Ökonomische Bildung

Ökonomische Bildung

Ökonomische Bildung wird verstanden als die Gesamtheit aller erzieherischen Bemühungen in allgemeinbildenden Schulen, die zum Ziel haben, Schüler mit den Kenntnissen, Fähigkeiten und Einstellungen auszustatten, um in den wirtschaftlichen Zusammenhängen ihrer Lebensumwelt bestehen zu können.[1] Als Bildung für alle hat sie aufklärenden und emanzipatorischen Charakter und dient dazu, den Einzelnen zu befähigen, seine individuellen und kollektiven ökonomischen Lebenssituationen kompetent und verantwortlich zu gestalten.[2]

Sie stellt also einen Teil der Allgemeinbildung dar und erfasst alle Dimensionen wirtschaftlichen Handelns unserer Gesellschaft, wie etwa die betriebliche, volkswirtschaftliche oder weltwirtschaftliche Ebene, aber auch die ökonomischen Elemente privater Lebenssituationen.[1]

Inhaltsverzeichnis

Schwerpunkte

Die ökonomische Bildung wendet sich allen Belangen wirtschaftlicher Tätigkeit in der Gesellschaft zu. In den Schulen dienen je nach Bundesland und Schulform unterschiedliche Fächer als Ankerfächer für die ökonomische Bildung, z. B. Wirtschaft, Politik/Wirtschaft, Sozialkunde oder auch Arbeitslehre.[3] Inhalte der Curricula in den einschlägigen Schulfächern umfassen etwa Unternehmen als soziale und ökonomische Akteure, die privaten Haushalte und ihre Stellung im Wirtschaftssystem, die Funktionen des Staates in einer marktwirtschaftlichen Ordnung, Internationalisierung und Globalisierung sowie die Institutionen und Regeln von Wirtschaftsordnungen.[4]

Die ökonomische Bildung trägt zudem zur Berufsorientierung bei und zielt vor allem darauf, die Berufswahl- und Ausbildungsreife der Jugendlichen zu fördern. Es geht insbesondere um die Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler und darum, den Prozesscharakter der Berufsorientierung als lebensbegleitende Aufgabe zu sehen.[5] Zunehmend gilt Berufsorientierung als Aufgabe aller Fächer bzw. der ganzen Schule, andere Ansätze plädieren für einen eigenständigen Berufswahlunterricht, z. B. im Rahmen der Arbeitslehre.[6] Auch die Schülerfirmenarbeit ist ein Teil der Berufsorientierung im Rahmen der ökonomischen Bildung.[7]

Finanzielle Allgemeinbildung als Teil der Ökonomischen Bildung

Die finanzielle Allgemeinbildung fokussiert auf Finanzkompetenz der Individuen und gilt seit einigen Jahren als ein wichtiger Bereich der ökonomischen Bildung. Wie sich ökonomische und finanzielle Bildung zueinander verhalten, bleibt noch zu klären. Im Vergleich zur allgemeinen ökonomischen Bildung, zur Verbraucherbildung und zur Berufsorientierung befindet sich die Finanzielle Allgemeinbildung konzeptionell, empirisch und methodisch noch in einer frühen Entwicklungsphase. Finanzielle Bildung kann man auch in der Konsumentenbildung[8] oder in der Hauswirtschaftslehre verankern. Der Einfluss von Banken und Versicherungen auf die finanzielle Bildung und die Schulen gerät zunehmend in die Kritik.[9]

Ökonomische Bildung in der Lehrerausbildung

Das Studium der ökonomischen Bildung dient in der Lehrerausbildung an den Universitäten der Vorbereitung auf den Unterricht in einem Schulfach Wirtschaft (Bezeichnung und Inhalte sowie Fächerverbünde differieren aufgrund des Kulturföderalismus von Bundesland zu Bundesland).


Folgende Hochschulen bieten ein Lehramtsstudium für Schulfächer der ökonomischen Bildung an allgemeinbildenden Schulen an:

Baden-Württemberg:

  • Pädagogische Hochschule Freiburg
  • Pädagogische Hochschule Schwäbisch-Gmünd
  • Pädagogische Hochschule Karlsruhe
  • Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
  • Pädagogische Hochschule Weingarten

Bayern:

  • Universität Bamberg
  • Universität Bayreuth
  • Universität Nürnberg
  • Universität Passau

Berlin:

  • Technische Universität Berlin

Bremen:

  • Universität Bremen

Hamburg:

  • Universität Hamburg

Hessen:

  • Universität Frankfurt

Niedersachsen:

  • Universität Hildesheim
  • Universität Lüneburg
  • Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg

Nordrhein-Westfalen:

  • Universität Bielefeld
  • Universität Bochum
  • Universität Bonn
  • Technische Universität Dortmund
  • Universität Duisburg-Essen
  • Universität Köln
  • Universität Münster
  • Universität Siegen

Sachsen-Anhalt:

  • Universität Halle

Schleswig-Holstein:

  • Universität Flensburg
  • Universität Kiel

An den Hochschulen der Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringens finden sich keine einschlägigen Studiengänge.

