Bergkaukasien

Bergkaukasien
Aserbaidschan mit dem früheren Autonomen Gebiet Bergkarabach (dunkelbraun) und den armenisch kontrollierten Gebieten (hellbraun).
Detailkarte von Bergkarabach
Orte in Bergkarabach

Bergkarabach (armenisch Լեռնային Ղարաբաղ/Lernajin Gharabagh, wissenschaftliche Transliteration Lernayin Łarabał; aserbaidschanisch Dağlıq Qarabağ oder Yuxarı Qarabağ, gebirgiger schwarzer Garten oder oberer schwarzer Garten) ist eine mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region im Südosten des Kleinen Kaukasus, welche zwischen Armenien und Aserbaidschan umstritten ist. Gebräuchlich ist außerdem die von der russischen Bezeichnung Нагорный Карабах abgeleitete Transkription „Nagorny Karabach“.

Als politischer Begriff wird Bergkarabach oft mit dem ehemaligen Autonomen Gebiet Bergkarabach innerhalb der früheren Aserbaidschanischen SSR gleichgesetzt (siehe Karte), das unter anderen nach Ansicht der Vereinten Nationen und des Europarates weiterhin Teil des Staatsgebietes Aserbaidschans ist. Gleichwohl ist das Gebiet seit knapp hundert Jahren zwischen Armeniern und Aserbaidschanern umstritten.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 entzündete sich ein militärischer Konflikt. Seit 1992 ist Bergkarabach zu einem großen Teil von Truppen der international nicht anerkannten Republik Bergkarabach kontrolliert, die sich am 2. September 1991 für unabhängig von Aserbaidschan erklärte und die dieses Gebiet beansprucht. Rund ein Drittel der Waffenstillstandslinie vom 12. Mai 1994 wird allerdings von Truppen der Republik Armenien gehalten.

Die heutige Einwohnerzahl liegt bei etwa 145 000, nach dem Exodus der Aserbaidschaner zum allergrößten Teil Armenier.

Inhaltsverzeichnis

Geographie und Begrifflichkeiten

Die Bezeichnung Karabach setzt sich aus ursprünglich persischen und türkischen Wortbestandteilen zusammen. In der aserbaidschanischen Sprache bedeutet "qara" schwarz und "bağ" der Garten, zusammen bedeuten sie in etwa soviel wie „schwarzer Garten“. In der Vergangenheit wurden die Grenzen der Siedlungsgebiete nie genau festgelegt und änderten sich über die Jahrhunderte auch. Allgemein kann man sagen, dass es das Gebiet ist, das ein Dreieck zwischen dem Sewansee, der Kura und dem Aras bildet. Das gebirgige Land Bergkarabach ist weitgehend identisch mit dem ehemaligen Autonomen Gebiet Bergkarabach innerhalb der früheren Aserbaidschanischen SSR. Jenes umfasste 4400 km². Hauptstadt war Stepanakert (in sowjetischer Zeit nach Stepan Schahumjan benannt und heutiger armenischer Name der Stadt) bzw. Xankəndi (aserbaidschanischer Name der Stadt). Historisch ist die Stadt auch unter der alten Umschrift „Chankendi“ bekannt.

Bergkarabach fällt nach Osten hin zur Kuraniederung ab, fast alle Flüsse fließen von Westen nach Osten, darunter der Worotan. Im Laufe der Jahrtausende sind dabei Canyons entstanden. Die jährliche Durchschnittstemperatur beträgt 11 Grad Celsius (zum Vergleich: Deutschland 8,4). Die Armenier nutzen für Bergkarabach vor allem die Bezeichnung Arzach (armenisch Արցախ', in wissenschaftlicher Transliteration Arc‘ax, in englischer Transkription Artsakh), die sich ursprünglich auf eine Provinz des antiken armenischen Königreiches bezog.

Geschichte

siehe auch Bergkarabachkonflikt

Über die ältere Siedlungsgeschichte der Region liegen nur wenige verlässliche Informationen vor. Nach armenischer Auffassung war Bergkarabach mindestens seit dem Mittelalter mehrheitlich armenisch besiedelt und dem christlich-armenischen Kulturkreis zugehörig. In Folge der arabischen Besetzung im 8. Jahrhundert stand Karabach unter der Kontrolle verschiedener vorwiegend islamischer Völker, z. B. Kurden, Araber, Lesgier, Perser und ins Niederkarabach zugewanderten Turk-Stämmen. Spätestens Anfang des 19. Jahrhunderts stellten die dem islamischen Kulturkreis zugehörigen Ethnien die Bevölkerungsmehrheit in der Region.

