- Wilhelm Wieprecht
-
Wilhelm Friedrich Wieprecht (* 8. August 1802 in Aschersleben; † 4. August 1872 in Berlin) war ein deutscher Komponist, Dirigent, Arrangeur. Er gilt als großer Reformer der deutschen Militärmusik.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Vater Wieprecht, der als Trompeter die Feldzüge von 1790 und 1806 mitgemacht hatte, war ein vielseitiger Musiker (Violine, Flöte, Klarinette…), der sich in Aschersleben als sogenannter Stadtmusikant niedergelassen hatte. Da lag es nahe, dass der Wilhelm Wieprecht in sehr jungen Jahren schon Musikunterricht erhielt. Mit 10 Jahren führte er bereits ein Violinkonzert in der Öffentlichkeit auf. Als die Lehrfähigkeiten des Vaters dem Sohn nichts mehr essentiell Neues bescherten, bekam er von dem Hofmusikanten Hünerbein, einem Schüler von Louis Spohr, weiterführenden Unterricht. Im August 1821 zog er nach Leipzig, wo er Empfehlungsschreiben von Stadtkapellmeister Barth und von Rörte, der ihm einen Kontakt zu Carl Maria von Weber anriet, bekam. Mit diesen Schreiben zog Wieprecht nach Dresden, wo er zunächst Musiker im Orchester von Stadtmusikdirektor Johann Gottfried Zillmann wurde. Carl Maria von Weber hat sich für Wieprecht eingesetzt und ihn an Louis Haase zu weiteren Studien vermittelt. Dort lernte er den bekannten Klarinettisten Rotte kennen, für den er einige Klarinettensoli komponierte. Im Juni 1822 lud ihn Barth nach Leipzig ein, um Mitglied im Gewandhaus-Orchester zu werden. In der Stadtkapelle von Barth vervollständigte Wieprecht seine Kenntnisse von den Blasinstrumenten, wenngleich er im Gewandhausorchester Violine spielte. 1824 wurde er aufgrund eines Ratschlags seines Cousins Flügel, der Musikdirektor des Berliner Balletts war, Kammermusiker in Berlin. Dort bekam er intensiven Kontakt zur Militärmusik. Bei der Wachablösung hörte er ein Musikkorps der Infanterie die Ouvertüre zu Figaro’s Hochzeit von Wolfgang Amadeus Mozart spielen. Folgendes Zitat ist hierzu festgehalten: War es die Rhythmik, die Melodik, die Harmonie oder die Verschmelzung dieser verschiedenen Elemente, die mich so gewaltsam erschütterte? - Als ich nun diese Militair-Capelle auf ihrem Hinmarsche zur Wachtparade verfolgte und dort dieselbe im geschlossenen Kreise die Ouvertüre zu Mozarts Figaro spielen hörte, da wurde es in meinem Herzen zum festen Entschluss, mich von nun an dem Fache der Militairmusik ausschließlich zu widmen. Bei meinen gesammelten Vorkenntnissen im Gebiete der Blase-Instrumenten fühlte ich einen Beruf hierzu und übersah mit einem Blick, dass ich recht bald in diesem Fache etwas Tüchtiges leisten würde. Er erkannte sehr schnell, dass hier ein riesiges Terrain offenlag.
Die Musikkorps der Kavallerie wurden mit Musikern, die ausschließlich auf Naturinstrumenten (ohne Ventile) spielten, zusammengestellt. Sie hatten kaum brauchbare und authentische Literatur. Für das Trompeterkorps der Garde-Dragoner von Major Gottlieb von Barner (1786–1846) schrieb er sechs Märsche. Diese wurden gerne aufgenommen und fortwährend aufgeführt. Der Kommandeur dieses Musikkorps gab ihm anschließend gar die Gelegenheit, das Trompeterkorps nach seinen eigenen Ideen umzugliedern. Fleißig ging er ans Werk, verstand seine Schüler mitzureißen und hatte bald die ersten Erfolge. Seine geänderte Besetzung sah folgendermaßen aus: 6 Trompeten, 2 Klappenhörner, 2 Tenorhörner, 1 Tenorbasshorn und 2 Bass-Zugposaunen. Für besondere Gelegenheiten wurde dieses 13 Musiker zählende Korps um 6 Trompeten und 1 Bass-Zugposaune ergänzt. Wegen des Erfolgs in Berlin folgten bald darauf andere Kavallerie- und Dragoner-Musik- und -Trompeterkorps.
1829 erteilte der Preußische König Friedrich Wilhelm III. Wieprecht den Auftrag das Musikkorps der Leibwache in Potsdam zu reformieren und überließ ihm die Ausbildung sämtlicher Trompeter. Kurz danach hat Wieprecht – gemeinsam mit dem Berliner Hofinstrumentenbauer Johann Gottfried Moritz - die Basstuba entwickelt. Es gab zwar schon ein sogenanntes Bombardon mit Ventilen, das aber gegen die neuen Möglichkeiten der entwickelten Basstuba sich nicht behaupten konnte. 1835 wurde die Basstuba patentiert.