Literaturhinweise

Einführungen, Gesamtdarstellungen, Grundlagen

  • Engartner, Tim (2010): Didaktik des Ökonomie- und Politikunterrichts, Paderborn.
  • Fischer, Andreas (Hg.) (2006): Ökonomische Bildung - Quo vadis?, Bielefeld.
  • Hedtke, Reinhold (2011): Konzepte ökonomischer Bildung, Schwalbach/Ts.
  • Hedtke, Reinhold / Birgit Weber (Hg.) (2008): Wörterbuch ökonomische Bildung, Schwalbach.
  • Kahsnitz, Dietmar (Hrsg.) (2005): Integration von politischer und ökonomischer Bildung?, Wiesbaden.
  • Kaminski, Hans / Krol, Gerd-Jan (2008): Ökonomische Bildung - legitimiert, etabliert, zukunftsfähig, Bad Heilbrunn/Obb.
  • Retzmann, Thomas (2011) (Hg.): Finanzielle Bildung in der Schule - Mündige Verbraucher durch Konsumentenbildung, Schwalbach/Ts.
  • Weber, Birgit (2010): Wirtschaftswissen zwischen Bildungsdefiziten und Unsicherheiten, in: Zeitschrift für Didaktik der Gesellschaftswissenschaften, 1. Jg., H. 1, S. 91-114.

Methoden

  • Kaiser, Franz-Josef / Kaminski, Hans (1999): Methodik des Ökonomie-Unterrichts: Grundlagen eines handlungsorientierten Lernkonzepts. 3. Auflage, Bad Heilbrunn.
  • Kaminski, Hans / Krol, Gerd-Jan / Eggert, Katrin / Koch, Michael / Loerwald, Dirk / Zoerner, Andreas (2005): Praxiskontakte - Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft, Braunschweig.
  • Retzmann, Thomas (2011) (Hg.): Methodentraining für den Ökonomieunterricht I, 2. Auflage, Schwalbach/Ts.
  • Retzmann, Thomas (2011) (Hg.): Methodentraining für den Ökonomieunterricht II, Schwalbach/Ts.

Bildungsstandards, Bildungspolitik

  • Hedtke, Reinhold / Famulla, Gerd-E. / Fischer, Andreas / Weber, Birgit / Zurstrassen, Bettina (2010): Für eine bessere ökonomische Bildung!, Bielefeld. Zugriff: (PDF)
  • Kaminski, Hans / Brettschneider, Volker / Eggert, Katrin / Hübner, Manfred / Koch, Michael (2007): Mehr Wirtschaft in die Schule, Wiesbaden.
  • Möller, Lucca / Hedtke, Reinhold (2011): Wem gehört die ökonomische Bildung? Notizen zur Verflechtung von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, Bielefeld. Zugriff: (PDF)
  • Retzmann, Thomas / Seeber, Günther / Remmele, Bernd / Jongebloed, Hans-Carl (2010): Ökonomische Bildung an allgemeinbildenden Schulen - Bildungsstandards für Lehrerbildung, Essen/Lahr/Kiel. Zugriff: (PDF)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Homepage des Instituts für Ökonomische Bildung Oldenburg: Definition ÖB, zu finden unter ioeb.de
  2. Jung, Eberhard (2007): Welche ökonomische Bildung benötigen wir? In: Unterricht Wirtschaft, H. 29 /1/2007), S. 49-50
  3. Weber, Birgit (2007): Die curriculare Situation der ökonomischen Bildung? In: Unterricht Wirtschaft, H. 29 /1/2007), S. 57-61
  4. Kaminski / Hübinger / Zedler / Staudt (2001): Soziale Marktwirtschaft stärken. Kerncurriculum Ökonomische Bildung, zu finden unter sowi-online.de
  5. Famulla, Gerd-E. /Butz, Bert / Deeken, Sven / Michaelis, Ute / Möhle, Volker / Schäfer, Birgit (2008): Berufsorientierung als Prozess - Persönlichkeit fördern, Schule entwickeln, Übergang sichern. Hohengehren.
  6. Beinke, Lothar (2011): Zentrale Gegenstandsbereiche einer berufsorientierten Didaktik. Hohengehren.
  7. Homepage des Instituts für Ökonomische Bildung Oldenburg: Schülerfirmenarbeit, zu finden unter ioeb.de
  8. Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur: Richtlinie Verbraucherbildung an allgemeinbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz. Mainz, 2010 (online)
  9. Möller, Lucca / Hedtke, Reinhold (2011): Wem gehört die ökonomische Bildung? Notizen zur Verflechtung von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, Bielefeld. Zugriff: (PDF)

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