Gefecht auf der Scheideck

Gefecht auf der Scheideck
zeitgenössische Lithographie des Gefechts

Das Gefecht auf der Scheideck (auch Gefecht bei Kandern oder in der Schreibweise Scheidegg) fand am 20. April 1848 im Rahmen der Badischen Revolution auf dem Scheideckpass südöstlich von Kandern in Baden statt. Friedrich Heckers badischer Revolutionszug traf auf Truppen des Deutschen Bundes unter dem Befehl General Friedrich von Gagerns. Nach einigen Verhandlungen und Geplänkel kam es auf der Scheideck zum kurzen Kampf, bei dem von Gagern fiel und die Aufständischen versprengt wurden. Das Gefecht auf der Scheideck leitete damit das Ende des Heckerzuges ein.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Verlaufskarte des Heckerzuges

Hecker begann seinen Revolutionszug am 13. April in Konstanz, von wo aus er nach Karlsruhe marschieren und unterwegs an Stärke gewinnen wollte. Aufgrund der Präsenz württembergischer Truppen bei Donaueschingen wurde er dort nach Süden abgedrängt und bewegte sich in den folgenden Tagen in westlicher Richtung, bis er das Wiesental erreichte und durch dieses nach Steinen marschierte. Von Steinen aus versuchte er, wieder nach Norden zu kommen und erreichte am 19. April Kandern.[1] Doch auch dort waren die Bundestruppen bereits in der Nähe: Über die Eisenbahn waren badische und hessische Truppen unter Führung des Generals Friedrich von Gagern nach Schliengen gekommen und marschierten von dort auf Kandern. Hecker hatte unterdessen den Entschluss gefasst, sich nach Steinen zurückzuziehen, um sich dort mit einem weiteren, 700 Mann starken[2] Revolutionszug zu vereinigen.[3] Dieser war am 17. April in Lotstetten aufgebrochen und entlang des Hochrheins nach Lörrach marschiert, wo er sich nach Nordosten in Richtung Steinen wandte.[4] Angeführt wurde er von Josef Weißhaar, während Gustav Struve teilweise bei diesem und bei anderen Zügen mitmarschierte.[5]

Beteiligte Truppen

Die Bundestruppen bestanden aus hessischen und badischen Verbänden. Das badische Kontingent setzte sich aus einem Bataillon des badischen Leibregimentes, einem Bataillon des zweiten badischen Infanterieregimentes und drei Schwadronen Dragonern zusammen.[6][7] Ein Bataillon des 3. Infanterieregiments bildete das hessische Kontingent.[8][9] Die Bundestruppen besaßen sechs Geschütze.[10] Befehlshaber war Generalleutnant Friedrich von Gagern, nach seinem Tod übernahm Oberst Heinrich Wilhelm von Hinckeldey, Kommandeur des 1. badischen Dragonerregimentes, den Befehl.[11] Der badische Major Gustav Kuntz fungierte als Generalstabschef der Bundestruppen.[12] Die Stärke der Bundestruppen wurde vom beteiligten Revolutionär Karl Kaiser auf 2200 Mann geschätzt.[13]

Den Bundestruppen gegenüber stand der rund 1200 Mann starke Revolutionszug Friedrich Heckers. Die Bewaffnung des Zuges war sehr gemischt und bestand teilweise nur aus Sensen. Wichtige militärische Anführer waren August Willich und Karl Kaiser[14] Die Artillerie der Revolutionäre umfasste zwei Geschütze.[15]

Verlauf

Einzug einer Weißhaar-Struveschen Freischärlerkolonne in Lörrach am 20. April 1848 auf dem Weg zur Unterstützung des Heckerzugs beim Gefecht auf der Scheideck[16]. (Ölgemälde von Friedrich Kaiser[17])

Rückzug aus Kandern

Am frühen Morgen des 20. April marschierten die Bundestruppen unter Gagern gegen Kandern vor. Die Aufständischen lehnten eine Aufforderung zur Aufgabe ab und zogen sich zurück, bevor der Ort von den Bundestruppen gestürmt wurde.[18] Gagern und Hecker trafen auf einer Brücke vor Kandern aufeinander; Gagern forderte Hecker zur Aufgabe auf, was von Hecker jedoch zurückgewiesen wurde. Laut Hecker sagte Gagern daraufhin zu ihm: „Sie sind ein gescheidter Mann, aber ein Fanatiker“, woraufhin Hecker entgegnete: „Wenn die Hingebung für die Befreiung eines großen Volkes Fanatismus ist, so mögen sie diese so bezeichnen.“[19] Die Revolutionäre setzten ihren Rückzug in südöstlicher Rückzug fort und gelangten so in die Hügellandschaft zwischen Kander- und Wiesental. Gagerns Bundestruppen blieben dicht hinter den Aufständischen. Nach etwa einer Stunde[20] erreichten jene die Passhöhe der Scheideck, zwischen Kandern und Schlächtenhaus.

