Poetenkolleg

Poetenkolleg

Das Collegium poetarum et mathematicorum, auf deutsch Poetenkolleg, wurde 1501 von Kaiser Maximilian I. auf Initiative von Konrad Celtis an der Universität Wien gegründet. Es sollte die humanistischen Studien fördern und ihre Absolventen zum Dichter krönen. Wahrscheinlich existierte es bis in die 1530er Jahre und wurde dann durch die Universitätsreformen von König Ferdinand in die Artistenfakultät integriert.

Gründung 1501

Einflussreiche Persönlichkeiten versuchten schon im 15. Jahrhundert, die „humanistischen Studien“ an der Artistenfakultät zu etablieren, und nützten dazu ihre Kontakte zum kaiserlichen Hof; so etwa der gelehrte Humanist und spätere Papst Enea Silvio Piccolomini.

Durch die Initiative von Konrad Celtis kam es zur Gründung einer Humanistenschule. Sie sollte zwar ein Bestandteil der habsburgischen Universität sein („zur Erweiterung der Universität“), aber eine privilegierte Ausnahmestellung außerhalb der Fakultätsordnung besitzen. Celtis verfasste die Gründungsurkunde wahrscheinlich selbst; er reiste persönlich nach Bozen, wo Maximilian die Gründungsurkunde mit Datum 31. Oktober 1501 unterschrieb (eröffnet wurde das Kolleg am 1. Februar 1502). In dieser Urkunde und auf dem silbernen Siegelstempel findet sich der kürzere Name „Collegium poetarum“. Die seltenere Langform „Collegium poetarum et mathematicorum“ ist gelegentlich nachweisbar (z. B. in Briefen des Jahres 1502); sie bringt die Intentionen von Celtis treffend zum Ausdruck und entspricht auch der tatsächlichen Gestalt dieser Institution, denn es wurden vier besoldete Fachlekturen eingerichtet: Für Poetik und Rhetorik sowie zwei weitere „für mathematische Fächer“. Die ersten Professoren waren Celtis für Poetik, Vincenz Lang für Rhetorik, Andreas Stiborius für Mathematik und Johannes Stabius für Astronomie.

Unterrichtsräume sowie Wohnräume von Angehörigen des Poetenkollegs (also Lehrer und Studenten) dürften im Neubergerhof bei der Kapelle „St. Anna“ gewesen sein, in der Nähe der Universität.

Celtis als Vorstand des Kollegs hatte das Recht der Dichterkrönung (poeta laureatus). Ob tatsächlich eine Mehrzahl von Absolventen zu Dichtern gekrönt wurden, ist aber unbekannt.

Weiterbestand bis etwa 1537

Mehrere Indizien verweisen auf einen Fortbestand dieses Poetenkollegs über den Tod von Celtis hinaus. Die Studentenzahlen nahmen zu, während aber die Zahl der akademischen Graduierungen abnahm – wohl deshalb, weil ein Teil dieser Studenten am Poetenkolleg studierte, an dem es die traditionellen akademischen Grade nicht gab. Es existieren Hinweise darauf, dass in Wien einige Lehrer für Fächer, die zum Poetenkolleg gehörten, fest besoldet waren, während diese Lehrer jedoch gleichzeitig kaum in den Akten der Artistenfakultät erwähnt wurden (was aber, insbesondere bei der Verteilung der den Lehrveranstaltungen entsprechenden Bücher, zu erwarten wäre).

Die 1520er Jahre führten an der Universität Wien zu einem besonders dramatischen Rückgang der Studentenzahlen. In dieser Zeit wird es wohl auch am Poetenkolleg entsprechend weniger Aktivität gegeben haben.

Unter dem Landesfürsten Ferdinand I. gab es mehrere Reformbestrebungen. Der Reformversuch des Jahres 1524 erwähnte das Poetenkolleg: „collegium pro poetica et oratoria“. Schließlich erscheinen im Reformgesetz vom 15. September 1537 die Fächer des Poetenkollegs bereits als Lehrkanzeln der Artistenfakultät.

Literatur

  • Joseph Ritter von Aschbach: Die Wiener Universität und ihre Humanisten im Zeitalter Kaiser Maximilians I. (Geschichte der Universität Wien; 2). Wien 1877, bes. S. 61-82, 247-249, 442-446.
  • Gustav Bauch: Die Rezeption des Humanismus in Wien. Breslau 1903 (Neudruck Aalen 1986), bes. S. 117-170.
  • Franz Graf-Stuhlhofer: Humanismus zwischen Hof und Universität. Georg Tannstetter (Collimitius) und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des frühen 16. Jahrhunderts (Schriftenreihe des Universitätsarchivs, Universität Wien; 8). Wien 1996, S. 44-71.
  • Franz Graf-Stuhlhofer: Das Weiterbestehen des Wiener Poetenkollegs nach dem Tod Konrad Celtis’ 1508. Eine humanistische Pioniereinrichtung und ihr Wirkungsumfeld. In: Zeitschrift für Historische Forschung 26 (1999) 393-407.
  • Franz Graf-Stuhlhofer: Lateinische Dichterschule. Das Collegium poetarum des Konrad Celtis von 1501 bis 1537. In: Grazer Beiträge. Zeitschrift für die Klassische Altertumswissenschaft 22 (1998) 211-214.
  • Rudolf Kink: Geschichte der kaiserlichen Universität zu Wien, Bd. 1, 1. Teil: Geschichtliche Darstellung der Entstehung und Entwicklung der Universität bis zur Neuzeit. Wien 1854, S. 199-270.
  • Kurt Mühlberger: Poetenkolleg und Dichterkrönung in Wien. In: Bilder – Daten – Promotionen. Studien zum Promotionswesen an deutschen Universitäten der frühen Neuzeit, hg. von Rainer A. Müller †, bearb. von Hans-Christoph Liess, Rüdiger vom Bruch (Pallas Athene. Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte; 24). Stuttgart 2007, S. 84-119 [eine umfassende Darstellung des aktuellen Forschungs-Standes].

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