- Sprachanalyse
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Sprachanalyse ist einerseits ein Fachbegriff aus der Sprachwissenschaft. Dort bezeichnet er die inhaltliche (Semantik) und formale (Syntaktik) Untersuchung eines Textes nach dem Charakter der verwendeten Sprachmittel. Andererseits wird "Sprachanalyse" in unterschiedlichem Sinn in der Philosophie verwendet, etwa sehr allgemein für die Analyse natürlicher Sprache überhaupt als ein Teilprojekt neben anderen Aufgabenbereichen oder spezifischer für Forschungsprogramme, die vorsehen, Philosophie zu betreiben als Analyse der Alltagssprache.
Inhaltsverzeichnis
Sprachanalyse in der Sprachwissenschaft
Ziel der sprachwissenschaftlichen Sprachanalyse ist es, einen besseren Einblick in die Absichten eines Textes zu geben. Bei dem zu analysierenden Text kann es sich um ein Gedicht, eine Kurzgeschichte oder einen anderen literarischen Text, aber auch um eine Rede, einen Brief oder auch um eine gänzlich andere Textsorte handeln. Die Sprachanalyse ist ein Hauptbestandteil der Text- oder Korpusanalyse. Gemäß dem Kommunikationsmodell werden Textsorte und Sprachverwendung durch die Intention bestimmt, folglich muss die Sprachanalyse die Abhängigkeit der sprachlichen und stilistischen Mittel zu der jeweiligen Absicht des Textes aufzeigen.
In der Sprachwissenschaft wird zwischen mehreren Ebenen der Sprachanalyse unterschieden, die für eine ausreichende Analyse je nach Textsorte unterschiedlich bedeutsam sind.
- Semantische Analyse
Hierbei wird das Augenmerk auf die einzelnen Wortarten gelegt, d. h. es werden die sogenannten Inhaltswörter hinsichtlich deren Häufigkeit im untersuchten Text und ihren semantischen Gehalt hin untersucht. Im Wesentlichen wird dabei Folgendes ermittelt:
- die auffälligste und am häufigsten verwendete Wortart und deren Leistung und Funktion
- Herkunft des Vokabulars (z. B. aus dem ethischen, politischen, handwerklichen, alltäglichen Bereich)
- Art der Substantive (Konkretum, Abstraktum, Fremdwort, Modewort, Schlagwort, fachsprachliche Terminus)
- Art der Adjektive (beschreibend, bewertend)
- Art der Verben (Handlungs-, Beschreibungs-, Modal- und Hilfsverben, passive und aktive Verben)
- Ausdruckswert der Wörter (Denotation, Konnotation, übertragene Bedeutung)
- Syntaktische Analyse
Die syntaktische Analyse zeigt die Strukturierung der Sätze und die Satzarten auf.
- Stilanalyse
Die Stilanalyse eruiert die rhetorischen bzw. stilistischen Mittel, die zum Einsatz kommen.
- Stilarten: Nominalstil, Verbalstil, Adjektivstil
- Stilmittel (Tropen): Schlüsselwörter, Leitmotive, Bilder, Metaphern, Symbole, Chiffren, Personifikation und Vergleiche, Ironie
- Rhetorische Figuren:
- lexikalische Mittel: Oxymoron, Alliteration, Hyperbel, Litotes, Euphemismus, Metonymie, Pleonasmus
- syntaktische Mittel: Parallelismus, Ellipse, Anakoluth, Chiasmus, Anapher, Katachrese, Zeugma
- kompositorische Mittel: Antithese, Klimax (Sprache), Steigerung, Wiederholung, Sentenz, Zitat, Parenthese
- Redeformen: wörtliche, indirekte, erlebte Rede, innerer Monolog
- Bei lyrischen Texten: Gedichtform, Strophenform, Reim ...
- Stilschicht: poetisch, fachsprachlich, normalsprachlich, umgangssprachlich
- Grundgestus der Sprache (auch: Stilfärbung): poetisch, gehoben, neutral, salopp, vulgär.
Letztere Differenzierung soll am Beispiel des Begriffs „sterben“ verdeutlicht werden: „ewigen Frieden gefunden“ (poetisch), „verblichen“ (gehoben), „gestorben“ (neutral), „die Mücke gemacht“ (salopp), „abgekratzt“ (vulgär).
Sprachanalyse in der Philosophie
- Sprachanalye als Analyse der Umgangssprache
Der Ausdruck „Sprachanalyse“ kann in philosophischen Kontexten in unterschiedlichem Sinne gebraucht werden. Oftmals bezieht er sich auf Forschungsprogramme, die vorsehen, dass die Analyse der gebräuchlichen Alltagssprache die grundlegende Methode der Philosophie sein sollte. Derartige Thesen sind insb. für die sog. „ordinary language philosophy“ („Philosophie der normalen Sprache“) typisch - ein zeitweise wichtiger Zweig der sog. analytischen Philosophie, sowie für viele Vertreter des sog. linguistic turn. Gelegentlich sprach man auch von „sprachanalytischer Philosophie“. Die Identifikation von analytischer Philosophie und Sprachanalyse, die sich gelegentlich in älterer Literatur findet, ist allerdings philosophiegeschichtlich verkehrt.[1] Wichtig für diese normalsprachliche Philosophie wurden insb. die Philosophischen Untersuchungen von Ludwig Wittgenstein, welche diverse sprachliche Praktiken, nicht nur die Formulierung von Aussagesätzen, diskutieren.
- Sprachanalyse als Orientierung an formalen Sprachen
Vom Projekt normalsprachlicher Philosophie unterscheidbar ist das ebenfalls in Teilen der analystischen Philosophie weitverbreitete Anliegen, für die philosophische Diskussion und für die Rekonstruktion des Gehalts sprachlicher Äußerungen formale Sprachen zugrunde zu legen (sog. Philosophie der idealen Sprache).
- Geschichte der Sprachanalyse
Eine Analyse der Alltagssprache und auch der unter Fachphilosophen gebräuchlichen speziellen Ausdrucksweisen wird bereits von Philosophen der griechischen Antike betrieben, beispielsweise bei Sokrates und Platon. Wirkungsgeschichtlich besonders prägend ist eine Rekonstruktion des Gehalts und der Referenzen bzw. Wahrmacher von Aussagen mittels der sprachphilosophischen und logischen Begriffe von Aristoteles. Ein Einzelthema bereits der antiken „Sprachanalyse“ ist die Frage, unter welchen Bedingungen welche Arten sprachlicher Äußerungen als wahr oder falsch beurteilbar sind, die sog. „Wahrheitsfähigkeit“ insb. von Aussagesätzen.[2]
Literatur
- Ernst Tugendhat: Vorlesungen zur Einführung in die sprachanalytische Philosophie. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1976, ISBN 3-518-27645-X (engl. Traditional and Analytical Philosophy: Lectures on the Philosophy of Language. Ins Engl. übers. von P. A. Gorner, CUP, Cambridge, Mass. 2010, ISBN 978-0521125734).
Einzelnachweise
- ↑ Einige Gründe für diesen in älterer oder nichtfachwissenschaftlicher Literatur gelegentlich noch zu findenden Fehler bespricht beispielsweise Winfried Löffler: Wer hat Angst vor analytischer Philosophie? Zu einem immer noch getrübten Verhältnis, in: Stimmen der Zeit 6 (2007), S. 375-388.
- ↑ Dies erwähnt z.B. auch der auf einige wenige ausgewählte philosophiegeschichtliche Kontexte und Autoren eingehende Artikel G. Gabriel: Art. Sprachanlyse, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9, 1435-37.
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