Analyse (Philosophie)

Analyse (Philosophie)

Analyse (griech.: analysis) bedeutet allgemein und in der Philosophie die Zergliederung eines Ganzen in seine Teile. Dies im Gegensatz zur Synthese.

Die Analyse ist eine wissenschaftliche, hier philosophische Methode.

Die Methode der Analyse wurde in der Philosophiegeschichte insgesamt und selbst in der analytischen Philosophie unterschiedlich aufgefasst und angewendet. Entsprechend ist auch der Begriff mehrdeutig.[1]

Inhaltsverzeichnis

Begriffsgeschichte

Im Folgenden wird ein begriffsgeschichtlicher Abriss gegeben.[2]

Antike

Die analytische Methode wurde in der griechischen Geometrie entwickelt. Dies beeinflusste sowohl Sokrates/Platon als auch Aristoteles.

Modell der analytischen Methode in der griechischen Geometrie waren die Elemente von Euklid. In der klassischen Formulierung findet sich die analytische Methode in der Mathematischen Sammlung von Pappos formuliert.[3]

Durch (Hinter-) Fragen von Grundbegriffen - Was ist Gerechtigkeit? etc. - befassten sich Platon und Aristoteles mit der Analyse grundlegender Begriffe.

Bei Platon und Aristoteles kann sich die Analyse auf Begriffe, Urteile und Schlüsse beziehen.

Platon entwickelte als eine begriffsanalytische Methode die der Zergliederung (Dihairese).

Aristoteles hat methodisch und systematisch die Methode der Analyse in der Ersten und Zweiten Analytik angewandt.[4]

Mittelalter und Renaissance

Das frühe Mittelalter ist gekennzeichnet durch eine eklektische Rezeption der griechischen Antike bei schlechter Quellenlage.[5]

In der späteren mittelalterlichen Philosophie kommt es zu selbständigen Konzeptionen, die teilweise Grundkonzepte der analytischen Philosophie antizipieren. Auf Grund der Scholastikfeindlichkeit der Renaissance kommt es insoweit jedoch zu einem Traditionsbruch und eine weitergehende Rezeption bleibt zunächst aus[6].

Als Beispiel wird Johannes Buridan angeführt, der zwischen divisio, definitio und demonstratio (Begriffszergliederung, Begriffsdefinition, Beweis) unterschied, was einer zergliedernden, interpretativen und regressiven Analyse entspricht[7].

Frühe Neuzeit

Im 16./17. Jahrhundert erfährt die Analyse eine Aufwertung. Galileo Galilei orientiert sich an der geometrischen Methode. Hobbes wendet sie auf Gesellschaft und auf den Menschen an. Für die britischen Empiristen ist der menschliche Geist ein aus einfachen Bestandteilen zusammengesetztes Ganzes[8]. Schulbildend war die von Descartes inspirierte Logik von Port-Royal.

Descartes ist inspiriert von der zeitgenössischen geometrisch-mathematischen Analyse und sucht mit Hilfe der philosophischen Analyse eine absolute Gewissheit. Er entwickelte in den Discours de la méthode eine allgemeine analytische Methode und schlägt die systematische Zerlegung von Begriffen und Problemen in ihre je kleinsten Bestandteile vor[9].

Moderne (außerhalb der Tradition der analytischen Philosophie)

Kant steht für eine spezifische Analytik. Seine transzendentale Analytik ist eine Analytik der Begriffe. Er sucht die Elemente des Verstandes, die für ihn a priori gegeben sind und die er Kategorien nennt. Es geht um die "Zergliederung unseres gesamten Erkenntnisses a priori in die Elemente der reinen Verstandeserkenntnis"[10]. Kant überträgt die transzendentale Analytik auf die Ethik (Analytik der praktischen Vernunft), die Ästhetik (Analytik des Schönen und Erhabenen) und die Teleologie (Analytik der teleologischen Urteilskraft).[11]

