Ōkunoshima

Ōkunoshima

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Ōkunoshima
Ōkunoshima
Ōkunoshima
Gewässer Seto-Inlandsee
Geographische Lage 34° 18′ 31″ N, 132° 59′ 35″ O34.308611111111132.99305555556Koordinaten: 34° 18′ 31″ N, 132° 59′ 35″ O
Ōkunoshima (Japan)
Ōkunoshima
Länge 1,5 km
Breite 800 m
Fläche 0,7 km²
Hauptort Tadanoumichō

Ōkunoshima (jap. 大久野島) ist eine kleine, etwa 2 km lange Insel, die zum Verwaltungsgebiet der Stadt Takehara in der Präfektur Hiroshima gehört. Die Insel liegt in der Seto-Inlandsee 3 km vom Festland entfernt.

Geschichte

Bekannt wurde die Insel aufgrund ihrer Giftgasproduktionsanlagen 1926 bis 1945.

Ab 1926 stand der Plan fest, dort Geheimwaffen zu produzieren. Unter dem Vorwand die Insel als Standort der einheimischen Fischindustrie (wie es die Showa-Regierung überall im Land massiv betrieb) weiter ausbauen zu wollen, quasi als vorgeschobener Fischereistandort, wurde für die damals aufkommenden Kühlanlagen eine Meerwasserentsalzungsanlage, eine Eisfabrik und ein Kraftwerk errichtet und die Fischkonservenfabrik im Norden weiter und moderner ausgebaut. Unter hygienischen Vorwänden wurden Ratten, Marder, Füchse und Katzen, die auf der Insel zuvor angesiedelt waren, systematisch ausgerottet.

1938 wurde die Insel in militärisches Sperrgebiet umgewandelt. Das beinhaltet eine Streichung aus allen Registern, Seekarten und aus Geschichtsbüchern, Atlanten, dem Heimatkundeunterricht, ja selbst dem Sprachgebrauch. Die Fischkonservenproduktionsanlagen wurden in eine Chemiewaffenfabrik umgewandelt. Die von der Küste aus sichtbare Fabrik wurde gesprengt und mit Efeu überwuchert. Auf den lokalen Seekarten wurden die umgebenden kleineren Inseln so verrückt, dass man bei nur minimalem Peilungsfehler ein "überzählige Insel" gar nicht bemerken würde. Das beinhaltet auch eine Modifikation der Leuchtturmbefeuerung der umliegenden Inseln, bei denen Überlappung und gleiche bzw. ähnliche Blink-Codes eine Identifikation der Insel erschweren sollten, trotzdem aber der Seeverkehr nicht gefährdet wurde. Die Schifffahrtsstraße nach Hiroshima, Mihara und Kure wurden so modifiziert, dass kein internationales Schiff in die Nähe der Insel kommen würde.

Schon bald begann die Produktion von Yprium, Senfgas und ähnlichen Stoffen. Die eingesetzten Arbeitskräfte waren in der Regel ungenügend ausgebildet und völlig unzureichend geschützt. Zudem war die Anlage eine modifizierte kleine Industrieanlage aus den 20ern, völlig mangelhaft in puncto Sicherheit und Effizienz. Demzufolge wurden trotz mäßigen geringen Giftgasoutputs (etwa 6000 Tonnen unbekannten Anreicherungsgrads wurden hergestellt) sehr viele Arbeiter getötet oder schwer verletzt. Viele leiden noch heute unter den Verletzungen.

Viele der Arbeiter waren zwangsverpflichtete Koreaner, die weder Japanische Schriftzeichen ausreichend beherrschten, noch in der Produktion brisanter Stoffe erfahren waren. Sie hatten vor dem Krieg in erster Linie in Seifenfabriken oder in der Herstellung von medizinischen Artikeln gearbeitet. Die technische Aufsicht und kritischere Arbeiten oblag Oberschülern. Die international bekannten Experten für Chemiewaffen wurden von ausländischen Geheimdiensten beobachtet, das wusste der japanische Geheimdienst, und organisierten den Aufbau der Anlage daher vom Schreibtisch aus, ohne die Anlagen selbst jemals zu sehen oder gar die Produktion selbst zu beaufsichtigen. Nur wenige Spezialisten betraten jemals die Produktionsstätten! Die verpflichteten Studenten waren nach ausgezeichneten Noten in Naturwissenschaften für diesen Einsatz angeworben worden, aber aus Geheimhaltungsgründen ohne über die genaue Tätigkeit informiert zu sein. Viele bezahlten ihre Unwissenheit mit Leben, Augenlicht oder Gesundheit. Um zu Geheimhaltungszwecken möglichst wenig Personal auf der Insel zu beschäftigen, war keine Krankenstation vorhanden. Die Behandlung erfolgte in der Regel in den Baracken, bei ungenügenden hygienischen Verhältnissen und infolgedessen oft ohne Erfolg. Die Giftgasversehrten auf das Festland zu transportieren und dort gut ausgebildeten und (bis kurz vor Kriegsende) adäquat ausgerüsteten Ärzten vorzustellen, lag nicht im Interesse der Geheimhaltung.

Versuchsobjekt waren in der Regel Kaninchen. Ratten waren für zu gefährlich (Seuchengefahr, etc.) eingestuft worden. Da man aber nicht tausende Kaninchen bei Großzüchtern einkaufen konnte, beschaffte das Militär die Kaninchen von Bauernmärkten. Demzufolge waren sehr viele verschiedene Kaninchenrassen und Stallhasen in den Versuchsstätten eingestallt. Menschenversuche wurden an dieser Stelle nicht vorgenommen, es ist jedoch nicht auszuschließen, dass Giftgas aus Ōkunoshima bei den Versuchen der Einheit 731 zum Einsatz kam.

