Samson

Samson
Die Richter Israels
Buch der Richter

1. Buch Samuel

Samsonfigur in der Martinikirche in Halberstadt

Samson oder Schimschon (hebräisch ‏שמשון Šimšon, Šimšôn‎ „von der Sonne“; auch „Diener Gottes“, oder diminutiv „Kleine Sonne“ bzw. „Sönnchen“)[1] war der drittletzte Richter im Alten Israel vor der Königszeit. Sein Leben wird im Alten Testament der Bibel im Buch der Richter in den Kapiteln 13–16 geschildert. Als einem Auserwählten Gottes (Nasiräer) durfte u. a. sein Haar nie geschnitten werden. In diesem lag das Geheimnis seiner unbezwingbaren Stärke, die sich in außergewöhnlich zerstörerischen und schließlich selbstzerstörerischen Wutausbrüchen äußern sollte (Ri 13,1-16,31 EU).

Inhaltsverzeichnis

Schreibweisen

Deutsche Bibelübersetzungen übersetzen zumeist Simson. Englischsprachige und andere ausländische Bibelübersetzungen verwenden dagegen meistens Samson. Sie richten sich damit nach der Aussprachetradition der griechischen Überlieferung, der Septuaginta.

Die Erzählung

Samson lebte zu einer Zeit, als die Israeliten durch die Philister unterdrückt wurden, weil sie „taten (…) was dem Herrn missfiel“ (Ri 13,1 EU). Der Engel des Herrn weissagte der Frau des Israeliten Manoach vom Stamm Dan in Zora, die unfruchtbar war, die Geburt eines Sohnes. In Übereinstimmung mit den Geboten der Nasiräer enthielt sie sich des Weines und anderer starker Getränke; die Haare ihres verheißenen Kindes sollten niemals geschoren werden. Samson wurde gemäß den Bestimmungen des Nasiräertums erzogen.

Als er zum Jüngling herangewachsen war, verließ er die heimatlichen Berge und besuchte die Städte der Philister. Dort verliebte sich Samson in die Tochter eines Philisters aus Timna. Er überwand die Einwände seiner Eltern und durfte die Frau heiraten. Auf dem Weg zur Brautwerbung nach Timna entfernt sich Samson von der Begleitung seiner Eltern. Er begegnet einem Löwen: „Da kam der Geist des Herrn über Simson, und Simson zerriss den Löwen mit bloßen Händen, als würde er ein Böckchen zerreißen“ (Ri 14,6 EU). Auf der Reise zur Hochzeit findet er im Kadaver einen Bienenstock; er nimmt vom Honig und teilt ihn mit seinen Eltern, ohne dessen Herkunft zu verraten.

Beim siebentägigen Festmahl kam es zu einem Rätselwettstreit zwischen Samson und den dreißig philistinischen Brautbegleitern um einen wertvollen Preis in Form von dreißig Festkleidern und -hemden. Samsons Rätsel allegorisiert das Geheimnis seines Löwenkampfes: „Vom Fresser kommt Speise, vom Starken kommt Süßes“ (Ri 14,14 EU). Drei Tage lang vermochten die anwesenden Philister das Rätsel nicht zu lösen; schließlich bedrohten sie Samsons Braut mit dem Tode, damit sie die Antwort herausfände. Nach ihrem dringlichen und tränenreichen Nachforschen verriet er ihr das Geheimnis, das sie wiederum ihren Stammesgenossen verriet: „Und am siebten Tag sagten die Männer der Stadt zu ihm, bevor die Sonne unterging: Was ist süßer als Honig, und was ist stärker als ein Löwe? Er aber erwiderte ihnen: Hättet ihr nicht mit meiner Kuh gepflügt, dann hättet ihr mein Rätsel nicht erraten'“ (Ri 14,18 EU). Da sich Samson nicht in der Lage sah, die von ihm versprochenen Festkleider einzulösen, ging er ins nahe gelegene Askalon und erschlug dort dreißig Männer und raubte deren Festkleider.

