Ein Partnerschaftliches Lernprogramm

Ein Partnerschaftliches Lernprogramm

"EPL - Ein Partnerschaftliches Lernprogramm" ist ein Kommunikationstraining für Paare zur Verbesserung von Kommunikation und gegenseitigem Verständnis in der Paarbeziehung. Das Programm, das im Umfeld der römisch-katholischen Kirche entstanden ist, hat mittlerweile Verbreitung über diese hinaus gefunden. Neben dem jüngeren Freiburger Stresspräventionsprogramm für Paare (FTSP) ist es das dominierende derartige Training im deutschsprachigen Raum und trug maßgeblich dazu bei, der Prävention in Paarbeziehungen in den letzten Jahren einen starken Auftrieb zu verschaffen.[1]

Bis 2009 gab es etwa 1400 zertifizierte Trainer.[2] Das Anfang der 1990er entwickelte EPL geht auf das Premarital Relationship Enhancement Program (PREP) von Howard Markman zurück. [3] Das in Kursen angebotene Programm soll vor allem die Kommunikationsfähigkeit innerhalb einer Partnerschaft fördern, bevor lang anhaltende Probleme entstehen.[4].

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung und Evaluation

Autoren des Programms sind Franz Thurmaier und Joachim Engl vom Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, München in Zusammenarbeit mit Kurt Hahlweg vom Psychologisches Institut der TU Braunschweig. Ursprünglich war es ähnlich wie das in den 1980er entwickelte PREP[2] vor allem zur Vorbereitung junger Paare auf die Ehe gedacht. Für bereits länger andauernde Beziehungen älterer Paare hat sich daraus das Programm Konstruktive Ehe und Kommunikation (KEK) derselben Autoren entwickelt.[5]

Während über KEK nur erste Untersuchungen existieren, die auf verbessertes Kommunikationsverhalten und höhere Beziehungsstabilität hinweisen, gibt es über EPL bereits eine wissenschaftliche Langzeituntersuchung. [6] Diese lässt dauerhafte Lerneffekte der teilnehmenden Paare erkennen, die sich in einer deutlich verbesserten Kommunikation und konstruktiverer Konfliktbewältigung gegenüber der Kontrollgruppe auswirken. Bei einer Stichprobenuntersuchung über fünf Jahre unterschieden sich sowohl Scheidungs- als auch Kinderraten zwischen EPL-Paaren und einer Kontrollgruppe deutlich.[4] [7]

Die Untersuchung nach fünf Jahren mittels Videoaufnahmen zeigte sowohl verbal wie auch nonverbal mehr positives und weniger negatives Diskussionsverhalten zwischen den Partnern.[5] Dies wirkte sich allerdings nicht auf die subjektive Zufriedenheit aus. Im Marital Adjustment Test, der die Zufriedenheit mit der eigenen Beziehung misst, zeigte sich bei den nach fünf Jahren noch bestehenden Paaren kein signifikanter Unterschied.[8] Im Gegensatz zum PREP untersuchten die deutschen Studien allerdings nicht die Auswirkungen, die das EPL auf Gewalt innerhalb der Partnerschaft haben könnte.[9]

Das Programm wurde bei der Laudatio von Kurt Hahlweg zur Verleihung des Deutschen Psychologie-Preises als wertvoller Teil seines Lebenswerks genannt.[10]

Ablauf

In der Regel läuft das EPL ähnlich wie das PREP ab: Zwei Trainer betreuen vier Paare im Laufe eines wöchentliches Kurses oder eines Wochenendkurses.[4] Die Paare sollen im Kurs sowohl kognitiv erfassen, wo Kommunikationsprobleme auftreten können, als auch praktisch ein positiveres Kommunikationsverhalten einüben.[11] Die Rolle der Trainer ist vergleichsweise streng festgelegt. Sie sollen die Kommunikationswerkzeuge in Vortrag und Rollenspiel vorstellen. Während der Diskussionen sollen sie die Paare unterstützen, aber nur auf die formalen Aspekte des Gesprächs achten und nicht auf die inhaltlichen.[11]

Das Programm folgt einem schematischen Ablauf: In den ersten zwei Sitzungen werden Kommunikationsfähigkeiten eingeübt, in den Sitzungen drei und vier wird ein komplexeres Problemlösungsschema mit Hilfe eines Trainers eingeübt. Beginnen die Gesprächsübungen mit einfachen und unproblematischen Themen, werden sie im Laufe des Trainings auf kontroversere Themen angewendet. Haben die Paare diese Techniken erlernt, probieren sie sie an einem bestehenden Partnerschaftsproblem aus.[11] In den Sitzungen fünf und sechs tauschen sich Paare über Erwartungen aus und arbeiten insbesondere an der Kommunikation über sexuelle Themen.[12] Das KEK enthält zusätzliche Module, die sich vor allem mit Stresssituationen und verschiedenen Techniken des Umgangs damit auseinandersetzen.[11]

