Der Dreckspatz und die Königin

Der Dreckspatz und die Königin
Filmdaten
Deutscher Titel Der Dreckspatz und die Königin
Originaltitel The Mudlark
Produktionsland Großbritannien/USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1950
Länge 99 Minuten
Stab
Regie Jean Negulesco
Drehbuch Nunnally Johnson
Produktion 20th Century Fox
Musik William Alwyn
Kamera Georges Périnal
Schnitt Thelma Connell
Besetzung

Der Dreckspatz und die Königin (Originaltitel: The Mudlark) ist ein britisch-amerikanischer Film aus dem Jahr 1950 mit Irene Dunne in der Rolle der Königin Victoria und Alec Guinness als Benjamin Disraeli. Die fiktive Handlung erzählt, wie die Königin durch die Begegnung mit einem Straßenjungen aus ihrer tiefen Trauer um ihren verstorbenen Ehemann Prinz Albert herausfand.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Little Wheeler, ein Straßenjunge, halb verhungert und heimatlos, findet 1875 ein Medaillon mit dem Bild von Königin Victoria. Ein älterer Freund erklärt ihm, dass dies „die Mutter aller Engländer“ sei. Wheeler, der dies wörtlich nimmt, macht sich zu Fuß auf den Weg nach Windsor, um sie kennenzulernen. Victoria aber hat sich die letzten 13 Jahre in ihrem Palast von der Außenwelt verschlossen und trauert um ihren verstorbenen Gatten. Als Wheeler von den Palastwachen während den Vorbereitungen zu einem Staatsdinner entdeckt wird, verdächtigt man den Jungen fälschlicherweise Teil eines Komplotts zu sein, um die Königin zu ermorden. Der Premierminister Benjamin Disraeli erkennt, dass der Junge harmlos ist und verteidigt ihn vor dem Parlament. In seiner Rede kritisiert er indirekt die Königin, die sich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hat. Die Königin ist aufgebracht von der Rede, aber sie ist aufrichtig ergriffen von Wheeler, und schließlich kehrt sie ins öffentliche Leben zurück.

Hintergrund

20th Century Fox erwarb 1949 die Filmrechte an dem erfolgreichen Roman The Mudlark von Theodore Bonnet für 75.000 US-Dollar und begann unverzüglich mit den Vorbereitungen für die Verfilmung. Die Dreharbeiten sollten in England mit einer fast rein britischen Besetzung stattfinden. Studiochef Darryl F. Zanuck warnte deshalb den Regisseur Jean Negulesco ausdrücklich davor, die Schauspieler am Ende auch noch mit britischem Akzent reden zu lassen:

Nichts schadet einem Film aus England in Amerika so sehr wie ein ausgeprägter britischer Akzehn. Ein britischer Film muss absolut sensationell sein, um in diesem Land eine Chance zu haben und die ausgeprägte Abneigung der amerikanischen Zuschauer vor dem britischen Akzent zu überwinden. … Ein schottischer Akzent ist der schlimmste überhaupt. Wenn wir in dem Film zuviel mit Akzent sprechen lassen, haben wir ein gehöriges Problem.
Nothing has done more to kill English pictures in America than pronounced British accents. A British picture has got to be simply sensational to get by in this country and overcome the absolute hatred of American audiences for British accents….A Scottish accent is worst of all. If we load this picture with pronounced accents we are going to be in serious trouble.

Die Schauspielerin Irene Dunne wurde als Königin Victoria besetzt, da die meisten englischen Schauspieler in Amerika unbekannt waren und Dunne trotz ihrer 51 Jahre immer noch viele Fans hatte. Um Dunne wie die echte Königin aussehen zu lassen, verbrachte sie jeden Morgen rund 90 Minuten in der Maske, wo sie mit Hilfe von Latex und Make-Up älter und fülliger zurecht gemacht wurde.

Während die meisten zeitgenössischen Kritiker an Dunne und ihrer Darstellung herummäkelten und sie langweilig und statisch empfanden, mehren sich heute die Stimmen, die die Intensität ihrer Interpretation loben. Die Schauspielerin verschwindet vollkommen hinter dem Charakter. Sie legt hier zum einzigen Mal in ihre Karriere komplett ihren leichten Südstaatenakzent ab und spricht eher flach und abgehackt, ganz wie Victoria. Auch verzichtet Dunne in der Rolle auf ihre sonst typischen ausdrucksstarken Bewegungen mit den Händen. Stattdessen interpretiert sie die Königin als eine Frau, die sich vollständig in sich selbst und ihre Trauer zurückgezogen hat. Fast bis zum Schluss zeigt sie kaum Gefühlsregungen und bleibt kühl und abweisend. Erst als der Premierminister der Königin den Ernst der Lage erläutert, der aus ihrem vollständigen Rückzug aus der Öffentlichkeit für die Monarchie an sich entstanden ist, ruft sie in einem Anflug von Selbsterkenntnis mit Emphase] aus

They don’t like me!

Obwohl es anfänglich gewisse Vorbehalte im Vereinigten Königreich gegen die Besetzung der Victoria mit einer amerikanischen Schauspielerin gab, wurde der Film für die jährliche Royal Film Performance ausgewählt, einer Benefizveranstaltung zugunsten des Cinematograph Trade Benevolent Fund. Der Aufführung wohnten König Georg VI. und die königliche Familie bei.

Irene Dunne wiederholte ihre Rolle im August 1951 in der populären Radioshow Lux Radio Theatre mit Sir Cedric Hardwicke als Disraeli.

