- Europarat
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Europarat
MitgliedstaatenEnglische Bezeichnung Council of Europe Französische Bezeichnung Conseil de l’Europe Organisationsart regionale politische Kooperation Sitz der Organe Gründung Generalsekretär Thorbjørn Jagland Parlamentarische Versammlung Parlamentarische Versammlung des Europarates Mitgliedstaaten 47 Hymne Ode an die Freude (instrumental) Feiertag 5. Mai (Europatag) Der Europarat (englisch Council of Europe, französisch Conseil de l’Europe) ist eine am 5. Mai 1949 gegründete und heute 47 Staaten umfassende europäische internationale Organisation.
Er ist ein Forum für Debatten über allgemeine europäische Fragen. Seine Satzung sieht eine allgemeine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zur Förderung von wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt vor.
„Der Europarat hat die Aufgabe, einen engeren Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern zu verwirklichen.“
– Satzung des Europarates, Artikel 1[1]
Der Sitz des Europarats ist in Straßburg im Europapalast. Am 5. Mai wird alljährlich der Gründungstag des Europarates als Europatag gefeiert.
Der Europarat ist institutionell nicht mit der Europäischen Union verbunden, auch wenn beide die Europaflagge und die Europahymne verwenden. Der Europarat ist auch nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat (dem Organ der Staats- und Regierungschefs) und dem Rat der Europäischen Union (Ministerrat).
EU und Europarat unterzeichneten im Mai 2007 als politische Absichtserklärung ein Memorandum of Understanding (MoU).[2]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Europarat erhielt am 5. Mai 1949 von Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und dem Vereinigten Königreich im Londoner Zehnmächtepakt sein formales Statut. Er ist damit die älteste originär politische Organisation Europas.[3] Gegründet wurde er von der European Conference on Federation auf Betreiben des American Committee for a United Europe. Bereits 1946 hatte sich der britische Oppositionsführer Winston Churchill für eine Art „Vereinigte Staaten von Europa“ ausgesprochen.
Neben der wirtschaftlichen OEEC und der militärischen Kooperation in der NATO nahm mit dem Europarat die politische Einigung des Kontinents konkrete Formen an.
Die Bundesrepublik Deutschland trat dem Gremium am 2. Mai 1951 bei[4], Österreich erlangte 1956, die Schweiz 1963 die Mitgliedschaft. Bis auf drei Ausnahmen gehören mittlerweile alle europäischen Staaten dem Europarat an. Der Heilige Stuhl besitzt lediglich einen Beobachterstatus im Ministerkomitee. Weißrussland ist seit 1993 Beitrittskandidat. Eine Aufnahme des Kosovo ist erst möglich, wenn sein Status völkerrechtlich geklärt ist.
Zielsetzung
Der Europarat ist ein Forum für Debatten über allgemeine europäische Fragen. In seinem Rahmen werden zwischenstaatliche, völkerrechtlich verbindliche Abkommen (Europarats-Konventionen, etwa die Europäische Menschenrechtskonvention) mit dem Ziel abgeschlossen, das gemeinsame Erbe zu bewahren und wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern.
Seit 1993 widmet sich der Europarat verstärkt der Wahrung der demokratischen Sicherheit. Dazu zählt insbesondere:
- der Einsatz für die Menschenrechte
- die Sicherung demokratischer Grundsätze sowie
- rechtsstaatliche Grundprinzipien
- Bekämpfung des Terrorismus mit dem Expertenkomitee des Europarates zur Terrorismusbekämpfung
- Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts
- Förderung der kulturellen Zusammenarbeit (z.B. durch Setzung des rechtlichen Rahmens für die Anerkennung von Hochschulstudien und -diplomen seit mehr als 50 Jahren, dem rechtlichen Schutz von kulturellen Minderheiten sowie die Schaffung politischer Leitlinien des interkulturellen Dialoges) - ein Gebiet, auf dem die EU keine eigene Kompetenzen hat und deswegen mit dem Europarat kooperieren soll gemäß Artikel 165 (3) und 167 (3) des AEU-Vertrags (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union).
Europaratsabkommen
Die EMRK von 1950 stellt den wichtigsten multilateralen Vertrag im Rahmen des Europarates dar; hinzu kommen bislang 14 Protokolle zur EMRK. [5] Insgesamt hat sich der Europarat "einzelnen konkreten Maßnahmen zugewandt, in denen die EGen/EU keine Aktivitäten entfalten".
Weitere Europaratsabkommen:[6]
- Europäisches Niederlassungsabkommen von 1955[7]
- Europäisches Fürsorgeabkommen von 1953[8]
- Europäisches Übereinkommen über die friedliche Beilegung von Streitigkeiten von 1957[9]
- Europäische Sozialcharta von 1961[10]
- Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit von 1964[11]
- Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität von 1972[12]
- Europäisches Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe von 1987[13]
- Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen von 1992[14]
- Rahmenübereinkommen zum Schutz von Minderheiten von 1995[15]
Jüngere Europaratsabkommen:
- Datenschutzkonvention von 1981[16]
- Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin von 1997,[17], mit 4 Zusatzprotokollen
- Europäische Anti-Doping-Konvention von 1989[18]
- Europäische Konvention zur Staatsangehörigkeit von 1997[19]
Organe
Organisatorisch folgt der Europarat weitgehend dem üblichen Strukturmuster internationaler Organisationen, jedoch mit dem bemerkenswerten Zusatz eines parlamentarischen Organs.
