Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaft für Synchrotronstrahlung

Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaft für Synchrotronstrahlung
BESSY II

Die Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaft für Synchrotronstrahlung m.b.H. (BESSY) war der Name und die Rechtsform einer Forschungseinrichtung in Berlin, die durch Bereitstellung von Synchrotronstrahlung Dienstleistungen für Wissenschaft und die Industrie erbrachte. Die Betreibergesellschaft wurde am 5. März 1979 zur Errichtung und Betrieb einer Elektronenspeicherringanlage gegründet. Am 11. November 2009 ging die BESSY GmbH in dem Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB), dem vormaligen Hahn-Meitner-Institut auf. Die BESSY GmbH schied dadurch aus der Leibniz-Gemeinschaft aus, das HZB gehört zur Helmholtz-Gemeinschaft. Das Großgerät BESSY II wurde neben dem Forschungsreaktor BER II eines der beiden Großgeräte des HZB.

Der Kurzname BESSY ist besser bekannt als Eigenname des jeweils von der Gesellschaft errichteten und betriebenen Elektronenspeicherrings, gegenwärtig das BESSY II in Berlin-Adlershof.

Inhaltsverzeichnis

BESSY I

Die 130 Millionen D-Mark (umgerechnet 66,5 Millionen Euro) teure Anlage BESSY I nahm am 19. Dezember 1981 ihren Betrieb am Breitenbachplatz in Berlin-Wilmersdorf auf. BESSY I hatte weitreichenden wissenschaftlichen Erfolg im Rahmen der Bereitstellung von Vakuum-Ultravioletter (VUV) und weicher Röntgenstrahlung (XUV). Die Anlage wurde 1999 aus Kostengründen zu Gunsten von BESSY II abgeschaltet. Große Teile der Anlage wurden 2001 abgebaut und als Teil eines UNESCO-Projektes nach Jordanien gebracht, wo diese im Rahmen des SESAME-Projekts wieder Verwendung finden sollen.

In BESSY I wurden Elektronen mit einer kinetischen Energie zwischen 200 und 800 Megaelektronenvolt gespeichert. Es hatte einen Umfang von rund 60 Metern. Mit Hilfe von BESSY I wurden unter anderem die Spektrometer der Sonnensonde Soho und die Detektoren des Weltraumteleskops Chandra vermessen.

BESSY II

Der Erfolg von BESSY I führte zu einer steigenden Nachfrage nach Synchrotronstrahlung, so dass der Beschluss für einen verbesserten Nachfolger, einer Hochbrillanzstrahlungsquelle, gefasst wurde.

Am 4. Juli 1994 wurde mit dem Bau von BESSY II in Berlin-Adlershof begonnen und es wurde am 4. September 1998 eingeweiht. Es bildet ein Kernelement des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Adlershof (WISTA). Das 200 Millionen D-Mark (umgerechnet 102 Millionen Euro) teure Projekt besteht aus einem Synchrotron mit einem Umfang von 96 Metern sowie dem eigentlichen Elektronenspeicherring mit einem Umfang von 240 Metern und einer Experimentierhalle. Heute werden von BESSY II an 5000 Stunden im Jahr Bedingungen für Experimente angeboten.

Es werden Elektronen auf eine Energie von maximal 1,7 GeV beschleunigt und in den Speicherring injiziert. Sowohl an Ablenkmagneten wie auch an Undulatoren werden Lichtpulse erzeugt. Je nach Art der Ablenkung (Undulator, Wiggler oder Dipol) können Photonenenergien bis etwa 15 keV erreicht werden.[1] Das theoretische Maximum von 1,7 GeV würde man nur dann erreichen, wenn man die auf ebendiese Energie beschleunigten Elektronen auf ein Target richtet und abbremst; die Bremsstrahlung hätte dann die erwarteteten 1,7 GeV (vgl. mit der Funktionsweise einer Röntgenröhre und das Duane-Hunt-Gesetz). Die Anlage verbraucht im Normalbetrieb 2,7 MW elektrische Leistung.

Die PTB unterhält am BESSY mehrere Beamlines, an welchen sowohl undulator- als auch dipolbasierte Synchrotronstrahlung erzeugt wird und unter anderem zur Photonen-Metrologie Verwendung finden. Da die PTB mit Hilfe des BESSY vielfach Kalibrierungen von Lichtquellen und Detektoren verschiedenster Art vornimmt, ist das BESSY II in diesem Zusammenhang das europäische Strahlungsnormal.[2] Als Beispiel kann hier der SUMER und CDS des SOHO-Satelliten zur Erforschung der Sonne genannt werden.

