Josef Deifl

Josef Deifl

Josef Deifl (* 14. November 1790 in Essing; † 1864 in Landshut) war ein bayerischer Infanterist zur Zeit der napoleonischen Herrschaft. Er schilderte seine Kriegserlebnisse in einem Tagebuch, das einen ungewöhnlich detaillierten Einblick in die Lebenswelt der bayerischen Soldaten der Zeit ermöglicht.

Inhaltsverzeichnis

Familie und Herkunft

Deifl wurde als Sohn eines „Eisenzrinners“, das heißt eines Eisenschmelzers, geboren. Er hatte fünf Geschwister, von denen jedoch nur zwei das Kindheits- und Jugendalter überlebten, und lebte mit seiner Familie in ärmlichen Verhältnissen. Bedingt durch seine Lebensumstände konnte er nur selten – meist im Winter – die Schule besuchen. In den arbeitsreicheren Sommermonaten musste er die Familie im elterlichen Haushalt unterstützen.

Das Leben als Soldat

Der Infanterist kämpfte 1809 bis 1815 für das bayerische Heer im 5. Infanterie-Regiment. In seinem Tagebuch sind zunächst seine Erfahrungen bei der Niederschlagung des von Andreas Hofer angeführten Tiroler Volksaufstandes nachzulesen. Mit Schrecken berichtete er von einer Beobachtung, die er im Zuge dessen gemacht hatte. Er musste mitansehen, wie neun Tiroler auf wahrscheinlich französischen Befehl hin gehängt wurden, da sie jedwede Kooperation verweigerten: „Sodann werden sie aufgehängt in denen dort stehenden Erlenbäumen. Ein K.B. Kanonier erfüllt die Exekution auf Befehl.“ Besonders blieb dem katholischen Deifl die Tatsache in Erinnerung, dass unter den Gehängten auch ein Mesner war.

1812 nahm Deifl als Teil des bayerischen Kontingents der Grande Armée am Russlandfeldzug Napoleons teil. Nach dem Rückzugsbefehl im Oktober 1812 mussten die Soldaten einen langen und beschwerlichen Heimweg antreten, den viele von ihnen nicht überlebten. Deifl geriet auf dem Rückzug zeitweise in russische Gefangenschaft, verweigerte einen Seitenwechsel und gelangte nach einem 25-monatigen Heimmarsch 1814 nach Essing zurück. Ein letztes Mal wurde Deifl 1815 gegen Frankreich in den Krieg geschickt. Nach der Niederlage Napoleons bei Waterloo wurde seine Einheit allerdings ohne in Kampfhandlungen verwickelt zu sein wieder zurück in die Heimat beordert.

Deifl schildert in seinem Tagebuch die Zustände, welchen die Soldaten ausgesetzt waren. So berichtet er von zahlreichen toten Pferden, die den Weg nach Hause säumen. Hunger, Not und Kälte sollen die Heimkehrenden soweit gebracht haben, dass sie in ihrer Verzweiflung nicht davor zurückschraken, diese toten Tiere zu essen. „…tote Pferdeluder waren so viele, daß jeder glaubte, sie seien seit zehn Jahren hierher gebracht worden […] Doch wird aus Mangel an Proviant noch Fleisch davon genommen und gar oft solches roh gegessen.“ Die Aufzeichnungen Deifls ermöglichen einen ungewöhnlich tiefen Einblick in die Erfahrungswelt der einfachen Soldaten der Zeit. Er stellt „die Ereignisse unsentimental dar, wobei er seine Schilderungen mit leichter Ironie würzt. Er schrieb, wie er redete und dachte, sein Stil ist lebendig und scharfsinnig. Die Strapazen, das Elend und die Gräuel des Krieges erfassen den Leser unmittelbar.“[1] Darin liegt die Besonderheit seines Tagebuches, das erstmals 1939 von Eugen von Frauenholz in Auszügen ediert und herausgegeben wurde.[2]

Das Leben nach der Kriegszeit

Über das Leben Josef Deifls nach dem Ende Napoleons ist heute wenig bekannt. Er kehrte zunächst nach Essing zurück und ging dort wieder seinem erlernten Handwerk als Eisenschmelzer nach. 1825 hat er geheiratet. Er verzog noch zweimal, zuletzt nach Landshut (1838), wo er auch verstarb.

Ein Jahr vor seinem Tode wurde er zu der Eröffnungsfeier der Befreiungshalle in Kelheim eingeladen. Bei der Einweihung am 13. Oktober 1863, dem 50. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, soll Deifl auf Ludwig I. getroffen sein und sich länger mit ihm unterhalten haben. Im Folgejahr 1864 verstarb Josef Deifl an einem Schlaganfall.

Literatur

  • Stefan Dietrich: Die Erinnerungen des bayerischen Infanteristen Josef Deifl an 1809. In: Tiroler Chronist 2008/4, S. 38-41.
  • Eberhard Dünninger und Verena Verheyden: Krieg und Frieden im Leben des Josef Deifl: ein bayerisches Soldatenschicksal im Zeitalter Napoleons. Bayerischer Rundfunk, 1983.
  • Hans Kratzer: Erschossen auf des Vaters Acker. Wieder aktuell: das Tagebuch des Napoleon-Soldaten Deifl. In: Süddeutsche Zeitung vom 1. Juli 2009, S. 36.
  • Hanns Haller: Der Infanterist Deifel aus Essing. Über ein Kriegstagebuch aus napoleonischer Zeit. In: Beiträge zur Heimatkunde von Niederbayern, Band III. Bearbeitet von Hans Bleibrunner. Landshut 1976, S. 381-396.
  • Ders.: Josef Deifel, der Infanterist. In: Hanns Haller: Zwischen Fels und Fluss. Essing im Altmühltal. Essing 1976, S. 138-145.
  • Hans Kramer: Die Erinnerungen eines bayerischen Infanteristen über den Feldzug 1809. In: Tiroler Heimatblätter, 34. Jahrgang, Heft 4/6, 1959, S. 65-70.
  • Jörg Nowy (Hg.): Infanterist Deifl. Ein Tagebuch aus napoleonischer Zeit. Abensberg 2000.
  • Paul Ernst Rattelmüller: Die Erlebnisse der Frau von Paur und des Infanteristen Deifl. In: Klio, Gesellschaft der Freunde und Sammler Kulturhistorischer Zinnfiguren, Landesgruppe Südbayern (Hg.): Jahresbericht 2004, S. 26-43.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans Kratzer: Erschossen auf des Vaters Acker. Wieder aktuell: das Tagebuch des Napoleon-Soldaten Deifl. In: Süddeutsche Zeitung vom 1. Juli 2009, S. 36.
  2. Infanterist Deifl: Ein Tagebuch aus napoleonischer Zeit. Herausgegeben von Eugen von Frauenholz, C.H. Beck´sche Verlagsbuchhandlung, München 1939. Es handelt sich um einen Auszug aus der Handschrift im Heeresarchiv München mit der Nummer HS 649.

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