Carlrichard Brühl

Carlrichard Brühl
Grab auf dem Alten Friedhof Bonn

Carlrichard Brühl (* 23. Februar 1925 in Frankfurt/Main; † 25. Januar 1997 in Düsseldorf) war ein deutscher Historiker für mittelalterliche Geschichte.

Leben

Carlrichard Brühl legte 1943 in Berlin die Reifeprüfung ab. Seit 1946 studierte Brühl Geschichte, Historische Hilfswissenschaften und Kunstgeschichte in Frankfurt am Main, wo er besonders von Paul Kirn und Harald Keller geprägt wurde. Er promovierte 1949 in Frankfurt bei Kirn über das Thema Reims als Krönungsstadt des französischen Königs bis zum Ausgang des 14. Jahrhunderts. Nach einem rechtswissenschaftlichen Ergänzungsstudium in Frankfurt, Bonn, und Paris erfolgte seine Habilitation mit der Arbeit Fodrum, Gistum, Servitium regis 1961 in Köln bei Theodor Schieffer. In diesem Werk liefert Brühl ein Gesamtbild der mittelalterlichen Königsgastung als notwendiger Grundlage der Reiseherrschaft in den drei großen Herrschaftsverbänden Deutschland, Frankreich und Italien. Brühl lehrte als Nachfolger von Peter Classen von 1966 bis 1990 Mittelalterliche und Neuere Geschichte an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Brühl war Directeur d'études an der École pratique des hautes études und seit 1975 korrespondierendes Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-lettres zu Paris und seit 1980 des Istituto Siciliano di Studi Bizantini. Brühl war u.a. „Visiting research Fellow“ des Merton College in Oxford 1978, „Visiting Member“ des Institute for Advanced Study in Princeton (1981/1982).

Sein Hauptforschungsschwerpunkt war das Frankenreich und die Nachfolgeherrschaften Frankreich, Italien und Deutschland. Brühl war auch als Urkundenforscher aktiv. Er leitete längere Zeit den „Codex diplomaticus regni Siciliae“, innerhalb dessen er selbst die lateinischen Urkunden König Rogers II. herausgab. Mit seinen Vortrag „Wann beginnt die Deutsche Geschichte“ am 6. Mai 1972 vor der Frankfurter Wissenschaftlichen Gesellschaft hat er Wissenschaftsgeschichte in der Diskussion um die Voraussetzungen über Formen und Anfänge der europäischen Nationen geschrieben. In seinem wohl populärsten Werk Deutschland–Frankreich, Die Geburt zweier Völker. (1990) sieht er die Entstehung Deutschlands und Frankreichs als einen zeitgleichen Vorgang an. Nach Brühl sei die staatliche Herausbildung der beiden karolingischen Herrschaftserben parallel verlaufen und müsse daher synchron gesehen werden. Erst ca. 1025 würden „Deutschland und Frankreich als ausgereifte, selbständige politische Größen faßbar werden.“[1] Das gesamte 10. Jahrhundert müsse daher als „Spätphase der fränkischen Geschichte angesehen“[2] werden.

Schriften

Monographien
  • Die Geburt zweier Völker: Deutsche und Franzosen (9. – 11. Jahrhundert), Köln (u.a) 2001, ISBN 3-412-13300-0.
  • Studien zu den merowingischen Königsurkunden, Köln (u.a.) 1998, ISBN 3-412-01598-9.
  • Aus Mittelalter und Diplomatik. Gesammelte Aufsätze. Hildesheim 1989.
  • Palatium und Civitas. Studien zur Profangeschichte spätantiker Civitates vom 3. bis zum 13. Jahrhundert. Band I: Gallien. Köln/Wien, Böhlau 1975. ISBN 3-412-11375-1; Band II: Germanien und Raetia II. ebd. 1990. ISBN 3-412-21788-3.
  • Geschichte der Philatelie, 2 Bde., Hildesheim u. a., Olms 1985. 1986. ISBN 978-3-487-07618-8.
  • Deutschland - Frankreich. Die Geburt zweier Völker, 2. verbesserte Auflage, Köln (u.a.) 1995, ISBN 3-412-08295-3.
  • zusammen mit Cinzio Violante: Die "Honorantie civitatis Papie": Transkription, Edition, Kommentar, Köln (u.a) 1983, ISBN 3-412-00483-9.
  • Studien zu den langobardischen Königsurkunden, Tübingen 1970, ISBN 3-484-80052-6.
  • Fodrum, gistum servitium regis: Studien zu den wirtschaftlichen Grundlagen des Königtums im Frankenreich und in den fränkischen Nachfolgestaaten Deutschland, Frankreich und Italien vom 6. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Köln u.a. 1968.
Herausgeberschaften

