder aufgenommen.

Seit dem Jahr 2001 gibt es die „Ausbildung zum diplomierten Heilstättenpädagogen“.

Aufgaben

In Zusammenarbeit mit den Lehrern der Stammschule und den Medizinern des behandelnden Spitals sind die Heilstättenpädagogen bemüht, Lerndefizite bei den Kindern zu vermeiden oder zumindest so gering als möglich zu halten und damit den möglichen Verlust eines Schuljahres zu verhindern. Dabei hat aber die medizinische Betreuung und Heilung des Kindes absoluten Vorrang [1]

Elektronische Unterstützung findet die Wiener Heilstättenschule bei dieser Aufgabe am Sankt Anna-Spital durch das im Mai 2001 präsentierte Projekt „E-Learning für krebskranke Kinder“. Dabei können die Kinder mittels Computer und Webcams am Unterricht in ihrer Stammschule teilhaben und den Kontakt mit den Schulfreunden aufrechterhalten [2]

Neben der Vermittlung von Wissen gehört es aber auch zum Aufgabenbereich der Heilstättenpädagogen, den Kindern Ängste und vor allem das Heimweh zu nehmen oder zumindest zu verringern.

Im Jahr 2006 betreute die Wiener Heilstättenschule in 34 Klassen (Der Begriff Klasse ist relativ: wenn die räumliche Situation des Krankenhauses es nicht zulässt, findet der Unterricht im Krankenzimmer statt) an 11 Spitälern in Wien rund 5.000 Schüler.[3] Fällt das Kind für längere Zeit an seiner Stammschule aus, so wird es von der Lehrkraft der Wiener Heilstättenschule beurteilt. Die Schulnachricht zu Semesterende beziehungsweise das Zeugnis am Ende des Schuljahres wird aber von der Stammschule ausgestellt.[4]

Lehrkräfte

Aufgrund der speziellen Situation, in der sich die Kinder befinden, werden sie von speziell geschulten Lehrkräften, den so genannten Heilstättenpädagogen, unterrichtet.

Den Akademielehrgang zur „Ausbildung zum diplomierten Heilstättenpädagogen“ steht allen Lehrkräften offen, sofern sie bereits ein vollwertiges Pflichtschul-Lehramt abgeschlossen haben.

Psychagoge

Psychagogen nutzen Kenntnisse aus Pädagogik, Tiefenpsychologie und Psychotherapie, um Kinder und Jugendliche bei der Bewältigung von Extremsituationen zu unterstützen.

Voraussetzung für die Ausbildung zum Psychagogen sind mindestens sechs Jahre Berufserfahrung als Pflichtschullehrer.[5]

Arbeitsgemeinschaft für Heilstättenpädagogik

Beim ersten Treffen von Heilstättenlehrern und –lehrerinnen 1983 in Graz wurde unter anderem über die Gründung einer bundesweiten Arbeitsgemeinschaft beraten. Diese wurde 1984 vom Bundesministerium für Bildung, Kunst und Kultur eingerichtet.

Zu den Aufgaben dieser AG zählt unter anderem die Beratung des Ministeriums in Fragen der Krankenpädagogik, aber auch die Information der Kollegen in den Bundesländern über wichtige Neuerungen.[6]

Für die Heilstättenlehrer und –lehrerinnen werden regelmäßig bundesweite Fortbildungstage organisiert.[7]

UNESCO-Charta

Die von der 1. Europäischen „Kind im Krankenhaus“-Konferenz in Leiden (Niederlande) im Mai 1988 verabschiedete „Charta für Kinder im Krankenhaus“ spricht im Punkt 7 Kindern im Krankenhaus auch das Recht auf Schulbildung zu.

Standorte

Die Direktion der „Heilstättenschule der Stadt Wien 1170 Wien“ befindet sich in der Pezzlgasse 29 in Hernals. Exposituren befinden sich in folgenden Krankenhäusern:[8]

andere Bundesländer

Von Wien ausgehend wurde die Idee der schulischen Betreuung von Kindern während ihres Krankenhausaufenthalts auch von den anderen Bundesländern übernommen. Vor allem nach der 1962 erfolgten Verankerung im Österreichischen Schulgesetz folgte eine Gründungswelle.

Burgenland

Die erste Heilstättenklasse des Burgenlands wurde zu Beginn des Schuljahrs 1988/1989 in Oberwart eröffnet. 1990 folgte die Heilstättenklasse im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Eisenstadt (Kinder- und Jugendabteilung)

  • Landeskrankenhaus Eisenstadt - Krankenhaus der Barmherzigen Brüder
  • Schwerpunktkrankenhaus Oberwart

Kärnten

1963 erhielt Klagenfurt eine eigenständige Heilstättenschule.[9]

  • Heilstättenschule I SPZ für Heil- und Krankenpädagogik (Allgemeines Krankenhaus Klagenfurt)
  • Heilstättenschule II Behindertenförderungszentrum (Klagenfurt)
  • Heilstättenklasse Deutsch Ordens Krankenhaus (Friesach)
  • Heilstättenklasse A. Ö. Krankenhaus Spittal an der Drau GmbH
  • Heilstättenklassen Landeskrankenhaus Villach (Villach