Am 24. September 2004 wurde damit begonnen, in direkter Nachbarschaft die Metrology Light Source (MLS), auch bekannt als Willy-Wien-Laboratorium, ein Projekt der PTB, zu bauen. Diese ist im Frühjahr 2008 in Betrieb gegangen und wird unter anderem ähnliche Aufgaben wie BESSY I übernehmen. Das MLS hat einen Umfang von 48 Metern.

Die Forschung bei BESSY stand immer in freundschaftlicher Kooperation mit ähnlichen Projekten, insbesondere dem DESY in Hamburg. Elektronenspeicherringe sind ein sehr kostspieliges Unterfangen und können nur durch nachhaltige Unterstützung öffentlicher Träger realisiert werden.

Es gibt verschiedene Modi, in denen BESSY betrieben wird. Diese unterscheiden sich im zeitlichen Abstand der Elektronenpakete:

  • Multibunch: Dies ist der Betriebsmodus, der meist verwendet wird. Hier befinden sich etwa 350 gleich gefüllte Elektronenpakete im Ring mit einem zeitlichen Abstand von 2 ns zueinander. Zwischen den Paketen wird eine Lücke von etwa 100 ns gelassen, in der sich nur ein einzelnes, aber stärker gefülltes Elektronenpaket befindet (zusammen „Hybridfüllung“). Es wird normalerweis alle acht Stunden injiziert, gelegentlich werden die Injekionszeiten aber verschoben um bestimmten Usern längere kontinuierliche Messzeiten, von zum Beispiel 10 Stunden, zu ermöglichen.
  • Singlebunch: Dieser Betrieb wird zwei Wochen im Halbjahr angeboten. Hier befindet sich nur ein einzelnes Elektronenpaket im Ring. Dieser Betrieb eignet sich für zeitaufgelöste Experimente, da hier der zeitliche Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Lichtpulsen 800 ns beträgt, so dass sich diese gut voneinander unterscheiden lassen.
  • Low-Alpha: Im Low-Alpha-Modus (sowohl Singlebunch, wie auch Multibunch) sind die Elektronenpakete räumlich stark konzentriert (bei geringerer Füllung), so dass zeitlich kurze Lichtpulse erzeugt werden. Weiterhin ist in diesem Modus die abgestrahlte Intensität im Terahertz-Bereich sehr viel größer.

Experimente am BESSY II

BESSY-FEL

Ab Juli 2000 war der Bau eines Freie-Elektronen-Laser (FEL) in Planung. Der etwa 400 m lange Linearbeschleuniger sollte direkt neben dem Synchrotron BESSY II am Ernst-Ruska-Ufer gebaut werden. Er sollte, genauso wie der Ringbeschleuniger, Lichtpulse im Ultravioletten bis weichen Röntgenbereich erzeugen. Diese würden jedoch von höherer Intensität bei sehr viel kürzerer Dauer sein. Ein geplantes Anwendungsgebiet ist beispielsweise die Untersuchung von chemischen Reaktionen, wobei durch den Stroboskopeffekt Momentaufnahmen der komplexen Abläufe gemacht werden können.

Im Mai 2006 hat der Wissenschaftsrat den Bau des BESSY-FEL empfohlen. Von 2007 bis 2010 sollte zunächst eine zweistufige Anlage gebaut und getestet werden, welche dann ab 2010 zu dem vierstufigen BESSY-FEL ausgebaut werden sollte.

Im Herbst 2008 wurde entschieden, den FEL nicht bei BESSY II zu errichten, sondern als Erweiterung zum FLASH beim DESY in Hamburg. Bei BESSY II soll hingegen die Erforschung eines Linearbeschleunigers mit Energierückgewinnung (ERL) erfolgen.

Weblinks

52.42777777777813.5325

Quellen

  1. http://hdl.handle.net/10068/261096 "The BESSY electron storage ring as a standard radiation source for X-radiation and the determination of photon emission probabilities of radionuclides."
  2. [http://www.helmholtz-berlin.de/zentrum/grossgeraete/index_de.html BESSY II als europäisches Strahlungsnormal

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