- Wilzen
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Die Wilzen (auch Wilsen, Wilciken, Wilkinen, Welataben) sind ein historischer westslawischer Volksverband, der ab der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts das heutige Nordostdeutschland besiedelte. Er entstand, nachdem in der Völkerwanderungszeit große Teile der germanischen Vorbevölkerung das Gebiet gen Süden verließen, woraufhin ab der Mitte des 6. Jahrhundert Slawen der Sukow-Szeligi-Gruppe aus dem Osten (Warthegebiet), sowie oderabwärts Anfang des 7. Jahrhundert Slawen der Feldberg-Gołańcz-Gruppe aus dem Südosten (Karpatenvorland) einwanderten, die einheimische Bevölkerung assimilierten und sich vornehmlich an den früheren germanischen Siedlungsplätzen und Flussläufen niederließen. Die herrschende Schicht der Wilzen gehörte wahrscheinlich der zweiten Einwanderungswelle an.
Die Sprache der Wilzen gehörte zur polabischen Sprachfamilie.
Der Herrschaftsbereich der Wilzen erstreckte sich zwischen den Ländern der Obodriten im Nordwesten, der Sachsen im Westen, der Sorben im Süden, der Polen im Osten, der Pomoranen im Nordosten und der Ranen im Norden. Es umfasste somit ungefähr das heutige südliche Vorpommern, das östliche Mecklenburg und Teile des nördlichen Brandenburgs.
Kennzeichnend für die Wilzen war die Errichtung von Großburgen, also befestigter Siedlungen.
Besonders mit den Obodriten lagen die Wilzen aufgrund alter Erbfeindschaft in dauerndem Krieg, aber auch mit dem benachbarten ostfränkischem Reich. Karl der Große besiegte den Wilzenkönig Dragowit im Jahre 789 in dessen Burg (Havelberg oder Demmin), woraufhin die wilzische Zentralgewalt dauerhaft geschwächt wurde. Die in verstreut liegenden Siedlungskammern lebenden Teilstämme der Wilzen standen von dieser Zeit an bis zum großen Slawenaufstand von 983 in loser Abhängigkeit zum Ostfrankenreich, das Bistümer (Havelberg) errichtete und sächsische Kolonisten ins Land holte.
Dragovit folgten die zur selben Dynastie gehörenden Herrscher Liub, Milegost und Cealadrag, wobei letzterer seinen Bruder Milegost ablöste, nachdem dieser vom wilzischen Adel unter Vermittlung des fränkischen Königs abgesetzt wurde.
Die im Zuge des Slawenaufstandes entstandene Organisation ehemals wilzischer Stämme nannte sich nicht mehr Wilzen, sondern Lutizen.
Die Wilzen sind auch aus der Thidrekssaga bekannt. Einhard behauptet in seiner Vita Caroli Magni, dass die Wilzen sich selbst als „Welataben“ bezeichneten.
Literatur
- Oeconomischen Encyclopädie (1773 - 1858) von J. G. Krünitz
- Meyers Konversationslexikon 1885-1892
- Joachim Herrmann (Hrsg.): Die Slawen in Deutschland. Geschichte und Kultur der slawischen Stämme westlich von Oder und Neiße vom 6. bis 12. Jahrhundert. Ein Handbuch. Akademie-Verlag, Berlin 1970 (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Alte Geschichte und Archäologie der Akademie der Wissenschaften der DDR, Bd. 14).
Weblinks
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