Berchtesgadener Tracht

Berchtesgadener Tracht

Die Berchtesgadener Tracht ist eine im Gebiet der ehemaligen Fürstpropstei Berchtesgaden, dem südlichen Teil des heutigen Landkreises Berchtesgadener Land getragene Tracht. Sie ist benannt nach Berchtesgaden, dem zentralen Markt des Verbreitungsgebietes.

Die Tracht wird unter anderem von Trachtenvereinen, den Berchtesgadener Weihnachtsschützen und den Musikkapellen im Berchtesgadener Raum gepflegt. Viele Bewohner des Verbreitungsgebietes tragen aber auch die Tracht, ohne in einem Verein organisiert zu sein. Die Berchtesgadener Tracht ist - wie die heutigen oberbayerischen Gebirgstrachten im Allgemeinen - kein historisches Gewand im wissenschaftlichen Sinn. Sie hat sich erst in der Zeit vor 1900 mit der Verbreitung der Trachtenvereine im oberbayerischen Raum entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

Leitlinie

Bei der Ausstattung der Tracht als Konvention auf folgendes geachtet: Der Schmuck und Ausstattung wächst mit Alter und Ansehen, niemals umgekehrt.

Männer- und Knabentracht

Hut

Zur Berchtesgadener Tracht gibt es zwei grundsätzliche Hutformen:

  • Den Schützenhut
  • Den Rundscheibling

Ähnlich den Uniformkopfbedeckungen wird er von "Trachtlern" im Allgemeinen nicht abgenommen, außer sie betreten ein Gotteshaus oder nehmen an einem Gottesdienst im Freien teil.

Hutschmuck

Als Hutschmuck sind verschiedene Jagdtrophäen verbreitet. Je nach Vereinszugehörigkeit werden Gamsbärte, Spielhahnfedern oder Roagaspitz (Flügelfeder des indischen Schlangenhalsvogels) getragen. Des Weiteren werden zuweilen auch Abzeichen oder Ähnliches den Hüten angefügt, wobei der Schmuck wie bereits oben erwähnt, mit Alter und Ansehen wächst.

Hemd (Pfoad)

Das Originalhemd mit Steg ist meist aus elfenbeinfarbenem Leinen und mit Perlmuttknöpfen versehen. Im Steg sind zuweilen auch in altdeutscher Schrift die Initialen eingestickt.

Bindl

Statt einer Krawatte wird ein sogenanntes Bindl getragen. Es besteht aus einem rautenförmigen Seidentuch von ca. 10 bis 15 cm Länge.

Messer

Das Messer hat entweder einen Horn- oder "Goasfuas"-Griff. Die Horngriffe sind meist mit Silber beschlagen oder mit Schnitzereien verziert. Der "Goasfuas" (Geißfuss) ist in Wirklichkeit meist ein Rehfuß, in den die Klinge eingearbeitet wurde.

Hosenträger

Der Trägerriemen ist zwischen 2 und 3 cm breit, am Rücken gekreuzt (oft von einer Silberspange gehalten) und hat die Schließe über dem Taferl. Aufwändigere Taferl haben alte Stickereien oder Hornverzierungen.

Lederhose

Die originale Berchtesgadener Lederhose wird in Handarbeit hergestellt. Die kurze Hose hat ein moosgrüne Auszier. Die Gestaltung der Auszier richtet sich meist nach sehr alten Vorlagen. Die Hose hat vorne einen Latz, wird an den Seiten mit Bandln geschnürt und besitzt eine Messertasche auf der die Initialen eingestickt sein können. Als Nahtverzieungen gibt es einfachen Kreuzstich oder das S-Laubmuster. Schuhplattler haben oft dünnere Hosen, um den Schlag lauter werden zu lassen.

Weste (Laibi)

Zur Tracht wird ein grünes "Laibi" getragen. Der Rücken aus schwarzer Seide ist die Vorderseite aus Filz gefertigt, die wiederum mit geschwungenen "Schwalben"- oder Kastentaschen und Silberknöpfen ausgestattet ist. Oben wird die Weste mit ein oder zwei silbernen Knopfketten geschlossen.

Joppe

Die Berchtesgadener Joppe wird in den Ausführungen lichtgrau (zumeist in den Trachtenvereinen) und blaugrau (zumeist von den Weihnachtsschützen und außerhalb der Vereine) getragen. Die Joppe ist hinten nicht geschlitzt und hat grüne Filzapplikationen.

Strümpfe

Getragen werden dunkelgraue, bis zum Knie reichende Wollsocken, zur kurzen Hose auch weiße Socken und davon losgelöste "Wadlstrümpf" mit dunkelgrünen Rändern und Verzierungen.

Schuhe

Zur Tracht werden Haferlschuhe mit seitlicher Schnürung getragen. Der Schuh ist aus schwarzem Leder und hat einen Absatz der hinten konvex zur Schuhmitte hin geschwungen ist. Im Winter werden auch sogenannte Schützenschuhe getragen, das sind knöchelhohe schwarze Schnürstiefel.

Schmuck

Zusätzlich zu anderem Schmuck werden oft auch noch Broschen oder Nadeln an der Joppe getragen. (Meist Auszeichnungen vom Preisplattln oder sonstige Ehrungen) Sind diese nicht zu groß, können sie auch den Hut zieren. Zwischen den beiden äußersten vorderen Knöpfen der Lederhose wird manchmal ein Charivari (gesprochen: Schariwari), eine mit verschiedenen alten Münzen, Krallen, Hornschnitzereien oder ähnlichem bestückte Kette getragen. Zur Tracht gehört auch eine silberne oder silberfarbene Taschenuhr mit Sprungdeckel.

Frauen- und Mädchentracht

Hut

Mädchen tragen den Scheibling (aus grünem Filz) mit Adlerflaum. Typisch für die Berchtesgadener Frauentracht ist der gleichfalls runde „Berchtesgadener Frauenhut“ mit gelegter Kordel. Er ist oft mit Goldquasten verziert.

Gewand

Zur Tracht der Dirndl und Frauen gehören ein Mieder, an dem ein Rockhaken angebracht ist. Dazu ein gleichfarbiger handgereihter Rock mit weißer Bluse, Schürze, weiße Seidenstrümpfe und schwarze Leder-Trachtenschuhe. Die typische Farbe für Rock und Mieder ist schwarz (oft mit grüner Stickerei), für Mädchen grün. Eine Besonderheit Berchtesgadens ist das Tragen eines in Falten geworfenen „gesperlten“ Schultertuchs mit handgehäkelter Spitze.

Verheiratete (ältere) Frauen tragen sogenannte "Röcki" aus schwarzer handgereihter Seide als Tracht. Sie besteht aus dem Oberteil mit einem schweren Mieder, dem sogenannten Schalk, dem zugehörigem wadenlangen Rock und Schürze.

Dazu wird der "Zegger", eine geflochtene Handtasche getragen.

Schmuck

Zum Schmuck gehören neben dem obligatorischen Hutschmuck ein Samthalsband oder eine mehrreihige Halskette ("Kropfkette") sowie Haarschmuck und Ohrringe.

Literatur

  • Oskar v. Zaborsky-Wahlstätten: Die Tracht des Berchtesgadener Landes in Wort und Bild. Wien, Hölzel, (1943). Aus der Reihe Berchtesgadener volkskundliche Schriften. Hg. von Rudolf Kriß.

Weblinks


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