Die Rolle der Königin Victoria war bereits mehrfach Gegenstand von Bühnen- und Filmdarstellungen. Helen Hayes hatte 1935 in dem Theaterstück Victoria Regina den größten Erfolg ihrer Bühnenlaufbahn. In den drei Jahren nach der Premiere brachte es die Produktion auf 963 Aufführungen und die Schauspielerin tourte anschließend noch einige Jahre durch die USA. 1937 drehte Anna Neagle an der Seite von Adolf Wohlbrück den englischen FilmVictoria the Great. Der Film konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Victoria und Albert. Regie führte ihr Ehemann Herbert Wilcox. Der große finanzielle Erfolg brachte 1938 eine Art von Sequel unter dem Titel Sixty Glorious Years, der sich auf das gesamte Leben der Monarchin stützt. Die Beziehung zwischen der Königin und John Brown wurde 1997 als Mrs Brown unter der Regie von John Madden II mit Judi Dench und Billy Connolly in die Kinos gebracht. Bereits in den frühen 1970ern gab es Pläne, das Projekt mit Elizabeth Taylor und Sean Connery zu verfilmen.

Auszeichnungen

Bei der Oscarverleihung 1951 erhielt der Film eine Nominierung in der Kategorie

  • Beste Kostüme in einem Schwarz-Weiß-Film

Kritiken

Die meisten Kritiker fanden den Film charmant. Irene Dunne hingegen fand kein Lob für ihre Darstellung als Königin Victoria.

In der New York Times benutzte der Rezensent besonders harsche Worte gegenüber der Hauptdarstellerin:

[Der] Kritiker vermag zu berichten, dass es sich bei diesem Film […] um eine warmherzige und positive Produktion handelt. [Die] Darstellung von Irene Dunne in der Rolle der Victoria ist steif und unglaubwürdig. Leider, wenn auch nicht durch ihre Schuld, hat sie nicht das Talent für diese Aufgabe. Und obwohl sie sehr stark zurecht gemacht worden ist, um der überladenen Königin zu ähneln, gelingt es ihr kaum, die Illusion zum Leben zu erwecken oder echte Gefühle zu erzeugen, was insgesamt sehr bedauerlich ist.
[T]his reviewer should be able to report that this picture […], is a warm and rewarding show. [The] performance of Irene Dunne in the Victoria role is labored and superficial. Unfortunately, through no fault of hers, she is not possessed of the nature of the talent to do this job. And although she is made up stoutly to look like the overstaffed queen, she conveys very little illusion or real emotion, which is sadly missed.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Liste der Darsteller historischer Persönlichkeiten — Dieser Artikel listet Filmschauspieler auf, die in Filmen historische Persönlichkeiten dargestellt haben. Die Liste ist alphabetisch sortiert nach den historischen Persönlichkeiten. Die Darsteller der jeweiligen Persönlichkeit befinden sich… …   Deutsch Wikipedia

  • Oscarverleihung 1952 — Die Oscarverleihung 1952 fand am 20. März 1952 im RKO Pantages Theatre in Los Angeles statt. Es waren die 24th Annual Academy Awards. Im Jahr der Auszeichnung werden immer Filme des vergangenen Jahres ausgezeichnet, in diesem Fall also die Filme… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Filmdarstellern historischer Persönlichkeiten — Dieser Artikel listet Filmschauspieler auf, die in bekannten und bemerkenswerten Filmen bedeutenswerte historische Persönlichkeiten dargestellt haben. Die Liste ist alphabetisch sortiert nach den historischen Persönlichkeiten. Die Darsteller der… …   Deutsch Wikipedia

  • The Mudlark — Filmdaten Originaltitel: The Mudlark Produktionsland: Großbritannien/USA Erscheinungsjahr: 1950 Länge: 99 Minuten Originalsprache: Englisch …   Deutsch Wikipedia

  • Alec Guinness — Sir Alec Guinness (1973) Sir Alec Guinness, CH, CBE (* 2. April 1914 in Marylebone, London; † 5. August 2000 in Midhurst, West Sussex) war ein britischer Schauspieler …   Deutsch Wikipedia

  • Alec McGuinness — Sir Alec Guinness, CH, CBE (* 2. April 1914 in Marylebone, London; † 5. August 2000 in Midhurst, West Sussex) war ein britischer Schauspieler. Er war einer der bedeutendsten Filmakteure des 20. Jahrhunderts und wurde wegen seiner… …   Deutsch Wikipedia

  • Margaret Furse — Margaret Furse, geboren als Alice Margaret Watts (* 18. Februar 1911 in London; † 8. November 1974 ebenda) war eine britische Kostümbildnerin, die nicht nur den Oscar für das beste Kostümdesign, sondern auch den Britischen Filmpreis sowie einen… …   Deutsch Wikipedia

  • Irene Dunne — (1933) Irene Marie Dunne (* 20. Dezember 1898 in Louisville, Kentucky; † 4. September 1990 in Los Angeles, Kalifornien) war eine US amerikanische Theater und Filmschauspielerin …   Deutsch Wikipedia

  • Finlay Currie — Finlay Jefferson Currie (* 20. Januar 1878 in Edinburgh, Schottland; † 9. Mai 1968 in Gerrards Cross, Buckinghamshire, England) war ein schottischer Theater und Filmschauspieler. Biografie Currie begann seine Arbeit als Organist und Chorleiter,… …   Deutsch Wikipedia

  • William Alwyn — CBE (* 7. November 1905 in Northampton; † 11. September 1985 in Southwold) war ein englischer Komponist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Werke …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”