- Erbschaftsteuer im Vereinigten Königreich
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Im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland wird bei Erwerben von Todes wegen sowie unentgeltlichen Erbwerben unter Lebenden eine Erbschafts- und Schenkungsteuer (Inheritance tax) erhoben. Bei Schenkungen kann auch eine Kapitalgewinnsteuer (Capital Gain Tax) anfallen.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Die Erbschaftsteuer (im Englischen IHT abgekürzt) geht zurück auf eine bereits 1796 in England und Wales erhobene Nachlassteuer (tax on estates). Sie wurde 1975 durch die Capital Transfer Tax ersetzt und 1986 in Inheritance Tax unbenannt. Es handelt sich um eine sich unmittelbar auf den Nachlass beziehende Steuer, bei der nicht der Anfall beim Erwerber besteuert wird, weswegen es grundsätzlich auch auf die persönlichen Verhältnisse des Erben nicht ankommt. Dies folgt auch aus dem angelsächsischen Verständnis von dem Nachlass als eine eigene beschränkt rechtsfähige Vermögensmasse. Die Steuer wird in beschränkter Form auch auf Schenkungen erhoben. Von ihr werden nur etwa 6 % aller Nachlassfälle erfasst und ihr Aufkommen macht etwa 0.8 % des gesamten Steueraufkommens des Vereinigten Königreichs aus.
Persönliche Steuerpflicht
Der Erbschaftsteuer unterliegt im Vereinigten Königreich unbeschränkt mit seinem Weltvermögen, wer als dort domiziliert gilt. Domizil (domicile) ist nicht mit Residenz gleichbedeutend. Resident ist jemand, der sich mindestens 183 Tage im Vereinigten Königreich aufhält oder aber nach außen hin die Absicht erkennen lässt, für mehr als zwei Jahre dort zu leben. Für Zwecke des Erbschaftsteuerrechts muss aber noch hinzutreten, dass er dort auch sein Domizil begründen will, was normalerweise bedeutet, dass er sein Heimatdomizil (domicile of origin) aufgibt, um dauerhaft dort zu bleiben. Somit kann es auch bei mehrjährigem Aufenthalt an einem Domizil fehlen. Von einem Domizil im Vereinigten Königreich geht man aber dann aus, wenn jemand während der vergangenen 20 Jahre mindestens 17 Jahre sich dort als Resident aufgehalten hat.[1] Wird ein bestehendes Domizil aufgegeben, dann bleibt die Steuerpflicht noch drei Jahre nach dem Wegzug bestehen.[2] Fehlt es daran, dann besteht nur eine beschränkte Steuerpflicht, die nur den im Vereinigten Königreich belegenen Nachlass erfasst. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner (civil partner) sind von der Steuerpflicht befreit, soweit sie im Vereinigten Königreich domiziliert sind. Ist der erbende Partner dort nicht domiziliert, so erhält er nur einen Freibetrag in Höhe von 55.000 GBP.[3]
Nachlass
Der Steuer unterliegt der Nachlass des Erblassers zuzüglich der in den letzten sieben Jahren vor seinem Tode gemachten Schenkungen, auch solcher bzgl. derer er sich die unentgeltliche Nutzung weiterhin vorbehalten hatte (wie z.B. nach deutschem Rechtsverständnis bei Nießbrauch). Hinzugerechnet werden auch bestimmte vom Erblasser im Hinblick auf seinen Tod gebildete Sondervermögen (besondere trusts). Der Nachlass wird nach seinem Verkehrswert bewertet, steuerliche Bewertungsvorschriften finden keine Anwendung.
Steuerfreibetrag und Steuersatz
Steuerfrei bleibt der Nachlass mit einem Grundbetrag (so genannte nil-rate band), der jedes Jahr angepasst wird und für 2009 325.000 GBP (etwa 360.000 Euro) beträgt. Der Freibetrag wird mit dem am 6. April eines jeden Jahres beginnenden neuen Steuerjahres üblicherweise angehoben. Seine ursprünglich für das Steuerjahr 2010/11 angekündigte Erhöhung auf 350.000 GBP (etwa 385.000 Euro) wurde jedoch im Hinblick auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung ausgesetzt.[4] Der Freibetrag bezieht sich auf den Nachlass, nicht jedoch auf den Erben, ganz gleich wie viele Erben es gibt. Der übersteigende Betrag ist mit 40 % zu versteuern. Auf die verwandtschaftliche Stellung der Erben zum Erblasser kommt es nicht an.
Bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern, deren Zuwendungen untereinander ohnehin von der Erbschaftsteuer befreit sind, kann ein beim Erstversterbenden nicht zu Übertragungen auf andere Familienmitglieder, normalerweise Kinder, ausgenutzter Grundbetrag (nil-band rate) (etwa weil dem überlebenden Ehegatten oder Partner alles vererbt wird) auf den zweiten Nachlassfall beim Tod des überlebenden Ehegatten oder Partners übertragen werden, so dass für den Erhalt des Familienvermögens maximal der doppelte Freibetrag ( 650.000 bzw. 700.000 GBP) zur Verfügung stehen kann. [5]
Besondere Steuervergünstigungen
Bestimmte betriebliche Vermögen wie Wirtschaftsunternehmen, Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft sowie auch Kulturgüter können gänzlich steuerfrei übertragen werden. [6] Betriebsvermögen können danach mit einem Bewertungsabschlag von 100 %, also steuerfrei, übergehen, wenn das Unternehmen während der letzten zwei Jahre vor dem Tod dem Erblasser gehörte. Dies gilt nicht für Unternehmen, die keine originär gewerbliche Tätigkeit ausüben, wie etwa nur vermögensverwaltende Gesellschaften. Bei der Übertragung von an der Börse notierten Mehrheitsbeteiligungen (die Kontrollrechte vermitteln) beträgt der Bewertungsabschlag nur 50 %.[7] Nicht mehr erforderlich ist, dass die begünstigten Gegenstände auf dem Territorium des Vereinigten Königreich, bzw. auf den Kanalinseln oder der Isle of Man belegen sind, einbezogen wurden auf Drängen der europäischen Kommission auch auf dem Gebiet eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums belegene Wirtschaftsgüter.[8]
Schenkungen
Schenkungen unter Lebenden unterliegen nur insoweit der Erbschaftsteuer als sie innerhalb von sieben Jahren vor dem Tode des Erblassers erfolgten. Außerhalb dieses Zeitraumes sind sie steuerfrei. Schenkungen an bestimmte Zweckvermögen (trusts), die nicht mit dem Erbfall in Zusammenhang stehen (dann würden sie dem Nachlass zugerechnet), werden mit 20 % besteuert. Bei den dem Nachlass zuzurechnenden Schenkungen der letzten sieben Jahre wird von deren Wert ein sich nach dem seit der Schenkung verstrichenen Zeitablauf berechnender Abschlag gemacht (nach drei Jahren mit 20 % und sich dann jährlich um 10% steigernd, bis zu 80 %, so genannter taper relief).[9]
Verfahren
Eine Erbschaftssteuererklärung ist innerhalb von sechs Monaten ab dem Tod des Erblassers vom Vertreter des Nachlasses (einem Vollstrecker oder Verwalter), ansonsten vom Erwerber (als Begünstigten) abzugeben, diese sind auch für die Zahlung der Steuer verantwortlich.
Kapitalgewinnsteuer
Bei Schenkungen kann die Kapitalgewinnsteuer (Capital Gain Tax) anfallen, da eine Schenkung steuerrechtlich als eine Gewinnrealisierung behandelt wird. Die Steuer wird auf den bei einem echten oder fingierten Verkauf realisierten Wertzuwachs erhoben und wird grundsätzlich dem Schenker zugerechnet. Der Gewinn wird mit dem höchsten Steuersatz besteuert, mit dem der Steuerpflichtige im selben Jahr sein Einkommen versteuern muss. Bei der Berechnung des Wertzuwachses können unter bestimmte Voraussetzungen stille Reserven auf den Beschenkten übertragen werden, der dann das geschenkte Gut mit einem geringeren Wert in sein Vermögen nimmt (von dem bei einer erneuten späteren Gewinnrealisierung auszugehen ist). Soweit Rechtsvorgänge einen Bezug zur Erbschaftsteuer haben, kann es Befreiungen geben. Der Kapitalgewinnsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartner. Bei Schenkungen wird jedenfalls dann, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner zusammenleben, eine Gewinnrealisierung dadurch vermieden, dass die übergangenen Wirtschaftsgüter mit den Anschaffungskosten des Schenkers auch beim Beschenkten angesetzt werden. [10] Geldschenkungen (in Landeswährung) sowie die Schenkung der selbstgenutzte Hauptwohnung sind grundsätzlich von der Kapitalgewinnsteuer ausgenommen.[11]
Einzelnachweise
- ↑ * Erbschaftsteuer im Vereinigten Königreich (UK)
- ↑ Felix Oderski: Erbrecht in Großbritannien, England und Wales, in: Rembert Süß (Hrsg.): Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008, Zerb-Verlag, Angelbachtal, ISBN 978-3-935079-57-0, Seiten 719- 768, 766, Tz. 128
- ↑ Siehe unter: Spouse or civil partner exemption (Englisch)
- ↑ Seite der BBC, abgerufen am 6. Januar 2010: Inheritance tax threshold frozen
- ↑ HM Revenue & Customs: unused IHT nil rate band (Englisch)
- ↑ HM Revenue & Customs Business, Woodland, Heritage and Farm Relief (Englisch)
- ↑ BDI/vbw/Deloitte- Schriftenreihe zur Erbschaftsteuerreform, Ausgabe VI, 24. September 2007, Internationaler Vergleich, Standortwettbewerb, S. 5 f, [1]
- ↑ Seite der UK-Finanzverwaltung, geladen 10. Januar 2010, HMRC Inheritance Tax: Customer Guide (Englisch),[2]
- ↑ HM Revenue & Customs: Customer Guide (Englisch)
- ↑ H.M. Revenue & Customer: Relief for gifts (Englisch); HM Revenue & Customer; Husband, wive and civil partners (Englisch)
- ↑ Felix Oderski: Erbrecht in Großbritannien, England und Wales, in: Rembert Süß (Hrsg.): Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008, Zerb-Verlag, Angelbachtal, ISBN 978-3-935079-57-0, Seiten 719- 768, 767, Tz. 130
Literatur
- Felix Oderski: Erbrecht in Großbritannien, England und Wales, in: Rembert Süß (Hrsg.): Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008, Zerb-Verlag, Angelbachtal, ISBN 978-3-935079-57-0, Seiten 719- 768
- Troll-Gebel-Jülicher: Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Loseblattkommentar, 37. Aufl. 2009, Vahlen, ISBN 978-3-8006-2402-7, § 21 ErbStG Rdnr. 102 (Großbritannien)
- BDI/vbw/Deloitte- Schriftenreihe zur Erbschaftsteuerreform, Ausgabe VI, 24. September 2007, Internationaler Vergleich, Standortwettbewerb, S. 5 ff., [3]
Siehe auch
Weblink
- H.M. Revenue & Customer: Inheritance Tax (Englisch)
- H.M. Revenue & Customer: Inheritance Tax- Foreign Aspects (Englisch)
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