Carl Großmann

Carl Großmann
Polizeifoto

Carl Friedrich Wilhelm Großmann (* 13. Dezember 1863 in Neuruppin; † 5. Juli 1922 in Berlin) war ein Serienmörder, der auf frischer Tat ertappt wurde und später zwei weitere Morde gestand. Die geschätzte Anzahl liegt höher: zwischen weiteren 23 ungeklärten Mordfällen beziehungsweise 100 verschwundenen Personen im Raum Berlin. Er gilt als der Serienmörder mit den vermutlich meisten Opfern in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Carl Großmann war eines von acht Kindern des Lumpensammlers Großmann in Neuruppin. Er war ab 1876 Lehrling in der Fleischerei Ferdinand Kliefoth. Seine blutrünstigen Gedanken und Äußerungen erschreckten sogar seinen Bruder Franz. 1879 wurde er wegen einer sexuellen Annäherung an Frau Kliefoth entlassen.[1]

Von 1880 bis 1895 lebte er im 60 km entfernten Berlin. Seine erste Arbeitsstelle war die Fleischerei Naujocks nahe dem Alexanderplatz. Später zog er als Bettler, Hausierer und Kleinkrimineller durch Süddeutschland. Er machte sich mehrfach strafbar, u. a. wegen Hausfriedensbruch, Körperverletzung und Sexualdelikten, und verbüßte mehrere Gefängnisstrafen. Zuletzt wurde er am 4. Oktober 1899 in Bayreuth wegen Sittlichkeitsverbrechen zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Er hatte an einem Tag ein zehn- sowie ein vierjähriges Mädchen sexuell missbraucht. Die Vierjährige starb später an den Folgen der Tat. Die Vergewaltigung war so roh, dass sie zu einem Riss zwischen Vagina und After geführt hatte. 1913 wurde Großmann aus der Haft entlassen und kehrte nach Berlin zurück, wo er schließlich eine Wohnküche im Haus Lange Straße 88/89 bezog.

Großmann sprach seine Opfer (Prostituierte und alleinreisende Frauen) häufig in der Gegend um den Andreasplatz an und lud sie zu sich nach Hause ein. In der Nachkriegszeit des Ersten Weltkrieges herrschte hohe Arbeitslosigkeit. Er bot den obdachlosen Frauen an, in seinem Haushalt als „Wirtschafterin“ tätig zu werden.

Das Stadtviertel Berlin-Friedrichshain war eine der ärmsten und verruchtesten Gegenden und wurde aufgrund seiner hohen Kriminalitätsrate auch das „Chicago Berlins“ genannt. In den Jahren 1918 bis 1921 wurden im Engelbecken und im Luisenstädtischen Kanal in der Gegend um den Schlesischen Bahnhof (heute Ostbahnhof) 23 zerstückelte Frauenleichen gefunden.

Carl Großmann wurde am 21. August 1921 in seinem Haus neben seinem letzten Opfer Marie Nitsche auf frischer Tat gefasst. Nachbarn hörten Schreie und riefen die Polizei. Polizeibeamte klopften und brachen schließlich die Tür auf. Sie hinderten Großmann daran, Selbstmord zu begehen. In seinem Küchenofen wurden die verkohlten Überreste menschlicher Hände gefunden. Lediglich drei Morde gestand Großmann in den späteren Vernehmungen. Es wird vermutet, er könnte für das Verschwinden von etwa 100 Mädchen verantwortlich gewesen sein.[2] In jenem Sommer war die Berliner Kriminalpolizei aufs äußerste beunruhigt durch die Leichenfunde im Luisenstädtischen Kanal. In der Nähe von Großmanns Wohnung, zwischen der Schillingbrücke und dem Engelbecken, waren seit Mai beinahe täglich Teile weiblicher Körper gefunden worden.[3]

Es gibt Vermutungen, nach welchen Großmann seine Opfer zu Wurst- und Dosenfleisch verarbeitet habe, da er am Schlesischen Bahnhof einen Wurststand besaß. Ebenso wird spekuliert, er habe Teile seiner Opfer selbst verspeist. Diese Vermutungen konnten jedoch nie nachgewiesen werden.

Der 58-jährige Großmann tötete sich am 5. Juli 1922 vor dem Ende der Hauptverhandlung in seiner Zelle selbst. Er hatte sich aus seinem Bettzeug einen Strick gedreht und sich an einem Nagel seiner Zellentür erhängt.

„Wer der Verhandlung gegen Großmann folgte, hatte den Eindruck, dass die zur Anklage stehenden drei Fälle nur ein Bruchteil der Lustmorde gewesen sind, deren sich Großmann tatsächlich schuldig gemacht hat. Die Verhandlung wurde durch den Selbstmord des Angeklagten am Morgen des 5. Juli abgeschlossen.“

Dr. med. et phil. Kronfeld, Zeitschrift für Sexualwissenschaft, August 1922 [4]

Musik

Die Berliner Hip-Hop-Formation K.I.Z. veröffentlichte 2007 das Lied „Neuruppin“, welches als Anspielung auf die Taten Großmanns gesehen wurde, was die Band jedoch später verneinte. Die meisten der in dem Lied geschilderten Details der Morde weisen keine Gemeinsamkeiten mit Großmanns Taten auf.

Literatur

  • Horst Bosetzky: Die Bestie vom Schlesischen Bahnhof. Dokumentarischer Roman aus den 20er Jahren. Jaron-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-89773-078-2.
  • Matthias Blazek: Carl Großmann und Friedrich Schumann. Zwei Serienmörder in den zwanziger Jahren. ibidem-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8382-0027-9.
  • Peter Haining: Cannibal Killers. Murderers who kill and eat their victims. Magpie Books, London 2005, ISBN 1-84529-792-X, Kapitel: „The Bread And Butter Brides“.
  • Maria Tatar: Lustmord. Sexual Murder in Weimar Germany. Princeton University Press, Princeton NJ u. a. 1995, ISBN 0-691-04338-8.

Film

  • Die Bestie vom Schlesischen Bahnhof von Horst Bosetzky

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Horst Bosetzky (22. März 2004): Die Bestie vom Schlesischen Bahnhof : Textarchiv : Berliner Kurier Archiv. Berlinonline.de. Abgerufen am 13. Juni 2010.
  2. Serienmörder: Der Mädchenfänger von Berlin - Nachrichten Panorama - WELT ONLINE. Welt.de (6. April 2008). Abgerufen am 13. Juni 2010.
  3. erichs-kriminalarchiv. Erichs-kriminalarchiv.npage.de (21. August 1921). Abgerufen am 13. Juni 2010.
  4. s. Anne-Kathrin Kompisch: Wüstling – Werwolf - Teufel. Medienbilder von Serienmördern in der deutschen Massenpresse 1918-1945. Diss. Univ. Hamburg 2008 und Sace Elder Murder Scenes: Normality, Deviance, and Criminal Violence in Weimar Berlin Univ. of Michigan 2010, Chap.3 The Carl Großman Sexual Murder Case

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