Yvonne Haug

Yvonne Haug

Yvonne Haug (* 22. Dezember 1966 in Berlin) ist eine deutsche Kunstturnerin. Haug turnte für den OSC Berlin. Sie wurde 1982 und 1983 Deutsche Meisterin im Kunstturnen und war eine der wenigen westdeutschen Kunstturnerinnen, die zur Weltklasse zählten.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend

Yvonne Haug begann als Achtjährige mit dem leistungsbezogenen Turnen, als sie dem OSC Berlin und seiner bekannten „Amselriege“ beitrat. Bei ihrem ersten Start in der Deutschen Meisterschaft (Schülerinnen) im November 1977 in Nienburg/Weser belegte sie, als jüngste von allen Teilnehmerinnen, den 14. Platz im Mehrkampf. Der erste größere Erfolg war 1979 die Deutsche Meisterschaft in der Schülerinnenklasse. Haug stürzte allerdings beim Einturnen zur Einzelgeräte-Konkurrenz und musste auf ärztliches Anraten den Wettkampf abbrechen.[1] Ein Jahr später konnte sie die Meisterschaft auch in der nächsthöheren Klasse, der Jugendklasse, verbuchen. Hier siegte sie sowohl im Mehrkampf als auch am Sprung und am Boden.

Nach den Rücktritten von Annette Michler, Petra Kurbjuweit und Dagmar Brannekämper stieg Yvonne Haug zur überragenden Kunstturnerin in Westdeutschland auf. Im November 1981 nahm die damals knapp 15-Jährige als jüngste deutsche Turnerin an der WM in Moskau teil und erreichte dort einen unerwartet guten 9. Platz mit der Mannschaft und kam in der Einzelwertung ins Finale der 36 besten Turnerinnen, wo sie am Ende Platz 32 belegte.

Karriere

Yvonne Haug trat im Juni 1982 erstmals in der deutschen Eliteklasse an und wurde Deutsche Meisterin im Achtkampf und am Boden. Ferner belegte sie Platz 3 am Stufenbarren und Platz 4 am Schwebebalken. Dieser Erfolg war umso beachtlicher, als dass sie kurz vorher, im Mai desselben Jahres, einen Verkehrsunfall mit dem Mofa überstanden hatte, wobei sie allerdings keine ernsthaften Verletzungen erlitt.[2]

Im Verlaufe des Jahres 1982 verbesserten sich ihre Leistungen weiter, unter anderem siegte sie in der Einzelwertung beim Länderkampf Deutschland gegen Ungarn am 27. November 1982. Ende des Jahres wurde sie bei der alljährlichen Leserumfrage der Berliner Morgenpost zu Berlins Sportlerin des Jahres gewählt.[3]

Im Mai 1983 nahm Yvonne Haug an den Europameisterschaften in Göteborg/Schweden teil und wurde dort mit Platz 16 im Mehrkampf beste Deutsche, gemeinsam mit Anja Wilhelm.

Bei den Deutschen Meisterschaften Mitte 1983 im Rahmen des Deutschen Turnfestes in Frankfurt zeigte sie ihren bis dahin besten Wettkampf. Vor 10.000 Zuschauern holte sie sich vier von fünf möglichen Titeln, im Achtkampf und an den Einzelgeräten. Nur beim Pferdsprung musste sie ihrer Vereinskameradin und Freundin Brigitta Lehmann den Vortritt lassen.

Kurz vor der im gleichen Jahr stattfindenden Weltmeisterschaft, im Oktober 1983, fand ein Länderkampf gegen die USA in Berlin statt. Hier konnte die deutsche Riege überraschend gewinnen, und Yvonne Haug wurde erneut Beste der teilnehmenden Turnerinnen. Bei der daran anschließenden Turn-Weltmeisterschaft 1983 in Budapest, die gleichzeitig Qualifikation für die Olympische Spiele 1984 in Los Angeles war, wurde Yvonne Haug auf Platz 19 der Einzelwertung die beste deutsche und beste westeuropäische Turnerin hinter den Ostblock-Turnerinnen, die damals unangefochten an der Spitze standen. So hatte sie großen Anteil daran, dass sich die bundesdeutsche Turnerinnen-Riege am Ende mit Platz 8 für Olympia 1984 qualifizieren konnten. Im Anschluss daran erfolgte die Konzentration der deutschen Nationalriege zur Vorbereitung auf die Olympiade 1984. Dazu wurden alle Mitglieder der Riege ab November 1983 gemeinsam in Frankfurt im Bundesleistungszentrum des DTB untergebracht, wo sie auch trainierten.

Nach der Weltmeisterschaft kamen Spekulationen über gesundheitliche Probleme von Yvonne Haug auf. Um diese auszuräumen, wurde ihr ärztlich eine Trainingspause verordnet und eine eingehende Untersuchung durchgeführt. Es wurde allerdings keine derartige Krankheit festgestellt, so dass sie zunächst weiter in Frankfurt trainieren konnte.[4]

Ende 1983 wurde sie erneut zu Berlins Sportlerin des Jahres gewählt.

