Bluewater-Affäre

Bluewater-Affäre

Die Bluewater-Affäre war ein PR-Hoax um einen fingierten Bombenanschlag in der Kleinstadt Bluewater in Kalifornien am 10. September 2009. Es handelte sich tatsächlich um eine aufwendige Marketing-Kampagne der Regisseure Jan Henrik Stahlberg und Marcus Mittermeier für deren Film Short Cut to Hollywood. Die Nachricht des Attentats wurde durch die Presseagentur dpa und verschiedene Internetseiten vermeldet, aber kurze Zeit später als Falschmeldung erkannt und zurückgezogen.[1] Es folgte eine breite öffentliche Diskussion über korrektes journalistisches Arbeiten und moralische Grenzen der Werbung.[2]

Ablauf

Mit Hilfe fingierter Zeugenanrufe bei deutschen Redaktionen verbreiteten Stahlberg und Mittermaier zusammen mit einem umfangreichen Team, zu dem auch Schauspieler und ein taz-Journalist gehörten, die Nachricht, dass in der amerikanischen Kleinstadt Bluewater drei Attentäter in einem Restaurant mehrere Bomben gezündet hätten. Um die Nachricht glaubhaft zu machen, richteten die Initiatoren zuvor eigens gefälschte Internetseiten der Stadt und des örtlichen Fernsehsender KVPK-TV ein. Hierfür nutzten sie auch szenisches Material aus ihrem Kinofilm. Zusätzlich bedienten sie sich sozialer Netzwerke und fälschten am Vortag Einträge in der englischsprachigen Wikipedia.[3]

Als erstes brachte die Deutsche Presse-Agentur um 9:38 Uhr die Meldung, im Glauben exklusiv zu berichten. In kurzer Zeit wurde sie von anderen Redaktionen übernommen und weiterverbreitet. Kurz nach der ersten Meldung publizierten die Initiatoren eine Korrektur, die ebenfalls gefälscht war: Es handele sich nicht um Attentäter, sondern um deutsche Rapper, die mit Bombenattrappen in ein Restaurant gestürmt seien um mediale Aufmerksamkeit zu erregen. Auch diese Meldung wurde von der dpa um 10:06 Uhr weiterverbreitet. Etwa vier Stunden nach der ersten Eilmeldung brachte die dpa einen Widerruf, indem sie ihre Kunden darauf aufmerksam machte, dass man einer Fälschung aufgesessen sei.

Der Stern, der die Geschichte auf seiner Internetseite veröffentlicht hatte, bestätigte Stahlberg eine „großartige Inszenierung“.[4] In einer Stellungnahme erklärte Stahlberg, sein Projekt kritisiere, dass es auch bei der Nachrichtenberichterstattung letztendlich nur um die Quoten gehe.[5] Auf den gefälschten Internetseiten wurden später Trailer und ein Making-of der Kampagne gezeigt. Zwei Wochen nach der Bluewater-Affäre feierte Short Cut to Hollywood Premiere.

Im NRD-Medienmagazin zapp attestierte die Journalistenvereinigung netzwerk recherche den Journalisten einen Verstoß gegen journalistische Grundregeln.[6] Als Lehre aus dem PR-Coup änderte die dpa ihre Bestimmungen für die Prüfung von Meldungen und deren Quellen.[7][8]

Medienresonanz

Der Stern griff die Bluewater-Affäre in seiner Berichterstattung auf, als er über die gefälschten Twitter-Meldungen bei der Wahl des Bundespräsidenten am 30. Juni 2010 berichtete.[9] In einem Bericht in der taz vom 22. Juni 2010 über Probleme der Nachrichtenagenturen wird die Bluewater-Affäre ebenfalls berücksichtigt.[10]

Einzelnachweise

  1. http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/ethik_journalismus/werbevideo100.html
  2. Samuel Jackisch: Verboten gute Werbung In: Spiegel online vom 10. Januar 2010
  3. Versionsänderung des Artikels „Bluewater, California“ der englischsprachigen Wikipedia am 9. September 2009
  4. http://www.stern.de/politik/ausland/medienblamage-die-bluewater-affaere-1508223.html
  5. http://www.janstahlberg.de/pages/2009/09/18/bluewater-affare/
  6. Ethik und Journalismus: Werbe-Video - Die Täuschung der Medien zapp vom 16. September 2009
  7. http://www.bildblog.de/11656/lehren-aus-bluewater/
  8. Steffen Grimberg: Vorm endgültigen Redaktionsschluss In: die tageszeitung vom 22. Juni 2010
  9. Die Bundespräsidentenwahl und Twitter: Die falschen Wahrsager aus dem Netz.
  10. Krise der Nachrichtenagenturen - Vorm endgültigen Redaktionsschluss

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