Daphne (Händel)

Daphne (Händel)
Werkdaten
Titel: Daphne
Originaltitel: Die verwandelte Daphne
Form: frühe deutsche Barockoper
Originalsprache: deutsch, italienisch
Musik: Georg Friedrich Händel
Libretto: Hinrich Hinsch
Uraufführung: Februar 1708
Ort der Uraufführung: Theater am Gänsemarkt, Hamburg
Ort und Zeit der Handlung: mythische Zeit und Ort (Thessalien, 6. Jh. v. Chr.)
Personen
  • Phoebus, verliebt in Daphne
  • Daphne, Tochter des Flussgottes Pineus, versprochen an Florindo
  • Florindo, Sohn des Flussgottes Enipheus , versprochen an Daphne, heimlich geliebt von Alfirena
  • Lycoris, Nymphe, verliebt in Florindo
  • Damon, Schäfer, verliebt in Lycoris
  • Galathea, alte Nymphe, Daphnes Vertraute
  • Alfirena, Tochter des Flussgottes Apidinus, heimlich verliebt in Florindo
  • Tyrsis, edler Schäfer aus Arcadien, Damons Freund
  • Cupido, Liebesgott
  • Schäfer, Schäferinnen, Landvolk, Priester


Die verwandelte Daphne (HWV 4) ist Georg Friedrich Händels vierte Oper und seine letzte in deutscher Sprache. Danach komponierte er nur noch einmal ein abendfüllendes Werk in seiner Muttersprache: die Brockes-Passion (1716). Alle später geschrieben Opern Händels sind in italienischer Sprache und vom Typ her Opere serie. Die Partitur der „Daphne“ ist verloren. Einzelne Sätze konnten in Sammlungen von Einzelwerken identifiziert werden.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Die ursprünglich für einen Abend vorgesehene Oper „Florindo und Daphne“ (in Hamburg wurden diese immer als Singspiel angekündigt) entstand bereits 1706 im Auftrag von J. H. Saurbrey, der ab 1707 das Theater am Gänsemarkt als Pächter übernahm. Über die Ursachen, die zur Teilung der ursprünglichen Anlage des Werkes in zwei selbständige Abschnitte führten, unterrichtet das Vorwort zum Libretto von „Florindo“, in dem es u.a. heißt: „... Weil aber die vortreffliche Music, womit diese Opera gezieret, etwas gar zu lang gefallen, und die Zuschauer verdriesslich machen möchte, hat man für nöthig erachtet, das gantze Werck in zwey Theile zu setzen; davon das Erste das zu den Ehren des Apollons angestellete Fest Pythia, und die an demselben Tage geschehene Verlobung des Florindo mit der Daphne vorstellet; und also den Namen des Glücklichen FLORINDO von dieser vornehmsten Handlung bekommen; Der andere Theil wird der Daphnen Halßstarrigkeit gegen des Phoebus Liebe, wie auch ihren empfundenen Abscheu für aller Liebe, und endlich ihre Verwandlung in einen Lorbeer-Baum fürstellen, und davon den Namen der Verwandelten DAPHNE erhalten.“

Die Libretti zu „Florindo" und „Daphne", deren Sujet Hinrich Hinsch vermutlich einer bisher nicht identifizierbaren italienischen Quelle entnahm, enthalten jeweils mehrere Arien in der Originalsprache. Da die Partituren beider Opern verlorengingen, dürfte Händel seine Autographe in Hamburg zurückgelassen haben.[1] Er verließ Hamburg vermutlich im Sommer 1706 und hat seine Doppeloper niemals gehört. Die musikalische Leitung der Uraufführungen lag höchstwahrscheinlich in den Händen von Christoph Graupner, der von 1705 bis 1709 Cembalist und Kapellmeister am Hamburger Opernhaus war.