Am 17. März 1984 reiste Yvonne Haug kurzfristig vom Trainingszentrum in Frankfurt ab und kehrte nach Berlin zurück, um dort weiter zu trainieren. Grund dafür war, dass wegen der Gelbsucht-Erkrankung einer anderen Turnerin die Gefahr einer Ansteckung bestand. Der Bundestrainer vermutete hinter dem Schritt allerdings andere Gründe und forderte ultimativ ihre Rückkehr zum Training nach Frankfurt, ansonsten werde sie aus dem Olympiakader ausgeschlossen, egal wie sie bei den kurze Zeit später stattfindenden Deutschen Meisterschaften abschneiden sollte. Außerdem wurde festgelegt, dass sie nicht mehr mit ihrem bisherigen Vereinstrainer trainieren dürfe.

Die Ursache dieses Konfliktes ist bis heute nicht restlos geklärt. Da die sportliche Leistung dabei keine Rolle spielte, wurde vermutet, dass es Querelen zwischen dem DTB auf der einen und dem Vereinstrainer von Yvonne Haug auf der anderen Seite gab.

„Yvonne Haug war Anfang der Woche überraschend nach Berlin zurückgekehrt. Mit der offiziellen Begründung, daß die Infektionsgefahr in Frankfurt (die Wattenscheiderin Astrid Becker war vor zehn Tagen mit Pfeifferschem Drüsenfieber ins Krankenhaus eingellefert worden) zu groß sei. Hintergrund der Abreise aber scheinen Unstimmigkeiten und Eifersüchteleien zwischen den Kunstturn-Verantwortlichen im DTB und Yvonne Haugs Heimtrainer Jupp Hinz zu sein.“

(Hamburger Abendblatt, 22. März 1984)


Der damalige Bundestrainer stellte sich auf die Seite der DTB-Spitze und erklärte:

„Wir haben die Olympia-Vorbereitung mit dem Präsidium des DTB und dem Fachausschuß abgestimmt. Und es existiert ein Papier vom Fachausschuß, in dem man mir empfohlen hat daß Herr Hinz nicht mit den Kader-Mädchen trainieren soll. Diesen Entschluß muß ich respektieren. Ich bin für die Mannschaft verantwortlich, und für mich steht der Mannschaftsgeist an erster Stelle. Wenn da jemand querschießt dann muß er auch die Folgen tragen. Ich hoffe aber nicht daß Yvonne tatsächlich aussteigt.“

(Hamburger Abendblatt, 22. März 1984)


Haug entschloss sich nach einigen Tagen, nicht zuletzt wegen der durch diesen Streit entstandenen psychischen Belastung, Ende März 1984 zum Rücktritt vom aktiven Leistungssport.[5] Damit nahm sie auch nicht mehr an den Olympischen Spielen in Los Angeles teil.

Nach ihrem Rücktritt wurde Yvonne Haug mit folgenden Worten zitiert:

„Ich habe etwas dagegen, wenn Funktionäre über unseren Kopf hinweg entscheiden. Wir sind es doch schließlich, die sich quälen müssen, um die Leistung am Gerät zu bringen, nicht die Herren im blauen Blazer. Aber als Turnerin kommt man sich manchmal wie eine Schachfigur vor, die hin- und hergeschoben wird, ohne sich dagegen wehren zu können.“

Sport-Illustrierte, Ausgabe Mai 1984.

Nach ihrem Rücktritt spielte Yvonne Haug in der ZDF-Fernsehserie Eine Klasse für sich die Rolle der ambitionierten Turnerin Annika Delius.

Karriere im Pole - Sport

2009 fand Yvonne Haug eine neue Sportart für sich. Am 30. April 2011 erreichte sie in Hamburg den zweiten Platz bei den Deutschen Meisterschaften im Pole - Dance, welchen sie sich mit Claudia Schwalm teilt.

In ihrer Vorstellung der Finalisten wird sie wie folgt zitiert: "Ich habe seit 2009 mit dem Pole Dance beim Schönheitstanz Berlin begonnen. Für mich ist Pole Dance die schönste Sportart der Welt. Nach meiner internationalen Karriere im Kunstturnen habe ich endlich wieder eine Sportart gefunden, die mich begeistert. Pole Dance vereinigt Ästhetik, Beweglichkeit, Koordinationsvermögen, Kraft, Ausdauer, tänzerischer Ausdruck. In dieser so noch jungen Sportart gibt es immer wieder neue Herausforderungen und es wird nie langweilig und macht unendlich viel Spaß." Yvonne Haug;

Yvonne Haug schloss eine weitere Sportkarriere 1984 mit dem Hinweis auf die aus ihrer Sicht kritischen Arbeit von Funktionären in den Verbänden vehement aus.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Berliner Morgenpost, 18. Juni 1979
  2. Berliner Morgenpost, 27. Mai 1982
  3. Berliner Morgenpost, 31. Dezember 1982
  4. Berliner Morgenpost, 30. November 1983 und 5. Dezember 1983
  5. Berliner Morgenpost, 22., 23. und 28. März 1984
    Frankfurter Rundschau, 23. März 1984

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