Literatur

  • Pierre Toubert: Carlrichard Brühl (1925-1997) [Nachruf; nécrologie], in: Francia 25/1, 1998, S. 274 (Digitalisat)
  • Jürgen Petersohn: Nachruf auf Carlrichard Brühl, in: Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main 36 Nr. 6, Stuttgart 1999, S. 65–70.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Carlrichard Brühl, Die Anfänge der Deutschen Geschichte, In: Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Bd. 10, Wiesbaden 1972, S. 147–181, hier: S. 176 bzw. S. 180.
  2. Carlrichard Brühl, Die Anfänge der Deutschen Geschichte, In: Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Bd. 10, Wiesbaden 1972, S. 147–181, hier: S. 173.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Brühl (Familienname) — Brühl ist ein Familienname. Bekannte Namensträger von Brühl ist eine adlige thürinigisch sächsische Familie, siehe Brühl (Adelsgeschlecht) Bekannte bürgerliche Namensträger sind: Albrecht Brühl (* 1951), deutscher Sozialrechtler, Professor und… …   Deutsch Wikipedia

  • Bruehl — Brühl (v. mittellat. brogilus, kelt. brog „Sumpf“, „feuchte Wiese“) ist heute der Name verschiedener Orte. Die Bezeichnung Brühl wurde im Frühmittelalter auch auf Wildgehege angewendet. Brühl ist der Name folgender Orte: Brühl (Rheinland), eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste des rois d'Italie — Pour les articles homonymes, voir Royaume d Italie. Sommaire 1 Historique 1.1 Le royaume lombard d Italie 1.2 …   Wikipédia en Français

  • Royaume d'Italie — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Plusieurs entités ont porté le nom de royaume d Italie. La Couronne de fer de Lombardie …   Wikipédia en Français

  • Liste der Biografien/Bru–Brz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich I. (Ostfrankenreich) — Bild Heinrichs I. in der anonymen Kaiserchronik für Kaiser Heinrich V., um 1112/14 Heinrich I. (* um 876; † 2. Juli 936 in der Pfalz Memleben bei Memleben an der Unstrut) aus dem Adelsgeschlecht der Liudolfinger war ab 912 Herzog von …   Deutsch Wikipedia

  • Altstämme — Die deutschen Stämme umfassen die „Altstämme“, die sich noch vor dem Jahre 1000 unserer Zeitrechnung herausgebildet hatten, sowie die sogenannten „Neustämme“, die im Verlaufe der Ostsiedlung nach dem Jahre 1000 entstanden. Die deutschen Stämme… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich I. (HRR) — Bild Heinrichs I. in der anonymen Kaiserchronik für Kaiser Heinrich V. Heinrich I. (* 876; † 2. Juli 936 in Memleben an der Unstrut) aus dem Geschlecht der Liudolfinger, nicht zeitgenössisch auch Heinrich der Vogeler[1], Heinrich der Burgenbau …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich II. (HRR) — Das Krönungsbild aus dem Regensburger Sakramentar: Die heiliggesprochenen Bischöfe Ulrich von Augsburg und Emmeram von Regensburg haben Heinrich vor den Thron des Höchsten geleitet. Die hohe Gestalt des Herrschers reicht bis in die Mandorla… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich der Burgenbauer — Bild Heinrichs I. in der anonymen Kaiserchronik für Kaiser Heinrich V. Heinrich I. (* 876; † 2. Juli 936 in Memleben an der Unstrut) aus dem Geschlecht der Liudolfinger, nicht zeitgenössisch auch Heinrich der Vogeler[1], Heinrich der Burgenbau …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”