Handlung

1. Akt

Der Tempel des Hymen (Gott der Fruchtbarkeit) ist mit brennenden Kerzen beleuchtet. Die Nymphe Daphne im Brautschmuck und Florindo, Sohn des Flussgottes Enipheus, mit Blumen bekränzt, gehen zum Altar des Hymen, um sich zu vermählen. Während die Priester dem Gott Opfergaben darbieten, tritt Cupido ein. Er verwundet Daphne, wie vorgesehen, mit einem Pfeil. Als der Priester ihr den Brautgürtel umlegen will, stösst Daphne ihn zurück. Sie schreit „Halt! ich will hinfort der Liebe nicht mehr fröhnen.“ Alfirena und Florindo sind entsetzt, auch die Mahnung zur Besinnung hilft nichts. Florindo, der Bräutigam, nun allein, ist fassungslos und kommt sich wie in einem bösen Traum vor.

Die Nymphe Lycoris, allein im Wald, freut sich, dass der Himmel nun ihren Wünschen für eine Liason mit Florindo entgegen kommt, indem er Daphnes Sinne verwirrt. Nun glaubt sie, bei ihm leichtes Spiel zu haben. Sie sieht aus der Ferne Daphne und Phoebus (Apollo) auf sich zulaufen. Sie versteckt sich geschwind. Und so hört sie, wie Daphne den Phoebus auffordert, sie in Ruhe zu lassen. Der allein gebliebene Phoebus philosophiert über die Unergründlichkeit der „Weiberherzen“. Die hinzukommende Lycoris stimmt ihm zu. Sie sagt Phoebus auf den Kopf zu, dass er Daphne liebe und dass man das gleiche auch in deren Augen lesen könne. Schließlich gibt sie ihm den Rat, sich durch den Widerstand nicht beirren zu lassen und bietet ihre Hilfe an.

Am selben Orte treffen nun der Schäfer Damon und sein vertrauter Freund Tyrsis zusammen. Damon ist äußerst argwöhnisch, dass sich zwischen Lycoris und Phoebus etwas anbahnen könnte. Tyrsis beruhigt ihn und versichert, dass Lycoris treu sei.

Florindo sehnt sich nach Daphne und beschimpft die grausamen Wälder, welche Daphne verstecken. Er fordert den Wind und die Blätter auf, ihm ihren Aufenthalt zu verraten. Alfirena, heimlich verliebt in Florindo, sieht, wie dieser der entdeckten Daphne nachrennt. Sie erkennt, dass Florindos Kräfte erschlaffen. Sie erwägt, ob sie ihm helfen soll, versteckt sich aber hinter einem Felsen, in den sie einritzt: „Ein Auge, das du kennst; ein Herz dir unbekannt.“ Florindo naht, er ist enttäuscht, dass er niemanden findet, fragt sich aber, wer die gefühlvolle Felsennachricht hinterlassen hat. Aber er besitzt nicht die Fähigkeit zur Interpretation.

Cupido tritt hinzu. Er warnt, die Liebe zu verschmähen. Er stellt sich nicht vor und bleibt für die Beteiligten ein schöner Knabe. Cupido erläutert, was die Inschrift sagt und von wem sie stammt. So glaubt er, Florindo zugunsten des Phoebus von Daphne weg und zu Alfirena hin zu locken.

2. Akt

Florindo, der Daphne nacheilt und sie auch erreicht, versucht sie zur Vernunft zu bringen. Aber sie will seine Liebe nicht mehr annehmen. Sie zerstört seine Hoffnung, denn sie will frei bleiben und berichtet ihm, dass die Göttin Diana sie auserkoren habe, in ihre Dienste zu treten. Nun sind beide hilflos und ohne Denk- und Handlungsziel. Sie will mit ihm sterben, aber nicht mit ihm leben.

