Zinkhütte Harlingerode

Zinkhütte Harlingerode

Die Zinkhütte Harlingerode, zwischen dem Goslarer Ortsteil Oker und Bad Harzburg am Harz (Niedersachsen) gelegen, war ein Industriebetrieb zur Erzeugung von metallischem Zink aus Erzen und Recyclingrohstoffen. Sie existierte von 1936 bis 2000 und war zwischen 1948 und 1970 die größte und modernste Zinkhütte in Deutschland.

Das Unternehmen gehörte zum Preussag-Konzern und lag in unmittelbarer Nachbarschaft der Blei-Kupfer-Hütte Oker und der Zinkoxydhütte Oker.

Heutige Eingangssituation mit dem 20-Tage-Lager

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Zur Verwirklichung ihrer Kriegsvorbereitungen und Autarkiebestrebungen planten die Nationalsozialisten eine Verdoppelung der Bergbau- und Hüttenproduktion im Harz. Dazu wurde im Rahmen des sogenannten Rammelsberg-Projektes das gleichnamige Blei-Zink-Bergwerk bei Goslar ausgebaut. Der Einsatz der damals neuartigen Flotationstechnologie ermöglichte erstmalig die Erzeugung eines Zinkkonzentrates. Zur Verhüttung des Zinkkonzentrates sollte neben den Unterharzer Hüttenwerken in der Gemarkung Harlingerode eine neue Zinkhütte gebaut werden.

Bau und Inbetriebnahme 1935 bis 1945

Muffelhütte

Im Jahr 1935 begannen die Bauarbeiten zu der Zinkhütte auf der grünen Wiese im Kalten Feld in Harlingerode durch die Unterharzer Berg- und Hüttenwerke GmbH. Für den Entwurf der Gebäude konnten die bekannten Industriearchitekten Fritz Schupp und Martin Kremmer verpflichtet werden. Als metallurgisches Produktionsverfahren wurde das New-Jersey-Vertical-Retort-Verfahren der New Jersey Zinc Co. in Palmerton (USA) ausgewählt. Bei diesem Verfahren wurde das Zinkerz in einer Rösthütte zunächst entschwefelt und das dabei entstehende Zinkoxid anschließend in stehenden Muffeln (Retorten) mit Kohlenstoff zu dampfförmigem Zink reduziert.

Die Anordnung der Gebäude folgte luftschutztechnischen Überlegungen, und ein Großteil der Maschinen und Apparate wurde in doppelter Ausführung redundant angelegt. Bereits am 30. Dezember 1936 konnte im Ofenhaus West das erste Zinkmetall abgestochen werden. Der gesamte Ausbau konnte wegen des Kriegsausbuchs und des damit verbundenen Material- und Personalmangels nicht abgeschlossen werden. Während des Krieges wurden auch osteuropäische Zwangsarbeiter eingesetzt. Nach der Besetzung durch die Alliierten im April 1945 kam der Betrieb zum Erliegen.

Wiederbeginn und Ausbau 1945 bis 1970

Das Wiederanfahren der Öfen erfolgte im Dezember 1945. Bis 1953 konnten alle ursprünglich geplanten Anlagen fertiggestellt und in Betrieb genommen werden. Es folgte eine Phase der ständigen Erweiterung und Verbesserung der Hüttenprozesse. Dadurch konnte die Produktion fortlaufend gesteigert werden. Zwischen 1958 und 1959 wurde mit über 1.000 Mitarbeitern der höchste Personalstand erreicht. Im Jahr 1967 übernahm die Preussag die Unterharzer Berg- und Hüttenwerke, die Zinkhütte Harlingerode wurde ein Werksteil des Hüttenwerkes Harz.

Metallpreisverfall und Niedergang 1970 bis 1988

Produktionszahlen

Zu Beginn der 1970er Jahre setzte ein anhaltendes Sinken der Weltmarktpreise für Metalle ein. Davon war auch die Zinkerzeugung betroffen. Zunächst versuchte man diesem Trend durch Steigerung der Produktion und Rationalisierungsmaßnahmen zu begegnen. Durch Erweiterung beider Ofenhäuser auf zuletzt insgesamt 46 Öfen konnten 1980 knapp über 100.000 t Hüttenzink erzeugt werden. 1981 entschied man dann, eines der beiden Ofenhäuser (Ost) und die Rösthütte stillzulegen und anstelle von Erzen nur noch Recyclingmaterialien (Sekundärvorstoffe) zu verarbeiten. Dieses war auch eine Reaktion auf die schärferen Umweltauflagen und ging mit dem Bau neuer Filteranlagen einher. Als dennoch die gesteckten Wirtschaftsziele nicht erreicht wurden, erfolgte die offizielle Betriebseinstellung zusammen mit der Stilllegung des Rammelsberger Bergwerkes am 30. Juni 1988. Bis dahin wurden 2,8 Millionen Tonnen Zink hergestellt. Bis 2000 wurden noch bis zu zehn Öfen als Minihütte zur Alimentierung der angrenzenden Zinkweiß- und Zinkstaubanlage betrieben.

Heutiger Zustand

Abbruch Ofenhaus Ost 2003

Auf dem Betriebsgelände an der Landstraße in Harlingerode besteht noch das Ofenhaus West mit dem größten Teil der Einrichtung und das 20-Tage-Lager (Vorstofflager) mit dem zugehörigen Mahl- und Mischhaus. Diese Gebäude liegen brach und sind nicht öffentlich zugänglich.

Das Verwaltungsgebäude wird von den Nachfolgeunternehmen der Unterharzer Hütten genutzt. Die Feinzinkanlage ist heute Betriebsgebäude der Zinkweißerzeugung (Norzinco GmbH). Zwischen den noch stehenden Hüttengebäuden und dem Gelände der Elektrocycling GmbH befinden sich noch einige Werkstatt- und Nebengebäude. Im Hintergrund erhebt sich die inzwischen abgedeckte Räumaschenhalde als Altlast. Dort lagern über 1 Million Tonnen Rückstände der Zinkverhüttung.

Literatur

  • Jürgen Feiser: Chronik der Okerhütte 1527 - 1970. Manuskript, Goslar 1971 (unveröffentlicht).
  • Kunibert Hanusch: Die Unterharzer Metallhütten im 19. und 20.Jahrhundert - Chronik eines Wandels. 1. Auflage. Weltkulturerbe Rammelsberg, Goslar 2005, ISBN 3-9809704-1-8.
  • Lothar Klappauf et al.: Auf den Spuren einer frühen Industrielandschaft. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Hameln 2000.
  • Wolfgang Mehner: Geschichte der Blei- und Kupfererzeugung am Unterharz. Harz-Metall GmbH, Goslar 1993.
  • Wolfgang Mehner: Geschichte der Zinkmetallurgie am Harz: eine Chronik der Zinkerzeugung von 1900-1990. 2. Auflage. Harz-Metall GmbH, Goslar 1995.
  • Franz Pawlek: Metallhüttenkunde. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1982, ISBN 3-11-007458-3.
  • Franz Rosenhainer: Die Geschichte des Unterharzer Hüttenwesens von seinen Anfängen bis zur Gründung der Communion 1635. Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar, Goslar 1968.
  • unbekannt: Zink "Harz" - Zinkgewinnung auf der Zinkhütte Harlingerode. Unterharzer Berg- und Hüttenwerke, Goslar 1956.

Weblinks

 Commons: Zinkhütte Harlingerode – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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