Im Deutschen Idealismus und in der Romantik begegnete man dem analytischen Denken, weil lebens- und seelenzerstörend, kritisch. In der frühen Moderne insgesamt sind kritisch u.a.: (Friedrich Schiller; Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Teilhard de Chardin; Francis Herbert Bradley und Henri Bergson.[12]

Weiterentwicklungen und Modifikationen erfuhr die analytische Methode bei den Neukantianern, insbesondere bei Ernst Cassirer, und durch die phänomenologischen Analyse.[13]

Analyse in der analytischen Philosophie

Hauptartikel: analytische Philosophie

Grundgelegt durch Gottlob Frege gelangt in der analytischen Philosophie zunächst durch G. E. Moore, ausgebaut durch Bertrand Russell die Analyse zu einer neuen Wichtigkeit. Die Konzepte variieren dabei, wie die des (frühen) Ludwig Wittgenstein, von Peter Frederick Strawson oder Richard Mervyn Hare. Die Konzeption der Analyse wird vom (späten) Wittgenstein und von Willard Van Orman Quine grundlegend kritisiert.

Es wird u.a. das Paradox der Analyse[14] aufgeworfen: Entweder sind das zu Analysierende (Analysandum) und das Analysierende (Analysans) synonym: Dann ist die Analyse uninformativ. Oder es besteht keine Synonymie: Dann ist die Analyse inadäquat. Vorgeschlagen wird u.a. das Paradox dadurch zu lösen, dass keine strikte Synonymie verlangt wird und man zwischen impliziter und expliziter Kenntnis der Bedeutung der Ausdrücke unterscheidet.[15]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Beaney, Michael, "Analysis", The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2009 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <http://plato.stanford.edu/archives/sum2009/entries/analysis/>.
  2. Gliederung in Anlehnung an Beaney, Michael, "Analysis", The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2009 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <http://plato.stanford.edu/archives/sum2009/entries/analysis/>.
  3. Zitat bei Beaney, Michael, "Analysis", The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2009 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <http://plato.stanford.edu/archives/sum2009/entries/analysis/>.
  4. Nach Herzgsell, Johannes: Analyse. In: Brugger/Schöndorf (Hg.): Philosophisches Wörterbuch. Alber: Freiburg, Br.; München 2010 als erster.
  5. So Beaney, Michael, "Analysis", The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2009 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <http://plato.stanford.edu/archives/sum2009/entries/analysis/>.
  6. Vgl. Beaney, Michael, "Analysis", The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2009 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <http://plato.stanford.edu/archives/sum2009/entries/analysis/>.
  7. Vgl. Beaney, Michael, "Analysis", The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2009 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <http://plato.stanford.edu/archives/sum2009/entries/analysis/>.
  8. E. Kanterian, Analytische Philosophie, Frankfurt a.M., 2004, S. 15
  9. Vgl. E. Kanterian, Analytische Philosophie, Frankfurt a.M., 2004, S. 13 f.; Gessmann, Martin: Philosophisches Wörterbuch. 23. Auflage. Kröner, Stuttgart 2009: Analysis.
  10. Kant: Kritik der reinen Vernunft. B 89, zitiert nach Gessmann, Martin: Philosophisches Wörterbuch. 23. Auflage. Kröner, Stuttgart 2009: Analytik
  11. Nach Regenbogen/Meyer (Hg.): Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Meiner, Hamburg 2005: Analytik.
  12. Vgl. Beaney, Michael, "Analysis", The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2009 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <http://plato.stanford.edu/archives/sum2009/entries/analysis/>.
  13. Vgl. Beaney, Michael, "Analysis", The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2009 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <http://plato.stanford.edu/archives/sum2009/entries/analysis/>.
  14. So Gessmann, Martin: Philosophisches Wörterbuch. 23. Auflage. Kröner, Stuttgart 2009: Analyse; E. Kanterian, Analytische Philosophie, Frankfurt a.M., Campus, 2004, S. 32: spricht von Paradoxie der Analyse.
  15. So Gessmann, Martin: Philosophisches Wörterbuch. 23. Auflage. Kröner, Stuttgart 2009: Analyse

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