Das Landvolk und die Priester des Pan bereiten einen Waldgottesdienst vor. Florindo zieht Daphne zu dem Waldtempel. Sie weigert sich zunächst, dann aber folgt sie. Cupido tritt hinzu und ist - als er die beiden aneinandergeschmiegt sieht - erschüttert und zornig darüber, wie kraftlos seine Liebespfeile waren. Durch seinen Zorn wird Pans Haus zerschmettert und Furien steigen aus der Erde. Während sich diese unter die Tanzenden mischen, gelingt es Daphne und den anderen, zu entrinnen. Florindo jedoch bleibt allein zurück. In der folgenden Begegnung mit Alfirena glaubt er zu entdecken, dass sie die Schreiberin der Felsschrift ist. Lycoris kommt zu Florindo, als Alfirena weggegangen ist und wirbt um ihn. Florindo ist verzweifelt, denn Daphne - welche von Phoebus begehrt wird – ist ihm versprochen. Nun kommt noch hinzu, dass er von Alfirena (jetzt gar nicht mehr so heimlich) geliebt wird. Das Durcheinander der Liebeswerbungen nimmt noch weiter zu, weil ihm erkennbar wird, dass auch die Nymphe Lycoris sich in ihn verliebt hat. Man kann also Florindos Verzweiflung verstehen, wenn er Daphne hinterher trauert und gleichzeitig an die Möglichkeiten seiner zweiten Wahl denkt. Galathea sieht von ferne, wie Lycoris mit den Kleidern der Daphne in den Wald auf die Berge zugeht. Sie fragt sich mit Phoebus, was es damit auf sich hat. Phoebus ist hoffnungsvoll, Daphne zu gewinnen und will sie sogleich suchen gehen.

3. Akt

Daphne bittet den Flussgott Pineus um Hilfe, um Apollo zu entkommen und er verwandelt sie in einen Lorbeerbaum (Jean-Baptiste van Loo)

Damon, allein im dichten Wald, ist verzweifelt, weil er nicht weiß, was aus seiner stillen Liebe zu Lycoris wird. Er geht tiefer in das Dickicht. Auch Florindo irrt allein im Wald herum. Er sucht etwas zu finden, weiß aber nicht genau, was. Lycoris, die Damon im Dickicht sah, erscheint in Daphnes Kleidern. Florindo meint, dass Daphne Damon folgen will und fühlt sich von ihr betrogen. Lycoris tut alles, damit er ihr Gesicht nicht erkennen kann und wischt ihm mit dem Schnupftuch Daphnes den Schweiß ab. Florindo birst vor Zorn, Neugierde und Unwissen. Der aus der Höhle hervorspringende Damon will das Schnupftuch nehmen, Florindo entreißt es ihm aber. Lycoris entwischt. Zwar kann Damon berichten, dass Daphne ihn zur Höhle bestellt hat, aber keiner von ihnen weiß sicher, wer die Entwischte ist. Ein Gespräch mit Lycoris bringt Florindo auch nicht weiter. Allerdings deutet sie untreues Verhalten der Daphne an.

Lycoris behauptet gegenüber Florindo, dass Daphne ihm untreu sei und stachelt ihn zur Rache an. Er aber lehnt ab, weil alle Schuld bei Amor liege. Die sich dazugesellende Alfirena beklagt Florindo wegen seines Unglücks und bringt dazu die Nachricht, dass Phoebus die Daphne raubte und mit ihr im Wald verschwand. Florindo will nunmehr die ganze Wahrheit wissen. Er fordert alle auf, mit ihm zu Phoebus' Tempel zu gehen.

In Phoebus' Tempel versucht Daphne, sich von Phoebus wieder loszureißen. Er aber hält sie fest und erinnert sie daran, dass sie sich selbst einst gewünscht hatte, diesen Ort zu besuchen. Jetzt, wo sie hier ist, wolle sie ihn nicht mehr. Er droht ihr, wenn sie dabei bliebe, mit dem Tode. Doch Daphne bleibt standhaft.

Florindo beklagt sich und fragt, ob jetzt auch noch der Tempel zur Mördergrube werden sollen. Dieser schwere Vorwurf missfällt Phoebus, weil er - so meint er - nie das Band der Treue zwischen Daphne und ihm versehrt habe. Deshalb bezichtigt nun Florindo Daphne der Falschheit (was von Damon auch bestätigt wird), weil auch sie ihm Liebeshoffnungen gemacht habe. Phoebus fordert nun dazu auf, Daphne in die Wüste zu verdammen. Daphne fühlt sich (mit Recht) unschuldig und ist darüber entsetzt.

