Blendung (Strafe)

Blendung (Strafe)
Die Blendung Simsons. Rembrandt van Rijn, 1636, Öl auf Leinwand, Städel Frankfurt

Der Begriff Blendung bezeichnet eine Form der Bestrafung, die zur dauerhaften Erblindung führt.

Die Blendung war bereits im Altertum bekannt und besonders im Orient verbreitet; sie galt römischen Autoren in der Spätantike dann als geradezu typisch für das persische Sassanidenreich. Dort beherrschte man offenbar die Technik, den Verurteilten zu blenden, ohne seinen Tod zu riskieren. In dieser Form scheint sie nach 600 n. Chr. über Byzanz auch Italien und Gallien erreicht zu haben.

Auch die Blendung von Sklaven ist früh belegt. Bereits Salmanassar I. berichtet im 14. Jahrhundert v. Chr. in seiner Inschrift vom Aššurtempel in Aššur, er habe 14.400 Gefangene aus Mitanni nach Assur gebracht und geblendet. Solche blinden Sklaven wurden wohl für einfache mechanische Arbeiten, wie Getreide mahlen oder Melken, eingesetzt. So wird in der Bibel auch von Samson (Simson) berichtet: „Da ergriffen ihn die Philister und stachen ihm die Augen aus, führten ihn hinab nach Gaza und legten ihn in Ketten; und er musste die Mühle drehen im Gefängnis.“ (Ri 16,21 LUT) (Wahrscheinlicher ist allerdings die Bedienung eines Sattelmahlsteins.) Die Skythen setzten im 5. Jahrhundert v. Chr. laut Herodot geblendete Sklaven zum Melken und in der Milchverarbeitung ein.[1]

Im Frühmittelalter existierte in Westeuropa eine Foltermethode mit diesem Namen. Hierbei wurde dem Delinquenten ein rotglühendes Stück Eisen direkt vor die Augen gehalten. Die Wärmestrahlung zerstörte die Netzhaut und erhitzte die Augenflüssigkeit, was zu einem sehr schmerzhaften Erblinden führte, ohne äußerlich sichtbaren Schaden zu hinterlassen.

Im byzantinischen Reich war Blendung seit dem 7. Jahrhundert eine gängige Maßnahme, um ehemalige Kaiser bzw. Bewerber um den Kaiserthron auszuschalten. Wie zuvor bereits bei den Sassaniden entstand diese Praxis, die vereinzelt auch auf Päpste angewandt wurde, aus dem Konflikt zwischen der faktischen Erblichkeit bestimmter Würden und der Scheu davor, Mitglieder der Herrscherfamilie zu töten. Oft erfolgte neben oder statt der Blendung auch ein Abschneiden der Nase. Bisweilen wurde die Blendung jedoch so brutal durchgeführt, dass das Opfer daran starb, wie etwa Kaiser Romanos IV. Diogenes. Ihm wurde dreimal ein glühendes Eisen in die Augenhöhle gestoßen, die Wunde entzündete sich, und Michael Attaliates berichtet, wie ihm in der Folge Maden vom Gesicht fielen, bevor er starb. Auch Schein-Blendungen sind überliefert, wie im Falle des fränkischen Söldners Roussel Phrangopolos. Weitere geblendete Prätendenten:

Die Sitte wurde auch in anderen Staaten im byzantinischen Einflussbereich übernommen, so in Kleinarmenien, Ungarn und von den sizilianischen Normannen.

Negative Berühmtheit erlangte der byzantinische Kaiser Basileios II., der 1014 nach seinem Sieg über Zar Samuel in der Schlacht von Kleidion rund 14.000 bulgarische Gefangene blenden ließ. Danach wurde Basileios Bulgaroktónos (Bulgarentöter, -schlächter) genannt.

Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit war Blendung durch Ausstechen der Augen eine häufig angewandte Form landesherrlicher Bestrafung, insbesondere nach dem Bauernkrieg von 1525. So ließ beispielsweise Markgraf Kasimir von Brandenburg-Kulmbach nach der Niederlage der fränkischen Bauern am 9. Juni 1525 60 Männer der Stadt Kitzingen, die sich an dem Aufstand beteiligt hatten, blenden und aus der Stadt jagen. Diese Tat wurde schon von Zeitgenossen als Ungeheuerlichkeit empfunden[2] und gilt als eine der schauerlichsten Bluttaten des gesamten Bauernkrieges.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Samuel I. Feigin: The captives in cuneiform inscriptions. In: The American Journal of Semitic Languages and Literatures 50/4, 1934, S. 217–245.
  • Timothy Taylor: Believing the ancients: quantitative and qualitative dimensions of slavery and the slave trade in later prehistoric Eurasia. In: World archaeology 33/1, 2001, S. 27–43.
  • John Lascaratos, S. Marketos: The penalty of blinding during Byzantine times, medical remarks. In: Documenta Ophthalmologica 81, 1992, S. 133–144.

Einzelnachweise

  1. Herodot, Historien 4,2; vgl. auch Timothy Taylor: Believing the Ancients: Quantitative and Qualitative Dimensions of Slavery and the Slave Trade in Later Prehistoric Eurasia. In: World Archaeology 33/1, 2001, S. 27–43.
  2. Peter Blickle: Gemeindereformation: die Menschen des 16. Jahrhunderts auf dem Weg zum Heil (1987), S. 82 in der Google Buchsuche
  3. Kirchberg an der Jagst – Schicksal einer hohenlohe-fränkischen Stadt, Band I (1936)

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