Caloricum

Caloricum

Phlogiston [ˈfloːɡɪstɔn] (griechisch φλόξ - Feuer und φλογιστός - brennbar, phlogistós – verbrannt) oder Caloricum ist eine hypothetische Substanz, von der man im späten 17. und 18. Jahrhundert vermutete, dass sie allen brennbaren Körpern bei der Verbrennung entweicht sowie bei Erwärmung in sie eindringt. Die Phlogistontheorie ist eine überholte Theorie.

Inhaltsverzeichnis

Die Phlogistontheorie

Robert Boyles Chemie war ein früher Konkurrent der Phlogistontheorie

Die Phlogistontheorie wurde, basierend auf Arbeiten des Chemikers Johann Joachim Becher, insbesondere durch den Chemiker Georg Ernst Stahl zu Beginn des 18. Jahrhunderts ausgearbeitet. Ihr zu Folge war Phlogiston ein Bestandteil von Materie, der bei Umwandlungen wie Verbrennung oder Verrostung entweicht, die Asche oder den Rost zurücklässt und keine oder eine negative Masse hat.

Wenn ein Körper erwärmt wurde, drang angeblich Phlogiston in ihn ein, wodurch der Körper sich ausdehnte. Wenn man ihn zusammenpresste (z. B. Luft in einer Pumpe), wurde das Phlogiston nach der Theorie herausgedrückt und drang in umliegende Materie ein. Es wurde dadurch Wärme an einem benachbarten Körper spürbar. Mit der Zeit trat der Stoff wieder aus dem Körper aus, der dadurch erkaltete.

Phlogiston war keine Substanz, sondern ein Prinzip und als solches unsichtbar. Neben Phlogiston (auch phlogistische Erde) glaubte man noch an metallische und verglasbare Erde. Diese Prinzipien sind als Prädikate zu verstehen, die den zu untersuchenden Stoffen zu eigen sind. So zeichnete sich ein Stoff aus metallischer Erde dadurch aus, mit Hammer und Amboss formbar zu sein, metallisch zu glänzen usw. Phlogiston verlieh Stoffen das Prädikat, brennbar zu sein.

Die Phlogistontheorie unterschied, im Gegensatz zu der cartesisch geprägten Chemie Robert Boyles, zwischen mechanisch herstellbaren Gemischen und sogenannten Mixts (chemischen Verbindungen). Dabei waren die Eigenschaften der Mixts nicht einfach die Summe ihrer Komponenten: Metalle enthielten Phlogiston (siehe unten), waren aber selbst nicht brennbar, da sie noch das Prinzip der metallischen Erde enthielten.

Stärken und Grenzen der Theorie

Es war möglich, mit der Phlogiston-Theorie viele damals bekannte Phänomene der Chemie zu beschreiben. So erklärte sie den Befund, dass in abgeschlossenen Gefäßen Kerzen nach einiger Zeit ausgehen. Luft sollte danach nur eine bestimmte Menge aus der Kerze entweichendes Phlogiston aufnehmen können. Auch die Erkenntnis dass ein Teil der Luft (nach späterer Erkenntnis der Sauerstoff) die Verbrennung länger unterhalten kann, wurde von Joseph Priestley anfangs damit erklärt, dass diese „dephlogestierte Luft“ sei, die somit mehr Phlogiston aufnehmen könne.

Die Verbrennung organischer Stoffe verläuft (ohne die damals noch nicht bekannten gasförmigen Reaktionsprodukte) meist unter Gewichtsverkleinerung. Nach der Phlogistontheorie soll dabei das vorher von den Pflanzen aufgenommene Phlogiston wieder abgegeben werden. Gleiche Erklärungen sind auch für einige Nichtmetalle, wie Phosphor oder Schwefel, möglich. Bei Metallen gab es dagegen Probleme, da diese im allgemeinen feste Oxide bilden und somit beim Verbrennen schwerer werden. Allerdings waren im 18. Jahrhundert die experimentellen Möglichkeiten beschränkt, so dass viele Chemiker (wegen Verdampfen eines Teils des Oxides) von Gewichtsabnahmen berichteten. Die Reduktion von Metalloxiden mit Kohle zu Metallen würde dementsprechend durch die Aufnahme von Phlogiston aus der Kohle erklärt.

Im Zuge der Entdeckung vieler gasförmiger Verbindungen und dem Einsatz genauerer Messmethoden wurden zunehmend die Probleme und mögliche Fehler dieser Theorie deutlich. Insbesondere fehlte eine schlüssige Erklärung für die Gewichtszunahme bei Verbrennungen von Metallen. Um die Theorie zu retten, versuchten Befürworter, dem Phlogiston seltsame Eigenschaften (etwa eine negative Masse) zuzuschreiben. Auch der neu entdeckte Wasserstoff wurde teilweise für Phlogiston gehalten.

Antoine Laurent de Lavoisiers Oxidationstheorie löste die Phlogistontheorie ab.

Endgültig widerlegt wurde die Theorie 1785 von Antoine Lavoisier, der zeigen konnte, dass alle Verbrennungsphänomene ohne Einsatz von unwahrscheinlichen Annahmen mit seiner Oxidationstheorie und durch das Gas Sauerstoff erklärt werden konnten. Die letzte starke Hypothese der Phlogiston-Theorie, die Erklärung der Wasserstoffentstehung bei Reaktion von Metallen mit Säuren konnte von ihm durch die Erkenntnis, dass Wasser eine Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff ist, entkräftet werden.

Letzte noch mögliche Erklärungsversuche des Phlogistons als „Wärmestoff“ konnten 1798 von Benjamin Thompsons zugunsten der Theorie von der Bewegung der Teilchen widerlegt werden: Er ließ in Kanonenrohren stumpfe Stahlbohrer laufen. Die Rohre wurden immer wieder aufs neue heiß und das angeblich vorhandene Phlogiston durch Wasser abgeführt. Die Wärme konnte also nicht durch einen in den Rohren vorhandenen erschöpflichen Stoff hervorgerufen worden sein.

Ablösung durch die Oxidationstheorie

Die Phlogistontheorie wurde Ende des 18. Jahrhunderts durch die Oxidationstheorie des Chemikers Antoine Lavoisier abgelöst. Er untersuchte die Gewichtsveränderung verschiedener Stoffe bei Oxidation bzw. Reduktion und entdeckte, dass das gerade entdeckte Element Sauerstoff dabei die entscheidende Rolle spielt.

Er wies nach, dass

  • beim Verbrennen von Metallen oder Schwefel so viel Sauerstoff verbraucht wird, wie in den entstandenen Oxiden enthalten ist,
  • sich dabei diese Elemente beim Verbrennen mit Sauerstoff vereinigen,
  • man, um Metalle aus den Oxiden wiederzugewinnen, nicht Phlogiston hinzufügen, sondern den Sauerstoff entfernen muss.

Literatur

  • Gilman McCann: Chemistry Transformed: The Paradigmatic Shift from Phlogiston to Oxygen. Ablex Pub, 1998, ISBN 089391004X.
  • Peter Laupheimer: Phlogiston oder Sauerstoff. Wissenschaftliche VG, 1998, ISBN 3804712126.
  • William H. Brock: Viewegs Geschichte der Chemie. Vieweg, Braunschweig 1997. ISBN 3-540-67033-5

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