Beide Programme enthalten ausdrücklich keine therapeutischen Elemente, obwohl die einzelnen Anbieter selbst auch weitergehende beraterische und therapeutische Kompetenz besitzen können. Die Kurse sind daher nicht für Paare konzipiert, bei denen anhaltende schwerwiegende Probleme im Vordergrund stehen oder die eine Trennung beabsichtigen. Es sollen hingegen Gesprächstechniken und Problemlösefertigkeiten vermittelt werden, die schon früh dazu beitragen, Konflikte und Alltagsanforderungen effizient zu lösen.[4] Ähnlich wie im Freiburger Stresspräventionsprogramm soll daneben auch ein Mechanismus geboten werden, der so strukturiert ist, dass er auch von angelernten Trainern durchgeführt werden kann und die Teilnehmer vergleichsweise wenig Zeit und Aufwand kostet. Im Unterschied zu dem Freiburger Programm, das seinen Schwerpunkt vor allem auf kritische Situationen und den Umgang damit legt, versucht das EPL das gesamte Kommunikationsverhalten in den Blick zu nehmen.[9]

Verbreitung

EPL und FTSP sind beide in Deutschland relativ weit verbreitet, so dass Prävention mittlerweile ein Standardangebot in der deutschen Paarberatung ist.[13] EPL- und KEK-Gesprächstrainings werden in Deutschland durch regionale Kontaktstellen koordiniert und darüber hinaus in Österreich, Luxemburg und der Schweiz angeboten. Das Programm wird in der Regel von Beratungsstellen und assoziierten freien Beratern zu Teilnahmekosten in der Größenordnung des Volksbildungsbereichs angeboten. Anbieter des Programms sind durch eine entsprechende Fortbildung geschult und zertifiziert. Da das Programm stark strukturiert ist, reicht eine intensive Ausbildung der Trainer an zwei Wochenenden und danach begleitende Supervision aus.[14] Das Programm ist durch Lizenzierung gegen unbefugte Veränderung geschützt.

Siehe auch

Literatur

  • Franz Thurmaier: Ehevorbereitung - Ein Partnerschaftliches Lernprogramm (EPL): Methodik, Inhalte und Effektivität eines präventiven Paarkommunikationstrainings, Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, 1997, ISBN 393158402X
  • Franz Thurmaier, Joachim Engl, Volker Eckert: Ehevorbereitung - Ein Partnerschaftliches Lernprogramm, Ehrenwirth, 1993, ISBN 3431033369
  • Franz Thurmaier, Joachim Engl, Kurt Hahlweg: Ehevorbereitung - ein Partnerschaftliches Lernprogramm EPL: Kursleitermanual, Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, 1995, ISBN 3931584011
  • Franz Thurmaier, Joachim Engl, Agnes Passauer: Auffrischungskurs zum EPL (Ein Partnerschaftliches Lernprogramm), (APL): Kursleitermanual, Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, 2000, ISBN 3931584062

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Wirsching, Peter Scheib: Paar- und Familientherapie Springer, 2002 ISBN 3540418571 S. 118
  2. a b Timo Grünbacher: Beziehungskompetenz bei Paaren GRIN Verlag, 2009 ISBN 3640288483 S. 10–12
  3. Ina Grau, Hans-Werner Bierhoff: Sozialpsychologie der Partnerschaft, S. 202, Springer, 2002, ISBN 354042928X
  4. a b c d Wolfgang Lutz: Lehrbuch der Paartherapie UTB, 2006 ISBN 3825283402 S. 83–87
  5. a b Michael Wirsching, Peter Scheib: Paar- und Familientherapie Springer, 2002 ISBN 3540418571 S. 55–60"
  6. Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Familienbildung als Angebot der Jugendhilfe, 4.1. Veränderungen familienbezogener Wertvorstellungen und Leitbilder, Online Publikation, abgerufen am 16. Januar 2009
  7. Schindler, Hahlweg, Revenstorf: Partnerschaftsprobleme, S. 111, 2.Auflage, Springer, ISBN 3-540-11340-1
  8. l. Schindler, K. Hahlweg, D. Revenstorf (Hg.): Partnerschaftsprobleme: Diagnose und Therapie Springer Medizin, Heidelberg 2006 ISBN 3-540-62938-6 S. 112–115
  9. a b Rosemarie Nave-Herz: Kontinuität und Wandel der Familie in Deutschland: eine zeitgeschichtliche Analyse Lucius & Lucius DE, 2002 ISBN 3828202187 S. 151
  10. Jürgen Margraf: Laudatio auf Prof. Dr. Kurt Hahlweg zur Verleihung des deutschen Psychologie-Preises des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen, der Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie und der Deutschen Gesellschaft für Psychologie am 20. Oktober 2008 im Senatssaal der Humboldt Universität. Abgerufen am 1. November 2010 (PDF).
  11. a b c d Klaus A. Schneewind: "Priorität für die Familie" durch familiale Kommunikation in: Jörg Althammer (Hg.): Familienpolitik und soziale Sicherung: Festschrift für Heinz Lampert Springer, 2005 ISBN 3540245383 S. 25–38
  12. P. Lindsay Chase-Lansdale et al: Human development across lives and generations: the potential for change Cambridge University Press, 2004 ISBN 0521535794 S. 219–220
  13. Guy Bodenmann: Positionsbestimmung in der Paar- und Familienpsychologie in: Zeitschrift für Familienforschung, 18. Jahrg., Heft 2/2006, S. 148-170 als pdf
  14. Ina Grau, Hans-Werner Bierhoff: Sozialpsychologie der Partnerschaft Springer, 2002 ISBN 354042928X S. 202–205

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