1835 beförderte Prinz Albrecht von Preußen Wieprecht zum Inspekteur der 3 Musikkorps seiner Brigade. Daraus entwickelte Wieprecht ein Orchester mit 80 Musikanten, womit er zahlreiche, erfolgreiche Konzerte gab. Bei einer Hochzeit 1837 spielte dieses Orchester den Fackeltanz von Gaspare Spontini und einen Fackeltanz von Wilhelm Wieprecht in ununterbrochener Wiederholung und hinterließ einen tiefen Eindruck.
Am 2. Februar 1838 wurde Wieprecht gar Direktor aller Musikkapellen des Garde-Korps. Am 8. Mai 1838 kam Zar Nikolaus I. aus Russland zu Besuch. Wieprecht stellte ein Riesenorchester aus 1.000 Musikern und 200 Tambouren aus allen Berliner Musikkorps zusammen. Bei einer zweiten Aufführung spielte das Riesenorchester die Olympia-Ouvertüre von Gaspare Spontini und die Jubelouvertüre von Carl Maria von Weber. Eine wichtige Anekdote ist aber sicherlich, dass am 10. August 1838 am Abend einer Truppenbesichtigung durch den russischen Zar Nikolaus I. bei Landshut durch eine Order des Königs Friedrich Wilhelm III. der Zapfenstreich für alle Preußischen Armeen angeordnet wurde. Seitdem wird der Zapfenstreich auch Russischer Zapfenstreich genannt. Wilhelm Wieprecht schuf daraus durch Zusammenfügung des Zapfenstreichs mit der Kavallerie-Retraite und Erweiterung um das Gebet mit Locken, Ruf und Abschlag das heut noch gültige Zeremoniell des Großen Zapfenstreichs.
Es folgten Konzerte mit derartig großen Orchestern in Lüneburg und Koblenz aus Anlass des Besuchs von Königin Victoria.
Danach wurde die gesamte Preußische Militärmusik reformiert, insbesondere was die Instrumentation anbetraf. Selbst in Schweden und Dänemark übernahm man die Reform in den dortigen Militärmusikkorps. 1847 bat die Türkei Wieprecht seine Militärmusikkorps ebenfalls zu reformieren. 1852 entsandte Wieprecht einen Assistenten, um dem Gesuch der Regierung von Guatemala um Reform seiner Militärmusikkorps zu entsprechen. 1857 wurde Wieprecht Mitglied der Schwedischen Akademie. Giacomo Meyerbeer, Gaspare Spontini und Franz Liszt, die mit Wieprecht befreundet und ihm dankbar für diverse Transkriptionen ihrer Werke für Militärmusikkorps waren, hatten im Pariser Konservatorium eine Diskussion angeregt, sich der Theorien und Reformen Wieprechts kundig zu machen.
Der Höhepunkt der musikalischen Laufbahn war der Wettbewerb der Militärkapellen auf der Weltausstellung in Paris am 21. Juli 1867. Vor einer Jury aus Ambroise Thomas, Hans von Bülow, Félicien David und Leo Delibes eiferten die bekanntesten Militärkapellen aus ganz Europa um die Ehre. Neben dem Pflichtwerk, der Ouvertüre zu Oberon von Carl Maria von Weber führte er mit seinen vereinigten Musikkapellen (2. Garde-Regiment und das Grenadierregiment Kaiser Franz) eine Fantasie aus der Oper Der Prophet von Giacomo Meyerbeer aus und erhielt einstimmig den 1. Preis zugesprochen. Viele sahen in diesem Erfolg die Konsekration seines entwickelten Instrumentationssystems. Napoléon III. hat Wieprecht zweimal zu sich nach Versailles eingeladen und verlieh ihm das Ehrenkreuz der französischen Ehrenlegion.
Zurückgekehrt nach Berlin wurde er enthusiastisch gefeiert. Wieprecht komponierte 52 Werke und fertigte von 58 Werken Transkriptionen für Militärmusik an. Zu seinen direkten Nachfahren zählt der bekannte Berliner Radiomoderator Volker Wieprecht (Radio Eins).
Werke
Werke für Blasorchester (Militärmusik)
- Armee-Marsch Nr. 133
- Drei Märsche zur Einholung des Prinzen und der Prinzessin Friedrich Wilhelm von Preußen
- Einholungsmarsch (für den Antritt von Friedrich Wilhelm IV. am 21. September 1840 in Berlin)
- Friedrike-Gossmann-Polka
- Grand Pas-Redoublé I und II
- Huldigungsmarsch
- Konzert für Klarinette
- Marsch für Kavallerie Nr. 21
- Marsch für Kavallerie Nr. 30
- Mein erster Defiliermarsch
- Militairische Trauerparade
- Musikalische Erinnerungen an die Kriegsjahre 1813, 1814, 1815
- Ouvertüre Militair
- Pastillons-Polka
- Sechs Märsche für Kavalleriemusik
- Triumphmarsch nach Themen des 5. Klavierkonzerts Es-Dur von Ludwig van Beethoven
- Wilhelmsmarsch
- 40 Parademärsche für Cavallerie
- 31 Defiliermärsche für die Infanterie
Bücher und Schriften
- Briefe über die Preußische Militairmusik: Der Instrumentenmacher Sax in Paris als Erfinder
Literatur
- Robert Eitner: Wieprecht, Wilhelm Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 42, Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 424 f.
Weblinks
Wikimedia Foundation.