Ministerkomitee und Parlamentarische Versammlung
Die zwei statutären Organe des Europarats sind nach Art. 10 EuRatS:
- das Ministerkomitee, in welchem die Mitgliedstaaten durch ihre Außenminister bzw. deren Ständige Vertreter im Range eines Botschafters vertreten werden, sowie
- die Parlamentarische Versammlung des Europarates, in welche die Parlamente der Mitgliedstaaten Vertreter entsenden. Präsident der Parlamentarischen Versammlung ist seit Januar 2010 Mevlüt Çavuşoğlu.
Der Europarat wird politisch durch den Vorsitzenden des Ministerkomitees und den Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung vertreten.
Weitere Organe
Der Kongress der Gemeinden und Regionen bildet neben der parlamentarischen Versammlung und dem Ministerkomitee die dritte Säule des Europarates und ist beratendes Organ.
Der Europarat hat ebenfalls die Position des Menschenrechtskommissars eingerichtet. Dieser wird von der Parlamentarischen Versammlung gewählt und erstellt Berichte über relevante Themen oder die Menschenrechtssituation in einzelnen Ländern.
Ein wichtiger Teil des Europarats ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der über die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention wacht. Nahezu die Hälfte des Sekretariats des Europarats arbeitet für den Gerichtshof in Straßburg.
Daneben gibt es eine Anzahl von Teilabkommen des Europarats, zu denen die Europäische Pharmakopeoia, das Teilabkommen im Sport, die Filmförderungsstelle Eurimages, das europäische Zentrum für moderne Sprachen in Graz und das Nord-Süd-Zentrum in Lissabon zählen.
Das Direktorat für Jugend und Sport des Europarates verfügt über ein Co-Management-System. Dieses Co-Management-System ermöglicht Jugendvertretern aus Europäischen Jugendorganisationen die direkte und gleichberechtigte Teilhabe an Entscheidungen der Mitgliedstaaten des Europarates im Bereich Jugend und Sport.
Generalsekretäre des Europarates
Die Organe des Europarats werden unterstützt von einem permanenten Sekretariat, das vom Generalsekretär des Europarates geleitet wird. Dieser wird von der Parlamentarischen Versammlung für fünf Jahre gewählt. Am 1. Oktober 2009 hat der Norweger Thorbjørn Jagland dieses Amt übernommen. Seit dem 1. September 2002 ist die Niederländerin Maud de Boer-Buquicchio die Stellvertretende Generalsekretärin.
Name Zeitraum Land Jaques Camille Paris 1949–1953 Frankreich Léon Marchal 1953–1956 Frankreich Ludovico Benvenuti 1957–1964 Italien Peter Smithers 1964–1969 Vereinigtes Königreich Lujo Tončić-Sorinj 1969–1974 Österreich Georg Kahn-Ackermann 1974–1979 Deutschland Franz Karasek 1979–1984 Österreich Marcelino Oreja Aguirre 1984–1989 Spanien Catherine Lalumière 1989–1994 Frankreich Daniel Tarschys 1994–1999 Schweden Walter Schwimmer 1999–2004 Österreich Terry Davis 2004–2009 Vereinigtes Königreich Thorbjørn Jagland seit 2009 Norwegen Mitglieder
Gründungsmitglieder des Europarats im Jahre 1949 Belgien Irland Niederlande Dänemark Italien Norwegen Frankreich Luxemburg Schweden Vereinigtes Königreich Weitere Mitglieder des Europarats (mit Jahr des Beitritts) 1949 Türkei 1990 Ungarn 1995 Moldawien Griechenland¹ 1991 Polen Ukraine 1950 Deutschland 1992 Bulgarien 1996 Kroatien 1950 Island 1993 Estland Russland 1956 Österreich Litauen 1999 Georgien 1961 Zypern Rumänien 2001 Armenien 1963 Schweiz Slowakei² Aserbaidschan 1965 Malta Slowenien 2002 Bosnien und Herzegowina 1976 Portugal Tschechien² 1977 Spanien 1994 Andorra 2003 Serbien³ 1978 Liechtenstein 1995 Albanien 2004 Monaco 1988 San Marino Lettland 2007 Montenegro 1989 Finnland Mazedonien ¹ suspendiert von 1967 bis 1974
² die Mitgliedschaft der Tschechoslowakei ab 1991 wurde auf die Nachfolgestaaten nicht übertragen
³ als Nachfolger von Serbien und Montenegro- Gründungsmitglieder
- weitere Mitglieder
- Beitrittskandidaten
- Beobachterstatus in der parlamentarischen Versammlung
- Beobachterstatus im Ministerkomitee
Beitrittskandidaten Beobachterstatus in der parlamentarischen Versammlung Beobachterstatus im Ministerkomitee 1993 Weißrussland 1957 Israel 1970 Heiliger Stuhl 1997 Kanada 1996 Japan 1999 Mexiko Kanada Vereinigte Staaten 1999 Mexiko Reformbedarf