Das Kloster Gandzasar, welches 1240 fertig gestellt wurde.
Grenzen im Jahre 1882

Bis ins 18. Jahrhundert konnten sich lokale armenische Fürstentümer halten, die als Vasallenherrscher der Khane von Gäncä und Karabach regierten. 1805 unterstellte sich der Khan von Karabach dem Russischen Reich. 1813 trat Persien im Vertrag von Golestan Karabach und andere Khanate an Russland ab, wobei Karabach Teil des Gouvernements Elisawetpol wurde (siehe Karte). Nach dem Russisch-Persischen Krieg von 1827/28 siedelten viele Armenier aus dem persischen Herrschaftsgebiet nach Bergkarabach über. Die meisten Armenier in Bergkarabach sind deshalb Abkömmlinge dieser Zugewanderten, denn es gab damals weniger Armenier in Bergkarabach als heute. Für das bessere Verständnis des Konflikts ist wichtig, dass die Armenier sich mit dem nach Süden drängenden Russischen Reich verbündeten, weil sie eine christliche Schutzmacht bzw. Oberherrschaft wünschten, was Russland zupass kam, während sich die Muslime von den Russen unterdrückt fühlten.

Bergkarabach ab 1917

Nach der Oktoberrevolution von 1917 erhoben sowohl Armenier als auch Aserbaidschaner Anspruch auf Bergkarabach. Um das Gebiet kam es zu heftigen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Demokratischen Republik Armenien und der Demokratischen Republik Aserbaidschan, nachdem der gemeinsame Staatenbund zerfallen war. Nach den Kämpfen, bei denen es zu schlimmen Gräueltaten („Schuschi-Blutbäder“) gekommen war, wurden jedoch beide Staaten von der Sowjetunion annektiert. Das „Zentralkomitee der Sowjetrussischen Kommunistischen Partei“ entschied den Grenzkonflikt im Juli 1921 mit der Angliederung Bergkarabachs als sog. Autonomes Gebiet an die Aserbaidschanischen SSR (offiziell seit 1923). Lange blieb es still um Bergkarabach, bis es in den 60er Jahren erneut zu vereinzelten Unruhen kam. Die Armenier fühlten sich diskriminiert und waren besorgt, weil ihr Anteil an der Bevölkerung in Bergkarabach langsam, aber stetig abnahm (1926: 93,5 % 1989: 77 %).

Konflikt ab 1988

1988 eskalierte der Konflikt. Es gab Schießereien mit mehreren hundert Toten und Massendemonstrationen in Armenien und Aserbaidschan. Am 28. und 29. Februar kam es in der Stadt Sumqayıt, nördlich der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku auf der Halbinsel Abşeron, zu anti-armenischen Pogromen, bei denen Dutzende Armenier ums Leben kamen. In der Folge kam es zu beidseitigen Ausweisungswellen der jeweiligen Minderheit, die zu bewaffneten Auseinandersetzungen führten, die auch Truppen der sowjetischen Armee der schon sehr schwachen Zentralregierung in Moskau nicht zu beenden wussten.

Ab 1992 kam es nach dem Massaker von Xocalı und mit einer Offensive der karabachischen Armee zu verstärkter Gewaltanwendung von beiden Seiten, ab 1993 beteiligte sich auch Armenien mit eigenen Verbänden am Konflikt. Beim Waffenstillstand 1994 hatte Armenien und Bergkarabach einen Großteil des von Bergkarabach beanspruchten Gebiets und eine Pufferzone zu Aserbaidschan besetzt.

Nach 1994 gab es mehrere Vermittlungsversuche, die jedoch bisher scheiterten. 2008 sicherten beide Parteien in Moskau zu, den Konflikt ohne Gewalt zu lösen.

Literatur

  • Ferhat Avsar: Schwarzer Garten im Land des ewigen Feuers. Entstehungsgeschichte und Genese des Karabach-Konflikts'. Manzara Verlag, Darmstadt 2006, ISBN 3-939795-00-3
  • Emil Souleimanov: Der Konflikt um Berg-Karabach. In: OSZE-Jahrbuch. – 10 (2004), Bd. 10 (2004), S. 217–236
  • Haig E. Asenbauer: Zum Selbstbestimmungsrecht des armenischen Volkes von Berg-Karabach. Wilhelm Braumüller, Wien 1993. (Reihe Ethnos Bd. 41) ISBN 3-7003-0978-3
  • Johannes Rau: Der Nagorny-Karabach-Konflikt (1988–2002). Verlag Dr. Köster, Berlin 2003, ISBN 3-89574-510-3
  • Hravard Hakobian, Manfred Richter (Hrsg.): Armenisches Berg-Karabach/Arzach im Überlebenskampf: christliche Kunst, Kultur, Geschichte. Edition Hentrich, Berlin 1993, ISBN 3-89468-072-5

Siehe auch

Weblinks


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