Zygomyceten

Zygomyceten
Für die systematische Einteilung der Lebewesen existieren nebeneinander mehrere Vorschläge. Das hier behandelte Taxon entspricht nicht der gegenwärtig in der deutschsprachigen Wikipedia verwendeten Systematik.

Die Jochpilze (Zygomycota) bilden eine Abteilung innerhalb des Reichs der Pilze. Sie sind nach den bei der geschlechtlichen Vermehrung auftretenden jochartigen Strukturen beziehungsweise den darin ausgebildeten charakteristischen schwarzen Zygosporen benannt.

Ob die Jochpilze eine natürliche Gruppe bilden, ist umstritten; möglicherweise handelt es sich um ein paraphyletisches Taxon, es umfasst dann nicht alle Nachkommen ihres letzten gemeinsamen Vorfahren. Die engsten Verwandten der Jochpilze sind nach heutigem Kenntnisstand entweder die Töpfchenpilze (Chytridiomycota) oder die von Schlauchpilzen (Ascomycota) und Basidienpilzen (Basidiomycota) gebildete Gruppe Dikaryomycota.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Wie alle Pilze besitzen die Jochpilze ein aus Hyphen, langen Zellfäden, bestehendes Geflecht, das Myzel, welches in tote Materie oder befallene Wirtsorganismen einwächst und dort durch Abgabe von Enzymen organische Makromoleküle zersetzt, die zerkleinert dann als Nährstoffe über die Zellmembran aufgenommen werden können. Die Hyphen der Jochpilze besitzen meist keine echten Zelltrennwände oder Septen; eine Ausnahme bilden die Sporangien genannten Vermehrungsstrukturen, die meist vom Rest der Hyphe abgesetzt sind.

Jochpilze sind oft über zahlreiche Rhizoid genannte Stützstrukturen auf ihrem Wirt oder in toter Materie verankert. Diese können ihrerseits untereinander durch Laufhyphen miteinander verbunden sein. Außerhalb des Wirtes bilden sich, manchmal durch einen Sporangiophor genannten „Stiel“ erhöht, die sporenbildenden Sporangien.

Stoffwechsel

Jochpilze leben sowohl saprobiontisch, das heißt auf abgestorbenen Pflanzen- oder Tierresten, Samen oder Früchten als auch parasitisch. Ihre Wirte können Tiere, Pflanzen oder auch andere Pilze sein.

Eine hoch entwickelte und sehr spezielle Form des Parasitismus ist der Fusionsparasitismus der Mucorales-Arten, dessen Opfer Pilze derselben Ordnung sind.

Einen besonders interessanten Fall bilden die Pilze der Art Zoophagus tentaclum: Sie lassen sich ohne Übertreibung als fleischfressende Pilze bezeichnen. Dazu bilden sie aus Hyphen bestehende kleine Schlingen, in denen sich zum Beispiel Fadenwürmer verfangen können. Durch Berührungsreize zieht sich die Schlinge zu, hindert ein Entkommen der Beute und wächst dann langsam in das Opfer ein, das nun nach Pilzart durch kräftige Enzyme von innen zersetzt wird. Andere Pilzarten setzen klebrige Strukturen zum Beutefang ein. Durch das häufige Vorkommen in stickstoffarmen Böden ist es wahrscheinlich, dass wie auch bei den meisten fleischfressenden Pflanzen die Beute weniger zur Gewinnung von Stoffwechselenergie, sondern mehr zum Ausgleich des Stickstoffhaushalts gefangen wird.

Daneben gehen manche Jochpilze symbiotische Lebensgemeinschaften mit Pflanzen ein, sie wirken als Mykorrhizae. Das bedeutet, dass sie der Pflanze an deren Wurzeln bei der Aufnahme von Nährstoffen aus dem Boden behilflich sind und als Ausgleich dafür von dieser Photosynthese-Produkte wie etwa energiereiche Kohlenhydrate erhalten. Daneben wehren Mycorrhizae oft andere Pilze ab, die ihre Wirtspflanze als Parasiten befallen könnten. Auch der oben beschriebene Fang von pflanzenschädigenden Fadenwürmern kann dieser Funktion dienen.

Verbreitung

Jochpilze sind fast ausnahmslos landlebend. Sie finden sich in den Böden aller Kontinente mit möglicher Ausnahme Antarktikas. Parasitische Arten sind naturgemäß auf das Verbreitungsgebiet ihres Wirtes beschränkt.

Fortpflanzung

Jochpilze können sich sowohl ungeschlechtlich als auch geschlechtlich vermehren.

In ersterem Falle bilden sich in spezialisierten Strukturen, den Sporangien, die ungeschlechtlichen und durch Mitose entstandenen Sporen des Pilzes, die einzeln durch den Wind oder tierische Überträger verbreitet, manchmal auch als Sporenpaket regelrecht abgeschossen werden. Aus ihnen entwickelt sich bei geeigneten Verhältnissen wieder ein mit dem Ausgangsorganismus genetisch identisches und mit einem Chromosomensatz ausgestattetes, also haploides, Individuum. Die ungeschlechtlichen Fortpflanzungsstrukturen, auch Anamorphen genannt, sind innerhalb der Jochpilze extrem vielfältig ausgebildet.

Dagegen ist die geschlechtliche Fortpflanzung, bei der es zur Rekombination der genetischen Information zweier Organismen kommt, verhältnismäßig einheitlich. Die beiden Individuen müssen allerdings einem unterschiedlichen Paarungstyp, einer Art „Pilzgeschlecht“, angehören, der sich aber meist äußerlich nicht bestimmen lässt und daher auch nicht als männlich oder weiblich, sondern schlicht als Plus- oder Minus-Typ bezeichnet wird. Dieser Fortpflanzungsmechanismus wird als Heterothallie bezeichnet. Bei den Jochpilzen kommt jedoch auch der Mechanismus der Homothallie vor.