Der seit dem 1. Oktober 2009 amtierende Generalsekretär Thorbjørn Jagland kündigte eine Reform des Europarats an. Durch die Reform sollte eine stärkere Ausrichtung des Europarats auf seine Kernaufgaben Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat sowie eine bessere Nutzung von Synergien mit anderen internationalen Akteuren, insbesondere mit der EU und der OSZE, bewirkt werden. Es sollte sich um einen auf Jahre angelegten Erneuerungsprozess handeln, mit einer Strukturreform des Sekretariats des Europarates und einer Effizienzsteigerung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.[20]
Aufgrund von andauernder Budgetknappheit sieht der Europarat ab 2011 drastische Einschnitte in seinen Tätigkeiten vor. Geplant sind Personalreduzierungen in Straßburg, die Streichung mehrerer Projekte sowie die Schließung einer Anzahl von Auslandsrepräsentationen.[21]
Finanzierung
Der Europarat "finanziert sich klassisch-völkerrechtlich durch Beiträge der Mitgliedstaaten entsprechend ihrer jeweiligen Bevölkerungszahl (Art. 38 EuRatS) und des Bruttosozialprodukts".[22]
Siehe auch
Weitere Organe:
- Committee of Legal Advisers on Public International Law, Komitee von Rechtsberatern für Völkerrecht
Verträge:
- Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung
- Kategorie:Konvention des Europarats
Fonds, Preise und Veranstaltungen:
- Ausstellung des Europarates
- Eurimages, Filmförderungsfond
- Filmpreis des Europarates (FACE Award)
Andere internationale Organisationen:
- Kategorie:Zwischenstaatliche Kooperation in Europa
Literatur
- Horst Keller: Werte statt Grenzen. Der Europarat – Wegbereiter und Vordenker. NDV Neue Darmstädter Verlagsanstalt, Rheinbreitbach 1999, ISBN 3-87576-419-6.
- Uwe Holtz (Hrsg.): 50 Jahre Europarat. Nomos, Baden-Baden 2000, ISBN 3-7890-6423-8.
- Frank Niess: Die europäische Idee – Aus dem Geist des Widerstands. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-518-12160-X.
Einzelnachweise
- ↑ Europarat – in Kürze
- ↑ Memorandum of understanding
- ↑ Frank Niess: Die europäische Idee – Aus dem Geist des Widerstands. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, S. 230: „erste europäische Institution“.
- ↑ Gregor Schöllgen: Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. 3 ed., München 2004. S. 25.
- ↑ Oppermann, Classen, Nettesheim: Europarecht. 4. Auflage. München 1999, S. 26, Rn. 9
- ↑ zitiert nach Herdegen: Europarecht. 13. Auflage. München 2011, S. 9f., Rn. 6f.
- ↑ BGBl. 1959 II, S. 997
- ↑ BGBl. 1956 II S. 564
- ↑ BGBl. 1961 II, S. 81
- ↑ BGbL. 1964 II, S. 1261
- ↑ BGBl. 1970 II S. 909
- ↑ BGBl. 1990 II, S. 34
- ↑ BGBl. 1989 II, S. 946
- ↑ BGBl. 1998 II, S. 1314
- ↑ BGBl. 1997 II, S. 1048
- ↑ BGBl. 1985 II 539
- ↑ ILM 36 [1997], S. 817
- ↑ BGBl. 1994 II S. 335
- ↑ ILM 37 [1998] S. 44
- ↑ Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarates im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2009, Unterrichtung durch die Bundesregierung, Drucksache 17/1496, Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode 21. April 2010, S. 2
- ↑ Conseil de l’Europe – Réduction drastique des activités à Strasbourg, L'Alsace, 19. Juni 2010
- ↑ Oppermann, Classen, Nettesheim: Europarecht. 4. Auflage. 1999, S. 24, Rn. 6
Weblinks
Commons: Europarat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Die Satzung des Europarates – London, 5.V.1949 amtliche Übersetzung Deutschlands
- Offizielle Website des Europarats
- Europarat – in Kürze
- Vollständige Liste der Verträge des Europarates
Beispiel für konkrete Tätigkeit des Europarates
- Committee on Legal Affairs and Human Rights: Alleged secret detentions in Council of Europe member states – Information Memorandum II (Bericht von Dick Marty an den Europarat betreffs der CIA-Geheimgefängnisse und -Verschleppungen in Europa; vgl. [1])
- USA spannen heimliches Netz aus Inhaftierungen und Gefangenentransporten, Mitgliedstaaten des Europarates waren beteiligt. Entschließungsentwurf des Rechts-Ausschusses der Parlamentarischen Versammlung des Europarates auf Grundlage des Berichts von Dick Marty
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