Niederösterreich

1999 wurde in Wiener Neustadt eine eigenständige Heilstättenschule errichtet.[9]

  • Heilstättenklassen Landesklinikum Sankt Pölten
  • Heilstättenklasse Allgemeines Öffentliches Krankenhaus Amstetten
  • Heilpädagogische Klassen Landessonderschule Hinterbrühl
  • Heilstättenklassen Hermann Gmeiner Schule
  • Heilstättenklasse Waldviertelklinikum Horn
  • Heilstättenklasse NÖ Landesnervenklinik Mauer
  • Heilstättenklasse Allgemeines Öffentliches Krankenhaus Krems
  • Heilstättenklasse Landesklinikum Weinviertel Mistelbach
  • Heilstättenklassen Landesklinikum Thermenregion Mödling
  • Heilstättenklasse Allgemeines Öffentliches Krankenhaus Scheibbs
  • Heilstättenklasse Landeskrankenhaus Tulln
  • Heilstättenschule Landeskrankenhaus Wiener Neustadt
  • Heilpädagogische Klassen-Waldschule, Sonderschule für körperbehinderte Kinder (Wiener Neustadt)
  • Heilstättenklasse Allgemeines Öffentliches Krankenhaus Zwettl

Oberösterreich

1993 wurde in Linz eine eigenständige Heilstättenschule eingerichtet.[9]

  • Heilstättenschule Linz, Sonderkrankenhaus (Direktion)
  • Heilstättenklassen Wagner Jauregg Landesnervenklinik (Linz)
  • Heilstättenklassen Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern (Linz)
  • Heilstättenklassen Landeskinderklinik Linz
  • Heilstättenklasse Landeskrankenhaus Steyr
  • Heilstättenklasse Landeskrankenhaus Vöcklabruck
  • Heilstättenklassen Allgemeines Krankenhaus Wels

Salzburg

Im Kinderspital und der Kinderchirurgie der Stadt Salzburg wurden Kinder im schulpflichtigen Alter ab dem September 1970 unterrichtet. Die „Öffentliche Heilstättensonderschule für Knaben und Mädchen am Landeskrankenhaus Salzburg“ wurde im September 1973 errichtet. Tätig sind hier 18 Lehrerinnen und Lehrer.[10]

  • Heilstättenschule an den Landeskrankenanstalten Salzburg (Direktion)
  • Heilstättenklasse Christian-Doppler Klinik (Salzburg)
  • Heilstättenklassen Institut für Heilpädagogik Salzburg (Salzburg)
  • Heilstättenklassen Kardinal Schwarzenberg´sches Krankenhaus (Schwarzach)

Steiermark

Auf der Stolzalpe in Murau wurde 1920 erstmals außerhalb von Wien Kinder in einem Krankenhaus unterrichtet. 1943 folgte das Kinderspital in Graz. 1956 wurde auf der Stolzalpe eine eigenständige Heilstättenschule errichtet.[9]

  • Heilstättenklassen Heilpädagogische Station des Landes Steiermark (Graz)
  • Heilstättenklassen Sigmund Freud Klinik Graz [11]
  • Heilstättenklassen Graz – Universitätsklinikum
  • Heilstättenklasse Landeskrankenhaus Deutschlandsberg
  • Heilstättenklassen Landeskrankenhaus Leoben
  • Heilstättenschule Stolzalpe, Sonderpädagogisches Zentrum Murau

Tirol

An der Universitätsklinik Innsbruck wurden erstmals 1952 stationär aufgenommene Kinder unterrichtet. In Innsbruck sind dies derzeit etwa 700 bis 800 Kinder jährlich.[12]

  • Heilstättenschule Universitätsklinik Innsbruck
  • Heilstättenklasse Bezirkskrankenhaus Schwaz

Vorarlberg

1988 wurde in Feldkirch eine eigenständige Heilstättenschule errichtet.[9]

Weblinks

Fußnoten

  1. Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 11. Jänner 1999: 50 Jahre Heilstättenschule in Wien
  2. Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 2. Mai 2001: Laska präsentiert E-Learning für krebskranke Kinder
  3. Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 13. Februar 2006: Schule im Spital sichert Zukunft der Kinder
  4. St. Anna Kinderspital: Die Heilstättenschule im St. Anna Kinderspital
  5. Rudolf-Ekstein-Zentrum: Psychagogik
  6. Community Integration Sonderpädagogik: Arbeitsgemeinschaft für Heilstättenpädagogik
  7. AG Heilstättenpädagogik
  8. Jahresbericht der Wiener Heilstättenschule Schuljahr 2001/2002 (PDF)
  9. a b c d e Geschichte des Heilstättenunterrichts
  10. Heilstättenschule an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Salzburg
  11. http://www.pze.at/spz/lsf
  12. Heilstättenschule Universitätsklinik Innsbruck

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