- X-Bar-Theorie
-
Die von Noam Chomsky und anderen formulierte X-Bar-Theorie (auch als X-Bar-Syntax bezeichnet) ist ein Teil einer linguistischen Theorie. Sie besagt, dass alle syntaktischen Strukturen aller natürlichen Sprachen gemeinsamen Bauprinzipien unterliegen. Eine Verbalphrase (VP) wie „überreichte dem Minister die Petition“ beispielsweise enthält einen sog. Phrasenkopf – das Verb „überreichen“ – und von diesem geforderte weitere Satzglieder, Argumente genannt. Im Fall von „überreichen“ ist dies ein indirektes bzw. ein direktes Objekt. Eine Phrase, die alle geforderten Argumente aufweist, heißt maximal. Phrasenkopf und maximale Phrase teilen sich eine Reihe von Merkmalen, die deshalb auch Kopfmerkmale genannt werden. Im Beispiel bestimmt der Kopf „überreichen“ u. a. die Person- und Numerusmerkmale der Verbalphrase. Man sagt daher auch, dass die Verbalphrase die maximale Projektion des verbalen Kopfes sei.
Inhaltsverzeichnis
X-Bar-Schema
Der Kern der X-Bar-Theorie, das sog. X-Bar-Schema, kann in einer rekursiven Version folgendermaßen formuliert werden:
- X′ → { X, P″ }
- X′ → { X′, P″ }
- X″ → { X′, ( P″) }
X steht hierbei für eine Menge von Kopfmerkmalen. Regel 1 besagt, dass ein Phrasenkopf X zusammen mit einer weiteren maximalen Phrase P″, die von X gefordert wird, eine Phrase X′ bilden. X′ und X haben die gleichen Kopfmerkmale. P″ heißt Ergänzung bzw. Komplement.
Regel 2 erlaubt rekursiv weitere Phrasen P″. Diese werden als Angaben bezeichnet.
Regel 3 schließlich erlaubt die Bildung einer maximalen Phrase X″ aus der Zwischenebene X′ und einem weiteren Argument P″, das jedoch auch fehlen kann (verdeutlicht durch runde Klammern). P″ heißt Spezifikator. Die Mengenschreibweise in den Regeln 1) bis 3) soll verdeutlichen, dass die Abfolge von X bzw. X′ und P″ prinzipiell beliebig ist, der Phrasenkopf also sowohl vor seinem Argument als auch danach stehen kann.
Instanzen des X-Bar-Schemas
Instantiiert man obiges X-Bar-Schema mit konkreten syntaktischen Kategorien – beispielsweise Verb (V) und Nominalphrase (N″) –, so erhält man folgende Phrasenstrukturregeln:
- V′ → { V, N″ }
- V′ → { V′, N″ }
- V″ → { V′ }
V steht hierbei z. B. für die Merkmalsmenge {kategorie=verb, person=1, numerus=plural, tempus=prät, modus=indikativ }.
Da das X-Bar-Schema prinzipiell übergeneriert – also mehr Argumente zulässt, als tatsächlich gefordert werden –, muss es durch andere Mechanismen wieder beschränkt werden.
Siehe auch
- Generative Grammatik
- Government-Binding-Theorie
- Head-driven Phrase Structure Grammar
- Formale Grammatik
Literatur
- Noam Chomsky (1970): Remarks on Nominalization.
- W. Culicover (1977): -Syntax: A Study of Phrase Structure. Cambridge, Massachusetts, USA: MIT Press.
- Ray Jackendoff (1977): Constraints on Phrase Structure Rules. In: P. W. Culicover u.a. (eds.): Formal Syntax. New York, S. 249-283.
- Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. Aufl. 2002, ISBN 3-520-45203-0: Eintrag X-Bar-Theorie.
Wikimedia Foundation.