Öffentliche Rede (Urheberrecht)

Öffentliche Rede (Urheberrecht)

Öffentliche Reden dürfen aufgrund von Schrankenbestimmungen des Urheberrechts unter bestimmten Umständen ohne Zustimmung des Urhebers (Redners) verwertet werden.

Inhaltsverzeichnis

Deutsche Rechtslage

Im deutschen Recht betrifft § 48 UrhG die Öffentlichen Reden.

(1) Zulässig ist
1. die Vervielfältigung und Verbreitung von Reden über Tagesfragen in Zeitungen, Zeitschriften sowie in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen den Tagesinteressen Rechnung tragen, wenn die Reden bei öffentlichen Versammlungen gehalten oder durch öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 19a oder § 20 veröffentlicht worden sind, sowie die öffentliche Wiedergabe solcher Reden,
2. die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Reden, die bei öffentlichen Verhandlungen vor staatlichen, kommunalen oder kirchlichen Organen gehalten worden sind.
(2) Unzulässig ist jedoch die Vervielfältigung und Verbreitung der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Reden in Form einer Sammlung, die überwiegend Reden desselben Urhebers enthält.

Zur Beschränkung auf Tagesfragen meint Melichar (in: Schricker, Urheberrecht, 2. Auflage 1999, S. 769), sobald die Rede wissenschaftliche Bedeutung oder künstlerische Form erhalte, sei sie nicht frei. Absatz 1 gilt nur für die tagesaktuelle Berichterstattung, kann also keine Rechtfertigung darstellen, etwa eine Goebbels-Rede, die nicht im Reichstag gehalten wurde, in die Wikipedia einzustellen.

Die öffentlichen Verhandlungen in Absatz 2 betreffen insbesondere Parlamentsreden. Bei Gerichtsverhandlungen sind Sonderbestimmungen über die Zulässigkeit von Ton- und Filmaufnahmen zu beachten; mitstenographieren ist zulässig.

Reden nach Absatz 2 kommen grundsätzlich für die Nutzung in freien Projekten in Betracht. Da es aber rechtlich ungeklärt ist, ob sich die Ausnahmebestimmung nur auf den reinen Text oder auch auf das Ton- oder Bildmaterial bezieht, sollte man sicherheitshalber nur eigene Aufnahmen in freien Projekten verwenden oder aber die Zustimmung der Inhaber der Rechte (z.B. Rundfunkanstalten) einholen.

Es gelten das Änderungsverbot (§ 62 UrhG) und das Gebot der Quellenangabe (§ 63 UrhG). Gemäß § 62 Abs. 2 können Reden auch gekürzt wiedergegeben werden, wenn das der Benutzungszweck erfordert und keine sinnentstellende Wiedergabe vorliegt.

Österreich

§ 43 Abs. 1 öst UrhG schränkt die Nutzung von Reden auf den Zweck der Berichterstattung ein und verbietet in Abs. 3 die Aufnahme der bezeichneten Reden in Sammlungen solcher Reden ohne Zustimmung des Urhebers. Somit ist die nach deutschem Recht gegebene Möglichkeit, erlaubtermaßen hergestellte eigene Aufnahmen z.B. von Parlamentsreden in freien Projekten zu verwerten, nach österreichischem Recht nicht gegeben.

Schweiz

Eine vergleichbare Sonderbestimmung für Reden gibt es in der Schweiz nicht. Allenfalls Art. 28 URG (Berichterstattung über aktuelle Ereignisse) käme in Betracht.

Weblinks

Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Urheberrecht bei öffentlichen Reden — Öffentliche Reden dürfen aufgrund von Schrankenbestimmungen des Urheberrechts unter bestimmten Umständen ohne Zustimmung des Urhebers (Redners) verwertet werden. Inhaltsverzeichnis 1 Deutsche Rechtslage 2 Österreich 3 Schweiz …   Deutsch Wikipedia

  • Urheberrecht — Das Gesetz trat am 1. Januar 1902 in Kraft und bezieht sich im einzelnen a) auf Schriftwerke und solche Vorträge oder Reden, die dem Zwecke der Erbauung, Belehrung oder Unterhaltung dienen, b) auf Werke der Tonkunst, c) auf Abbildungen… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Zitate und Urheberrecht — Das Wort Zitat kann aus dem lateinischen Wort citare (= herbeirufen) hergeleitet werden und hat die Bedeutung einer wörtlich übernommenen Stelle aus einem Text oder ein Hinweis auf eine bestimmte Textstelle. Ein Zitat ist also ein expliziter… …   Deutsch Wikipedia

  • Erster Korb — Das Urheberrecht in Deutschland ist schwerpunktmäßig im Urheberrechtsgesetz (UrhG) aus dem Jahre 1965, dem Wahrnehmungsgesetz (WahrnG) und dem Verlagsgesetz (VerlG) kodifiziert. Es stellt das Pendant zum gewerblichen Rechtsschutz (z. B. dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Urheberpersönlichkeitsrecht — Das Urheberrecht in Deutschland ist schwerpunktmäßig im Urheberrechtsgesetz (UrhG) aus dem Jahre 1965, dem Wahrnehmungsgesetz (WahrnG) und dem Verlagsgesetz (VerlG) kodifiziert. Es stellt das Pendant zum gewerblichen Rechtsschutz (z. B. dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Zweiter Korb — Das Urheberrecht in Deutschland ist schwerpunktmäßig im Urheberrechtsgesetz (UrhG) aus dem Jahre 1965, dem Wahrnehmungsgesetz (WahrnG) und dem Verlagsgesetz (VerlG) kodifiziert. Es stellt das Pendant zum gewerblichen Rechtsschutz (z. B. dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft — Das Urheberrecht in Deutschland ist schwerpunktmäßig im Urheberrechtsgesetz (UrhG) aus dem Jahre 1965, dem Wahrnehmungsgesetz (WahrnG) und dem Verlagsgesetz (VerlG) kodifiziert. Es stellt das Pendant zum gewerblichen Rechtsschutz (z. B. dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Carl Schmitt-Dorotic — Carl Schmitt (eigentlich Karl Schmitt, zeitweise auch Carl Schmitt Dorotic[1]; * 11. Juli 1888 in Plettenberg, Sauerland; † 7. April 1985 ebendort) war ein deutscher Staatsrechtler und politischer Philosoph. Der Jurist ist einer der bekanntesten …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Schmitt — Carl Schmitt (eigentlich Karl Schmitt, zeitweise auch Carl Schmitt Dorotic[1]; * 11. Juli 1888 in Plettenberg, Sauerland; † 7. April 1985 ebendort) war ein deutscher Staatsrechtler und politischer Philosoph. Der Jurist ist einer der bekanntesten… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste geflügelter Worte/D — Geflügelte Worte   A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W Y Z Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”