Céa-Lemma

Céa-Lemma

Das Céa-Lemma, oft auch Lemma von Céa oder Céas Lemma genannt, ist ein mathematischer Satz aus der Funktionalanalysis. Es ist grundlegend für die Fehlerschätzung von Finite-Elemente-Näherungen von elliptischen partiellen Differentialgleichungen. Das Lemma trägt den Namen zu Ehren des französischen Mathematikers Jean Céa[1], der es in seiner Dissertation 1964 bewies.

Inhaltsverzeichnis

Formulierung

Voraussetzungen

Sei V ein reeller Hilbertraum mit der Norm \|\cdot\|. Sei a:V\times V\to \mathbb R eine Bilinearform, die

  • beschränkt (äquivalent dazu stetig), d. h. |a(v, w)| \le C \|v\|\,\|w\| für eine Konstante C > 0 und alle v, w \in V
  • und koerzitiv (häufig auch stark positiv, V-elliptisch), d. h. a(v, v) \ge \alpha \|v\|^2 für eine Konstante α > 0 und alle v \in V

ist. Sei weiter L:V\to \mathbb R ein beschränkter linearer Operator.

Problemstellung

Betrachte das Problem, ein u \in V mit

a(u, v)=L(v)\, für alle v \in V

zu finden. Betrachte nun das gleiche Problem in einem Unterraum V_h \sub V, d.h. es ist ein u_h \in V_h zu finden mit

a(u_h, v)=L(v)\, für alle v \in V_h.

Nach dem Lemma von Lax-Milgram gibt es für beide Probleme eine eindeutige Lösung.

Aussage des Lemmas

Sind die obigen Voraussetzungen erfüllt, dann besagt das Céa-Lemma:

\|u-u_h\|\le \frac{C}{\alpha} \inf_{v_h \in V_h} \left(\|u-v_h\|\right).

Dies bedeutet, dass die Approximation der Lösung uh aus dem Unterraum Vh nur um die Konstante \tfrac{C}{\alpha} schlechter ist als die beste Approximation für u im Raum Vh, sie ist quasi-optimal.

Bemerkungen

Mit einer symmetrischen Bilinearform verkleinert sich die Konstante auf \textstyle \sqrt{C/\alpha}[1], der Beweis ist weiter unten angegeben.

Das Céa-Lemma gilt auch für komplexe Hilberträume, indem eine Sesquilinearform a(\cdot, \cdot) statt der Bilinearform verwendet wird. Die Koerzivität wird dann zu |a(v, v)| \ge \alpha \|v\|^2 für alle v \in V (man beachte den Betrag um a(v,v)).

Die Approximationsgüte des Ansatzraums Vh bestimmt den Approximationsfehler \|u-u_h\| stark.

Sonderfall: Symmetrische Bilinearform

Die Energienorm

In vielen Anwendungen ist die Bilinearform a symmetrisch, also a(v,w) = a(w,v) für alle v,w in V. Mit den Voraussetzungen des Céa-Lemmas ergibt sich, dass a ein Skalarprodukt von V ist. Die implizierte Norm \|v\|_a=\sqrt{a(v, v)} wird Energienorm genannt, weil sie in vielen physikalischen Problemen eine Energie darstellt. Diese Norm ist äquivalent zur Norm \|\cdot\| des Vektorraums V.

Das Céa-Lemma in der Energienorm

Die Unterraum-Lösung uh ist eine Projektion von u auf den Unterraum Vh bezüglich des Skalarprodukts a.

Aus der Galerkin-Orthogonalität von uuh mit Vh und der Cauchy-Schwarzsche Ungleichung ergibt sich

\|u-u_h\|_a^2 = a(u-u_h,u-u_h) = a(u-u_h,u-v) \le \|u-u_h\|_a \cdot \|u-v\|_a für alle v in Vh.

Somit lautet das Céa-Lemma in der Energienorm:

\|u-u_h\|_a\le \|u-v\|_a für alle v in Vh.

Man beachte, dass die Konstante \tfrac{C}{\alpha} auf der rechten Seite verschwunden ist.

Das bedeutet, dass die Unterraum-Lösung uh die beste Approximation der Lösung u bezüglich der Energienorm ist. Geometrisch lässt sich uh als Projektion bezüglich a von u auf den Unterraum Vh interpretieren.

Folgerungen

Damit lässt sich die schärfere Schranke für symmetrische Bilinearformen für die gewöhnliche Norm \| \cdot \| des Vektorraums V zeigen. Aus

\alpha \|u-u_h\|^2 \le a(u-u_h,u-u_h) = \|u-u_h\|_a^2 \le \|u - v\|_a^2 \le C \|u-v\|^2 für alle v in Vh

folgt

\|u-u_h\| \le \sqrt{\frac{C}{\alpha}} \|u-v\| für alle v in Vh.

Beweis

Der Beweis ist nicht lang und führt die Notwendigkeit der Voraussetzungen vor Augen.

Galerkin-Orthogonalität

Die in der Problemstellung gegebenen Gleichung a(u,v) = L(v) für alle v \in V und a(uh,v) = L(v) für alle v \in V_h werden voneinander abgezogen, was wegen V_h \sub V möglich ist. Die resultierende Gleichung lautet a(uuh,v) = 0 für alle v \in V_h und wird Galerkin-Orthogonalität genannt.

Abschätzung

Die Bilinearform a ist koerziv

\alpha \|u-u_h\|^2 \le a(u-u_h,u-u_h)

Addition von 0, sei v_h \in V_h

= a(uuh,uvh + vhuh)

Mit Bilinearität von a

= a(uuh,uvh) + a(uuh,vhuh)

Der zweite Term ist 0 wegen der Galerkin-Orthogonalität, da v := v_h - u_h \in V_h

= a(uuh,uvh)

Die Bilinearform ist a stetig

 \le \|u-u_h\| \|u-v_h\|

Die Gleichung kann durch \|u-u_h\| geteilt werden. Da vh beliebig aus Vh gewählt ist kann auch das Infimum gewählt werden, wodurch wir die Aussage erhalten.

Literatur

  • D. Braess: Finite Elemente - Theorie, schnelle Löser und Anwendungen in der Elastizitätstheorie. 4. Auflage. Springer, 2007, ISBN 978-3-540-72449-0 (Kapitel II §4.2 und Kapitel III §1.1).
  • Jean Céa: Approximation variationnelle des problèmes aux limites. 14, Nr. 2, 1964, S. 345–444 (Original-Arbeit von J. Céa, PDF, 5 MB).

Einzelnachweise

  1. a b E. Emmrich: Gewöhnliche und Operator-Differentialgleichungen - Eine integrierte Einführung in Randwertprobleme und Evolutionsgleichungen für Studierende. 1.Auflage. Vieweg+Teubner, 2004, ISBN 978-3-528-03213-5, Seite 112

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