Albert Grühn

Albert Grühn

Friedrich Wilhelm Albert Grühn (Gruehn) (* 22. Apriljul./ 4. Mai 1859greg. im Kurländischen Flecken Kandau, heute Kandava, Lettland; † 11. Maijul./ 24. Mai 1906greg. im Lubbenschen Wald, Kirchspiel Erwahlen, Kurland, heute Ārlava, Lettland) war ein deutschbaltischer evangelischer Theologe und Märtyrer des 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Albert Grühn, Sohn des Kaufmanns und Kandauschen Fleckenvorstehers August Grühn (1833–1911) und der Auguste Grühn, geb. Streit (1833–1916), wurde bereits in seiner Jugend stark von der pietistisch orientierten Mutter geprägt. Er wurde von 1868 bis 1871 in einer Privatschule in Kandau, von 1871 bis 1879 in der Bergmannschen Knabenschule in Doblen, heute Dobele, unterrichtet und besuchte von 1874 bis 1879 das Gymnasium in Mitau, heute Jelgava. 1879 bestand er sein Abitur-Examen am Rigaschen Gymnasium und studierte von 1880 bis 1884 an der Universität Dorpat evangelische Theologie. Die Konsistorial-Examina bestand Grühn 1884 in Mitau und hielt das Praktische Jahr bei Pastor Hans Friedrich Bernewitz in Kandau. 1885 wurde er in Mitau ordiniert und war anschließend Pastor adjunct in Samiten , heute Zemite, bei Pastor Edmund Arnold Steinfeld, der ihn in den Finessen der lettischen Sprache unterrichtete. Seit 1886 war Grühn Pastor in der kleinen "Hungerpfarre" Balgallen, heute Balgale, und übernahm 1891 die große Gemeinde Erwahlen, heute Ārlava, mit den Filialkirchen im Flecken Saßmacken, heute Valdemārpils, und dem am Ostssestrand gelegenen Rohjen, heute Rojas. Aus der 1885 mit Valentine Freiberg (1861–1949) geschlossenen Ehe stammen fünf Söhne und drei Töchter, darunter der Religionspsychologe Werner Gruehn.

Grühn setzte sich nicht nur für die Verbesserung des Schulwesens und die sozialen Belange seiner Gemeinde ein, sondern bemühte sich auch um die von der Gesellschaft isolierten leprakranken Menschen, für die er mit Unterstützung wohlhabender Bauern und Adliger ein Leprosorium errichten ließ. In der Zeit der Russischen Revolution 1905 erhielt er Morddrohungen von Revolutionären, verließ aber seine Gemeinde nicht. Als das Konsistorium seinen Pastoren freistellte, ihr Amt zeitweilig aufzugeben, äußerte Grühn, er wolle das Amt, wohin ihn Gott gestellt, nicht verlassen. Kosaken, die abgesandt wurden, die Gottesdienste vor Störungen zu schützen, wies er ab. Am Morgen des Himmelfahrtstages 1906 wurde Albert Grühn auf der Fahrt zur Konfirmation in Rohjen von einer siebenköpfigen revolutionären Bande im Lubbenschen Wald aus dem Hinterhalt überfallen und erschossen. Die Dünazeitung vom 20. Mai 1906 schrieb "Ein altes Mütterchen aus dem Armenhause kniet am Sarge laut sprechend: 'Du lieber Pastor, bitte Gott, er möge gnädigst die große Sünde verzeihen, die die lettischen Leute an dir verübt und uns Arme und Waisen vaterlos gemacht, denn er war unermüdlich bereit, uns nicht nur mit Worten zu trösten, sondern auch durch die Tat beizustehen'". Grühns Grab auf dem Erwahlenschen Friedhof wird noch heute von der lettischen Gemeinde gepflegt.

Quellen

  • Estnisches Historisches Archiv, Fond 402: Acta des Conseils der Kaiserlichen Universität zu Dorpat, betreffend Friedrich Wilhelm Albert Grühn, angefangen den 11. Februar 1880.
  • Staatliches Archiv der Russischen Föderation, 102/7e/8725, 1906: Polizeibericht vom 15. Mai 1906 über die Ermordung Grühns (in russischer Sprache).
  • Dünazeitung vom 20. Mai 1906.

Literatur

  • Theodor Kallmeyer: Die evangelischen Kirchen und Prediger Kurlands, 2. Aufl., S. 382. Riga 1910.
  • Oskar Schabert: Baltisches Märtyrerbuch, S. 59-61. Berlin 1926.
  • The Christian Conservator, December 11, 1929, p. 5: Friedrich Albert Gruehn.
  • Friedrich Wilhelm Bautz: Gruehn, Friedrich Albert. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 365.
  • Jānis Zilgalvis: Mācītājmuižas Latvijā, S. 98-100. Riga 2002.
  • Stephan Bitter: Grühn (Gruehn), Friedrich Albert. In: "Ihr Ende schaut an ..." Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts, Hrsg. H. Schultze et al., S. 499-500. Leipzig 2006.

Weblinks


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