Eidgenössische Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»

Eidgenössische Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»

Die Eidgenössische Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» ist eine Volksinitiative der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Sie will die Zuwanderung von Ausländern in die Schweiz durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente, die sich nach den gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz richten, begrenzen. Sie verlangt auch die Änderung dem widersprechender Staatsverträge, also namentlich der bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU, welche die Personenfreizügigkeit vorsehen.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Die SVP lancierte die Initiative im Juli 2011 im Vorfeld der Schweizer Parlamentswahlen 2011 und stellte ihren Wahlkampf unter das Thema «Masseneinwanderung stoppen!». Nach Angaben des Parteipräsidenten Toni Brunner wurden schon bis im Oktober 2011 120'000 Unterschriften gesammelt, also mehr als die benötigten 100'000.[1]

Argumente

Befürwortende Argumente

Die SVP begründet die Initiative wie folgt:[2]

  • Der Anteil der Ausländer in der Schweiz steige wegen dem unkontrollierten Zustrom aus der EU, den offenen Grenzen und verschleppten Problemen im Asylwesen explosionsartig an, nämlich von 5,9% (1950) auf 22% (2010).
  • Dies habe folgende Auswirkungen:
  • Strassen und Züge seien überfüllt, Mieten und Bodenpreise würden explodieren.
  • Zuwanderer aus der EU würden Arbeitnehmer aus Drittstaaten verdrängen, die wiederum nicht in ihre Heimatländer zurückkehren und die Schweizer Sozialwerke belasten würden.
  • Die Löhne würden unter Druck geraten.
  • Asylmissbrauch und Ausländerkriminalität würden steigen.
  • Daher müsse die Schweiz wieder selber bestimmen können, welche Ausländerinnen und Ausländer für wie lange in das Land kommen dürfen.

Ablehnende Argumente

Gegen die Initiative wurden unter anderem folgende Argumente vorgebracht:

  • Sie verstosse gegen das Freizügigkeitsabkommen mit der EU und würde daher zur Kündigung der gesamten bilateralen Abkommen I führen.[3] Eine Neuverhandlung des Abkommens habe sehr geringe Chancen, weil die Initiative mit den EU-Rechtsprinzipien unvereinbar sei und die Initiative für Verhandlungen nur drei Jahre Zeit lasse. Auch müsste die Schweiz der EU in Neuverhandlungen in anderen Bereichen weitgehende Zugeständnisse machen.[4]

Positionen

Bundesrat und Parlament werden erst nach dem Zustandekommen der Initiative offiziell zu ihr Stellung nehmen. Spitzenvertreter der anderen im Bundesrat vertretenen Parteien äusserten sich aber im Vorfeld der Wahlen ablehnend gegenüber der Initiative. CVP-Präsident Christophe Darbellay kündigte an, dass er von SVP-Bundesratskandidaten erwarte, dass sie sich gegen die Initiative stellten.[5] Die FDP.Die Liberalen gab ein Rechtsgutachten in Auftrag, das zum Schluss gelangte, dass die Initiative wohl zu einer Kündigung des Freizügigkeitsabkommens und damit zur Beendigung der bilateralen Verträge führen würde.[4][3]

Initiativtext

I
Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 121 Sachüberschrift (neu)
Gesetzgebung im Ausländer- und Asylbereich

Art. 121a (neu) Steuerung der Zuwanderung
1 Die Schweiz steuert die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig.
2 Die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz wird durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente begrenzt. Die Höchstzahlen gelten für sämtliche Bewilligungen des Ausländerrechts unter Einbezug des Asylwesens. Der Anspruch auf dauerhaften Aufenthalt, auf Familiennachzug und auf Sozialleistungen kann beschränkt werden.
3 Die jährlichen Höchstzahlen und Kontingente für erwerbstätige Ausländerinnen und Ausländer sind auf die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz unter Berücksichtigung eines Vorranges für Schweizerinnen und Schweizer auszurichten; die Grenzgängerinnen und Grenzgänger sind einzubeziehen. Massgebende Kriterien für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen sind insbesondere das Gesuch eines Arbeitgebers, die Integrationsfähigkeit und eine ausreichende, eigenständige Existenzgrundlage.
4 Es dürfen keine völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen werden, die gegen diesen Artikel verstossen.
5 Das Gesetz regelt die Einzelheiten.

II
Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt geändert:

Art. 197 Ziff. 9 (neu)
9. Übergangsbestimmung zu Art. 121a (Steuerung der Zuwanderung)
1 Völkerrechtliche Verträge, die Artikel 121a widersprechen, sind innerhalb von drei Jahren nach dessen Annahme durch Volk und Stände neu zu verhandeln und anzupassen.
2 Ist die Ausführungsgesetzgebung zu Artikel 121a drei Jahre nach dessen Annahme durch Volk und Stände noch nicht in Kraft getreten, so erlässt der Bundesrat auf diesen Zeitpunkt hin die Ausführungsbestimmungen vorübergehend auf dem Verordnungsweg.

Einzelnachweise

  1. Beni Gafner, «Die Leute sind Schlange gestanden, um zu unterschreiben», Der Bund vom 17. Oktober 2011
  2. Argumentarium zur Volksinitiative "gegen die Masseneinwanderung, Stand Juli 2011, abgerufen auf www.masseneinwanderung.ch am 17. Oktober 2011, S. 3
  3. a b Sebastian Heselhaus, Julia Hänni: Rechtsgutachten zur Frage der Vereinbarkeit der eidgenössischen Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“ (Zuwanderungsinitiative) mit dem Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen)
  4. a b "Rechtsgutachten zeigt: Zuwanderungsinitiative führt Schweiz in eine Sackgasse", Medienmitteilung der FDP.Die Liberalen vom 10. Oktober 2011
  5. Darbellay fordert die SVP heraus, Tages-Anzeiger vom 9. Oktober 2011

Weblinks


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