Galathea erscheint, stellt geschickte Fragen und beweist damit, wie missverständliche und verdrehte Worte zur Lüge wurden. Sie kann erklären, dass Daphnes Kleider geraubt wurden. Florindo, mehr noch Damon, noch mehr Phoebus und am allermeisten Lycoris stehen dumm und unmoralisch da. Daphne ist nachweislich unschuldig. Jeder fragt nun den anderen, warum er sich als vermeintlicher Ränkeschmied so dumm verhalten habe. Der Chor der Schäfer und Nymphen sucht nach Ausgleich und gibt nicht den beteiligten Menschen, sondern Amor die Schuld.

Der auftretende Cupido warnt davor, Amors Zorn nicht noch mehr zu reizen. Vielmehr solle man, besonders Daphne, mehr Kraft dazu aufwenden, die Pfeilspitzen der Liebe besser zu analysieren und die eigene Verantwortung ernster zu nehmen. Dann hätte es auch bei Daphne diesen Sinneswandel nicht gegeben. Der Sinn aber führt zu Worten, die Worte werden zu Taten: so bestimmt der Betroffene die Richtung. Phoebus, froh, dass Cupido so weise denkt und solche versöhnlichen Worte findet, gibt dem Florindo die Alfirena, die ihm den Verlust Daphnes ersetzen soll. Damon wird Lycoris zugeteilt und Daphne wird in einen Lorbeerbaum verwandelt, der von jetzt ab durch den grossen Jupiter vor allen Schädlingen geschützt wird. Alfirena und Florindo einerseits und Lycoris und Damon andererseits beglückwünschen sich über den guten Ausgang.

Musik

Die in der „Newman Flower Collection“ überlieferten Instrumentalbegleitungen von fünf Sätzen, deren Systeme weder Singstimmen noch Textbeginn wiedergeben, tragen dort den Vermerk „Florindo del Sigr. G. F. Handel“. Infolge des jeweils fehlenden Vokalparts lässt sich jedoch nicht mehr mit Sicherheit feststellen, um welche Texte der beiden Libretti es sich bei diesen Stücken handelt. Vom Rhythmus bzw. von der Deklamation her könnten mehrere Arientexte den Themenköpfen unterlegt werden.

In der Aylesford Collection, die Charles Jennens von Händels Hauptkopisten zusammenstellen liess, befindet sich als Kopie von John Christopher Smith junior (ca. 1730) und Schreiber „Si“ in einem Sammelband eine Anzahl von Instrumentalsätzen (HWV 352-354), die vermutlich Fragmente der beiden verschollenen Opern sind. Diese Tanzsätze bilden einfache Suitenfolgen. Da aus den gedruckten Libretti ersichtlich ist, dass der Anteil an Ballettsätzen in beiden Opern relativ gross war, handelt es sich bei diesen Suiten infolge der stilistischen Einheitlichkeit aller Sätze, ihrer offensichtlichen thematischen Substanzgemeinschaft untereinander sowie mit anderen frühen Werken Händels und ihrer Überlieferung in Quellen gemeinsamer Provenienz mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Zusammenstellung von Chor- und Ballettsätzen aus beiden Opern.[2]

Somit wären 17 musikalische Nummern (wenn auch nicht vollständig) aus beiden Opern erhalten.

Literatur

  • Albert Scheibler: Sämtliche 53 Bühnenwerke des Georg Friedrich Händel, Edition Köln 1995, ISBN 3-928010-05-0
  • Bernd Baselt: Händel-Handbuch: Band 1, Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1978, ISBN 978-3-7618-0610-4
  • Bernd Baselt: Händel-Handbuch: Band 3, Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1986, ISBN 978-3-7618-0716-3

Einzelnachweise

  1. Bernd Baselt: Händel-Handbuch: Band 1, Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1978, S.63
  2. Bernd Baselt: Händel-Handbuch: Band 3, Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1986, S.125f.

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