Eingeleitet wird der als Konjugation bezeichnete Prozess durch Pheromone genannte Botenstoffe. Zwischen den beteiligten Hyphen bilden sich nun jochartige Brücken aus: Dazu wachsen zunächst aus beiden Zellfäden spezielle Strukturen, die Gametangien heraus und aufeinander zu. Berühren sich diese, wachsen sie überraschend voneinander weg, aber nur um durch eine Schleifendrehung um so sicherer wieder aufeinanderzutreffen. Es kommt dann erst zu einer Schwellung an der Berührungsfläche, darauf löst sich dort die Trennwand auf und es kommt zur Plasmogamie, das heißt die Zellplasma-Anteile der Gametangien fließen zusammen, während die zahlreichen ursprünglich in diesen enthaltenen Zellkerne vorerst noch voneinander getrennt bleiben.

Die Schwellung kapselt sich jetzt durch zwei Trennwände von den Gametangien ab und entwickelt sich zur für die Jochpilze charakteristischen Zygospore weiter, einem gegen widrige Umwelteinflüsse gut gerüsteten kugelförmigen, dickwandigen schwarzen Sporenbehälter. Der Name Zygospore für diese Struktur ist etwas irreführend, da es sich bei ihr eigentlich nicht um eine Spore im engeren Sinne handelt. Diese Zygospore ist zunächst noch durch die jetzt Suspensoren genannten ehemaligen Gametangien mit den „Elternorganismen“ verbunden. Die aus Suspensoren und Zygospore bestehenden geschlechtlichen Fortpflanzungsstrukturen heißen im Gegensatz zu den oben angesprochenen Anamorphen auch Teleomorphen.

Innerhalb der Zygospore findet schließlich zwischen je zwei Kernen die Kernverschmelzung (Karyogamie) statt, der aber fast immer sofort die Meiose genannte Reifeteilung folgt, so dass der durch zwei vollständige Chromosomensätze charakterisierte diploide Zustand im Lebenszyklus der Jochpilze nur äußerst kurz andauert. Die neu entstandenen haploiden Tochterkerne werden nun mit etwas Zellplasma als haploide Geschlechtssporen „verpackt“ und bei geeigneten Umweltbedingungen freigesetzt.

Systematik

Phylogenetische Studien haben ergeben, dass die Jochpilze keine natürliche Verwandtschaftsgruppe sind.[1] Daher wurden die Jochpilze 2007 als Taxon - möglicherweise vorläufig - aufgelassen, und ihre Ordnungen auf mehrere Abteilungen und Unterabteilungen aufgeteilt[2]. Vergleiche hierfür Systematik der Pilze.

Die heute bekannten etwa 1000 Arten teilen sich in zwei Klassen auf, die weiter in zwölf Ordnungen und zahlreiche Familien untergliedert werden können:

  • Die Zygomycetes sind die größere der beiden Klassen und umfassen acht Ordnungen:
    • Basidiobolales
    • Dimargaritales
    • Endogonales
    • Die nach einem Mycologen names Kickx benannten Kickxellales zeigen eine für Jochpilze ungewöhnliche Eigenschaft, septierte Hyphen. Ihre ungeschlechtlichen Fortpflanzungsvorrichtungen, die Anamorphen, sind zum Teil hochkomplex.
    • Mortierellales
    • Die Mucorales sind fast ausschließlich Saprobionten, leben also von totem Material. Zu ihnen gehört auch der Gemeine Brotschimmelpilz (Rhizopus stolonifer), der nicht nur Brot, sondern als Wattefäule auch Früchte wie beispielsweise Erdbeeren befällt. Eine besonders interessante Gruppe bilden die Hutwerfer (Pilobolus), die ihre Vermehrungssporen gezielt über zwei Meter weit in Richtung des Sonnenlichtes schießen können und dazu über ein effektives Photorezeptor-System verfügen.
    • Auch die Zoopagales leben meist als Parasiten; hier sind die Wirte meist Amöben, Fadenwürmer oder andere Protisten und Kleintiere, aber auch andere Pilze zählen zu ihren Opfern. Die oben angeführte „fleischfressende“ Art Zoopagus tentaclum gehört zu dieser Ordnung.
  • Die Trichomycetes leben fast alle kommensal, das heißt ohne Auswirkungen auf den Wirtsorganismus, selten auch parasitisch im Körperinneren von Gliederfüßern (Arthropoda) wie Insekten (Insecta), Tausendfüßern (Myriapoda) oder Krebstieren (Crustacea). Zu ihnen gehören vier Ordnungen und sieben Familien:
    • Die Harpellales,
    • die Asellariales und
    • die Eccrinales gelten als eng miteinander verwandt.
    • Die Amoebidiales bilden dagegen eine recht obskure und umstrittene Gruppe.

Einzelnachweise

  1. T. Y. James et al.: Reconstructing the early evolution of Fungi using a six-gene phylogeny. In: Nature, Band 443, 19. Oktober 2006, S. 818-822. doi:10.1038/nature05110
  2. D. S. Hibbett et al.: A higher-level phylogenetic classification of the Fungi. In: Mycological research, Mai 2007; 111(5): 509-547. Epub 2007 13. März 2007. doi:10.1016/j.mycres.2007.03.004, (PDF)

Weblinks


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