Delila schert Simson die Haare (Kupferstich)

Später nach Timna zurückgekehrt, fand Samson seine Frau von ihrem Vater, einem Brauch gemäß, mit dem Bräutigamführer verheiratet. Ihr Vater verbot ihm, sie zu sehen und schlug Samson stattdessen vor, er möge ihre Schwester heiraten. Samson geriet dadurch in Zorn und trieb eine Horde in Panik versetzter Füchse, deren Schweife in Brand gesteckt waren, durch die Felder der Philister und brannte diese so nieder. Als die Philister erkannten, dass die Ursache dieser Zerstörung in der Wegnahme von Samsons Frau durch deren Vater lag, brannten sie dessen Haus samt Bewohnern nieder. Samson zog sich nach einer Auseinandersetzung mit den Philistern in den Schutz der Felskluft von Etam zurück.

Motiv auf dem Chorgestühl in Montbenoît

Eine Philisterarmee brach auf und verlangte von Judas Bewohnern die Herausgabe Samsons. Daraufhin holten 3000 Männer von Juda Samson, den sie mit dessen Zustimmung mit zwei neuen Stricken banden und auslieferten. Bei der Übergabe zerriss er aber die Seile und erschlug mit einem Eselskinnbacken sodann 1000 Philister. Anschließend war Samson zwanzig Jahre lang Israels Richter.

Das Buch der Richter beschreibt in Kapitel 16 das schicksalhafte Ende des Samson. Er begab sich nach Gaza und verliebte sich in Delila am Bach von Sorek. Die Philister drängten Delila, das Geheimnis der Stärke Samsons herauszufinden. Schließlich erfuhr sie, dass diese in seinem Haar gründete, und sie verriet ihn. Samson wurden seine Haare abgeschoren und daraufhin wurde er durch die Philister gefangengenommen, geblendet und als Blinder zum Mahlen von Getreide eingesetzt, eigentlich eine typische Arbeit weiblicher Sklavinnen, die als besonders entehrend galt (vgl. Jes 47,2 EU).

Als sich einmal 3000 Philister in ihrer großen Halle versammelten, ließen sie Samson holen, um sich an dem hilflosen Gefangenen zu belustigen. Samsons Ende wird in der Bibel[2] wie folgt beschrieben:

27 Das Haus aber war voller Männer und Frauen. Es waren auch alle Fürsten der Philister da und auf dem Dach waren etwa dreitausend Männer und Frauen, die zusahen, wie Simson seine Späße trieb. 28 Simson aber rief den Herrn an und sprach: Herr Herr, denke an mich und gib mir Kraft, Gott, noch dies eine Mal, damit ich mich für meine beiden Augen einmal räche an den Philistern. 29 Und er umfasste die zwei Mittelsäulen, auf denen das Haus ruhte, die eine mit seiner rechten und die andere mit seiner linken Hand, und stemmte sich gegen sie 30 und sprach: Ich will sterben mit den Philistern! Und er neigte sich mit aller Kraft. Da fiel das Haus auf die Fürsten und auf alles Volk, das darin war, sodass es mehr Tote waren, die er durch seinen Tod tötete, als die er zu seinen Lebzeiten getötet hatte.“

– (Ri 16,27ff LUT)

Rezeption, Deutung und Wertung des Samsonmythos

Samson gilt als zwiespältige Gestalt, die in der jüdischen und christlichen Theologie von verschiedenen Autoren sehr unterschiedlich beurteilt worden ist. Manche heben eher seine großen Taten, manche eher seine Sünden hervor. Im Brief an die Hebräer 11,32–34 EU wird er in einem Zug mit großen Glaubensmännern wie David, Samuel und den Propheten genannt.

Hinweise auf ältere Vorbilder aus dem altorientalischen Kulturraum existieren, beispielsweise zeigen „[…] Rollsiegelbilder[n] des 3. Jahrtausends einen Helden mit Löwenhaut, Bogen und Keule, der Ungeheuer überwindet, Löwen, Drachen, Raubvogel; man identifiziert ihn entweder als Ninurta oder Ningirsu, Sohn des Sturmgottes Enlil“.[3] Parallelen zu anderen mythischen Heroen wie Ödipus, Herakles und Achilles, aber auch zum Drachentöter Siegfried der nordischen Mythologie tun sich auf.

Der Löwenkampf im Siegel der ehemaligen Universität Helmstedt

Der Kampf Samsons mit dem Löwen ist in der frühchristlichen und mittelalterlichen Kunst ein beliebtes Bild für Christus, der den Tod in der Gestalt des Löwen besiegt, und zugleich eine Allegorie des Starkmutes (Stärke). Die ehemalige Universität Helmstedt zeigt in ihrem Wappen diesen Kampf.