Die Anlage war nicht dazu geeignet, Chemiewaffen betriebssicher zu produzieren und abzufüllen. Ein geschlossenes System war für die brennbaren und leicht flüchtigen Substanzen aus Geheimhaltungsgründen nicht realisierbar und daher mussten die Arbeiter in Schutzanzügen aus dickem PVC ihren Dienst tun. Flexibilitätszonen waren aus Leder oder Gummi eingefügt worden, aber wie sich zeigte wurden die Anzüge selbst massiv kontaminiert und vergifteten ihre Träger selbst bei störungsfreiem Betrieb. Gerade in den Armbeugen oder in der Schamgegend traten schon nach kurzer Benutzungsdauer Irritationen auf, großflächige Nekrosen und gangränisierende Entzündungen sind berichtet worden. Aus Geheimhaltungsgründen wurden die Anzüge nur bei totaler Unbrauchbarkeit neu bestellt. Als sich eine Kriegsniederlage abzeichnete, wurde die Produktion verschärft und die Sicherheitsstandards weiter gesenkt. Arbeitskräfte wurden nun regelrecht verheizt. Dadurch sank natürlich auch der praktische Erfahrungsschatz der Arbeiter und schwere Unfälle häuften sich. Durch massiven, selbstmörderischen Giftgaseinsatz, möglicherweise in Verbindung mit Kamikaze-Einsätzen wollte man eine Invasion des japanischen Festlandes zu einer menschlichen Katastrophe gigantischen Ausmaßes ausweiten. Gegen den Völkerrechtswidrigen Einsatz auf eigenem Terrain hatte die Militärführung keinerlei Skrupel. Nur fürchtete man, dass ein frühzeitiges Bekanntwerden zu Angriffen auf Japan selbst führen würde. Dass die USA im Besitz einer Atombombe gelangen würden, und sogar bereit wären diese im Angriff einzusetzen war den Strategen zwar völlig unvorstellbar, jedoch fürchtete man bei Bekanntwerden von Giftgasproduktionsanlagen eine gezielte Zerstörung dieser Anlagen, und den Einsatz von Giftgas gegen das japanische Volk.

1945 wurden die auf der Insel vorhandenen Giftgasproduktionsanlagen gesprengt, die Akten vernichtet und das Militär zog sich zurück. Ob ausländische Zwangsarbeiter dabei exekutiert wurden, ist nicht bekannt. Zur Versorgung der Tiere waren alte, wehruntüchtige und Waffendienstverweigerer verpflichtet worden. Diese gaben zwar vor, die Versuchstiere zu töten, entließen jedoch fast alle Tiere in die Freiheit der Insel.

Gegenwart

Von den ehemaligen Produktionsanlagen existieren heute kaum noch Bilder, vornehmlich sind es Bilder aus der Umbauphase. Die Anlagen selbst sind zwar gesprengt, aber frei zugänglich lediglich einige unterirdische Bereiche sind noch kontaminiert und sollten gemieden werden.

Viele der Opfer der Chemiewaffen werden seit Jahrzehnten von Doktor Yukutake am Tadanoumi Hospital betreut. Er ist mittlerweile ein weltweit anerkannter Spezialist auf dem Gebiet der Chemiewaffenfolgen und deren Behandlung. Im Sommer 2007 reiste er in den Iran um dort mit iranischen Kollegen an der Nachsorge von Giftgasopfern des Iran-Irak-Kriegs an besseren Behandlungswegen zu arbeiten. Interessierten Ausländern ist er ein ausgezeichneter Lehrer und informiert gerne über die Geschichte von Ōkunoshima. Besonders unglücklich ist er darüber, dass die Geschichte von Ōkunoshima vielen Japanern nicht geläufig ist. Mit großem Engagement hat er sich beim Erstreiten von Kriegsversehrtenrenten für die Opfer verdient gemacht. Der japanische Staat tut sich bei ausländischen Opfern bemerkenswert schwer, verübten Schaden anzuerkennen oder gar Unterstützung zu leisten. Erstaunlicherweise gilt dies auch hier für eigene Staatsbürger.

Auf der Insel gibt es ein Tagungs- und Kurhotel, ein Zeltlager und ausgedehnte Sportanlagen. Ein kleiner Golfplatz, mehrere Tennisplätze und ein kleines Schwimmbad stellen das touristische Unterhaltungsangebot dar. Da es auf der Insel weder giftige Schlangen, noch andere Raubtiere gibt, ist sie mittlerweile von Kaninchen mit beachtlicher Dichte besetzt. Dabei sind diese Kaninchen in allen erdenklichen Farben, Größen und Fellvarianten anzutreffen. Die Artenvielfalt scheint eine Ausbreitung von Seuchen bislang verhindert zu haben. Wegen der Abwesenheit von Fressfeinden und der fehlenden Bejagung sind die Kaninchen weitestgehend handzahm und verhalten sich ziemlich unnatürlich. Ein Informationszentrum ist ebenso auf der Insel zu besuchen, wie auch die zerstörten Fabrikgebäude. Für Schülergruppen findet sich zusätzlich noch ein Informationshaus das sich mit Themen wir ökologische Architektur und Frischwasserversorgung befasst.

Der Berg ist zu Fuß in etwa 30 Minuten besteigbar und bietet einen guten Überblick über die See und die anliegenden Inseln.

Überschattet wird die Insel von zwei enorm hohen Masten einer 220kV- Hochspannungsleitung, die die Inseln verbindet. Diese beiden Masten wurden 1962 errichtet und sind mit einer Höhe von 226 Metern die höchsten Freileitungsmasten in Japan und waren zum Zeitpunkt ihrer Errichtung die zweithöchsten der Welt. Die Spannweite der Leitung über die Meerenge beträgt 2357 Meter.

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