Die von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung beeinflusste Psychologie sieht in Samson Aspekte des Narzissmus, ja sogar des Wahnsinns und unterstellt auch teilweise einen (negativen) Mutterkomplex. Der Jung-Schüler Erich Neumann typisiert ihn im Rahmen einer Ursprungsgeschichte des Bewußtseins als scheiternden „Freiheits-Sonnenhelden“: „Der JHWH geweihte Schimschon verfällt mit seiner Triebhaftigkeit der Dalila-Astarte: Sein Schicksal erfüllt sich darauf, es heißt: Haarabscherung, Blendung und Verlust der JHWHkraft“.[4] Dies entspricht der „oberen Kastration“ als Verlust der geistigen Männlichkeit des sich in der Auseinandersetzung mit der Großen Mutter (Dalila-Astarte) entwickelnden männlichen Prinzips. Samsons Schicksal entspricht der archetypischen Entwicklung des Heros auf der Stufe der „Muttertötung“, dem „Kampf mit dem Drachen“.[5] Sein Selbstopfer kündigt den Sieg des patriarchalen JHWH-Prinzips an.

Der Germanist Bernhard Greiner rekonstruiert die Samson-Rezeption als „Urszene interkulturellen Konflikts“ und Modell jüdischen Schicksals in der Literatur des 20. Jahrhunderts insbesondere im Werk Elias Canettis.[6]

In dieser Tradition steht auch David Grossmans Löwenhonig: Grossman deutet Samson nicht zuletzt als Prototyp eines Selbstmordattentäters.

Samsonfiguren in der heutigen Zeit

Der Riese Samson aus Unternberg im Lungau

Im inneralpinen Raum gibt es zwölf Samsonfiguren, zehn im Salzburger Lungau und zwei Vertreter davon in der Steiermark. Eine weitere dieser Riesenfiguren tritt bei dem Stadtfest Ducasse d'Ath in Ath, Belgien auf.

Da Samson laut Altem Testament mit einem Eselunterkieferknochen bei Lehi tausend Philister erschlagen haben soll, trägt nahezu jeder Lungauer Samson einen solchen Kieferknochen bei sich. Viele Mythen, Legenden und Vermutungen ranken sich nunmehr um die Riesenfigur. Durch die Jahresabrechnungen der Corporis-Christi-Bruderschaft von Tamsweg aus der Zeit von 1720 bis 1769, in denen auch die Entlohnung an „Essen und Trunk“ für den Träger angeführt ist, können diese Riesenfiguren für diesen Zeitraum nachgewiesen werden.

In Villingen-Schwenningen im Schwarzwald bildeten sich viele Sagen um den Villinger Samson namens Romäus, einem gewaltigen Villinger Söldner, der u. a. aus der benachbarten, rivalisierenden Stadt Rottweil die Stadttore gestohlen und nach Villingen auf einen Berg getragen haben soll, wie einst Samson in der Gaza-Stadt Tor deren Stadttore raubte und auf den Berg Hebron trug (Richter, 16, 1–3).

Werkübersicht der Rezeption

Samsonbrunnen in Budweis

Siehe auch

Literatur

Weblinks

 Commons: Samson – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Samson and Dalila – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Simson. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen (Hgg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), 2007ff.
  2. Bibeltext: Lutherbibel mit Apokryphen, revidiert 1984
  3. vgl. W. Burkert, 1977, S. 319 ff.
  4. vgl. Erich Neumann: Ursprungsgeschichte des Bewußtseins, Ffm. 1984, S. 132. Die Deutung E. Neumanns referiert R. Kaufmann in: Die Krise des Tüchtigen. Der antike Pharisäer im Verständnis der Tiefenpsychologie (vgl. dort Abs. 155)
  5. Der Heldenmythos besteht, so Neumann, aus 1. Der Geburt des Helden, 2. der Muttertötung sowie 3. der Vatertötung. Vgl. Ursprungsgeschichte des Bewußtseins, S.111–157
  6. Vgl. Philister über dir, Simson!. In: Bernhard Greiner, Die Beschneidung des Herzens, Konstellationen deutsch-jüdischer Literatur, Paderborn 2004, S. 269–292. ISBN 3-7705-4006-9


Vorgänger Amt Nachfolger
Abdon Richter
Eli

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