Feuergefecht auf der Passhöhe

Auf der Passhöhe war ein weiterer Rückzug der Aufständischen ausgeschlossen: Hätten die Bundestruppen die Höhe eingenommen, so hätten sie von dort aus den weiteren Wegzug der Revolutionäre unter Feuer von oben nehmen können.[21] Sie formierten deswegen eine Linie und stellten ihre Geschütze auf. Mit Zurufen versuchten sie, die Bundestruppen zum Überlaufen zu bewegen, und einige Revolutionäre traten aus der Reihe vor und boten den Soldaten die Hand. [22] Wie es dann zum Feuergefecht kam, ist unklar. Laut dem Bericht des badischen Obersts von Hinckeldey wurde Gagern von den Aufständischen vorgerufen, forderte sie abermals zur Aufgabe auf, ging einige Schritte zurück zu seinem Pferd, als die Aufständischen das Feuer eröffneten.[23] Hecker dagegen gab an, dass einige der hessischen Soldaten sich in friedlicher Absicht auf die Revolutionäre zubewegt hatten. Gagern und einige Offiziere seien in die Spitze geritten, die Soldaten in die Linie zurückgekehrt, die Bundestruppen hätten den Feuerbefehl erhalten und die Aufständischen hätten das Feuer erwidert. [22] Gagern wurde von drei Kugeln getroffen, und der Befehl über die Bundestruppen ging an Oberst von Hinckeldey über. Die hessischen Truppen gingen zum Bajonettangriff über und drängten die Aufständischen zurück, die teilweise in die Wälder flohen und zersprengt wurden.[24] Die Bundestruppen rückten auf Schlächtenhaus vor. Hier wurde ein Bauer, der eine Mistgabel trug und vor den Truppen davonlief, erschossen.[25]

Zerstreuung des Weißhaar-Zuges

In Schlächtenhaus legten von Hinckeldeys Truppen eine kurze Rast ein und marschierten dann in Richtung Steinen weiter, wo der Struve-Weißhaarsche Revolutionszug lagerte und wohin auch Hecker mit 250 bis 300 Mann geflohen war. Struve und von Hinckeldey verhandelten. Der Befehlshaber der Bundestruppen forderte die sofortige Niederlegung der Waffen. Struve wünschte eine mehrstündige Frist zum Rückzug. Von Hinckeldey gewährte ihm allerdings nur eine halbe Stunde und ging danach gegen Steinen vor.[26] Die Aufständischen zogen sich hastig in Richtung Schweizer Grenze zurück. Bei Rheinfelden wurden ihnen die Waffen abgenommen, und in der Folgezeit zerstreute sich auch der Weißhaar-Struve-Zug.[27]

Verluste

Gedenkstein für die im Gefecht Gefallenen

Auf Seiten der Bundestruppen fiel neben General von Gagern ein badischer Grenadier; die Verluste der Revolutionäre lagen bei zehn Getöteten, von denen acht namentlich bekannt sind. Allen Gefallenen wurde auf der Passhöhe der Scheideck ein Gedenkstein errichtet.

Literatur

  • Ang. Hauser-Hauswirth (Redaktion): Wege der Revolutionäre. Wanderrouten Deutsche Revolution in Baden 1848/49, LpB Baden-Württemberg 1998
  • Das Gefecht bei Kandern und Tod des Generallieutenants von Gagern am 20. April- Nach neuen, bisher unveröffentlichten Aktenstücken, Karlsruhe, Verlag Franz Nöldeke, 1848; Sammlung von Berichten und Meldungen zum Gefecht, online verfügbar auf Google Books. Enthält unter anderem:
    • Friedrich Hecker: Erklärung des Dr. Hecker vom 12. Mai 1848
    • Heinrich Wilhelm von Hinckeldey: Bericht an das Kriegsministerium über das Gefecht der großherzoglich badischen und großherzoglich hessischen Truppen gegen die Rebellen bei Kandern am 20. April 1848
    • Bericht des den Truppen im Oberland als Civilkommissär beigegebenen Regierungsrath Stephani, von Lörrach den 20. April 1848
  • Gustav Struve: Geschichte der drei Volkserhebungen in Baden, Bern, 1849

Anmerkungen

  1. Hauser-Hauswirth, Wege der Revolutionäre, S. 6
  2. Struve, Geschichte der drei Volkserhebungen in Baden, S. 69
  3. Hauser-Hauswirth,Wege der Revolutionäre, S. 29
  4. Hauser-Hauswirth, Wege der Revolutionäre, S. 51f.
  5. Hauser-Hauswirth, Wege der Revolutionäre, S. 74
  6. Stephani in Das Gefecht bei Kandern, S. 5
  7. von Hinckeldey in Das Gefecht bei Kandern, S. 8
  8. Aussage des Vizekorporals Pröbstel in Das Gefecht bei Kandern, S. 23
  9. Stephani in Das Gefecht bei Kandern, S. 5
  10. von Hinckeldey in Das Gefecht bei Kandern, S. 8
  11. Das Gefecht bei Kandern, S. 25
  12. Das Gefecht bei Kandern, S. 37
  13. Kaiser in Das Gefecht bei Kandern, S. 32
  14. Kaiser in Das Gefecht bei Kandern, S.25-32
  15. von Hinckeldey in Das Gefecht bei Kandern, S. 9
  16. Gustav Struve: Geschichte der drei Volkserhebungen in Baden 1848/ 1849; Freiburg, 1980, S. 67f., Zitat: „Um so schnell als möglich die Verbindung mit der Heckerschen Schar herzustellen, zog die Weißhaar-Struve`sche Colonne, etwa 700 Mann stark, am folgenden Morgen, Gründonnerstag, den 20. April, nach Lörrach. Daselbst sollte Rast gehalten werden.
  17. Willy Real: Die Revolution in Baden 1848/49 (Stuttgart, 1983), Abb.3 (zw. S. 64 u. 65)
  18. von Hinckeldey in Das Gefecht bei Kandern, S. 8
  19. Hecker in Das Gefecht bei Kandern, S. 16f.
  20. Hecker in Das Gefecht bei Kandern, S. 17
  21. Hecker Das Gefecht bei Kandern, S. 17
  22. a b Hecker in Das Gefecht bei Kandern, S. 18
  23. von Hinckedey in Das Gefecht bei Kandern, S. 9
  24. von Hinckeldey in Das Gefecht bei Kandern, S. 9
  25. Stephani in Das Gefecht bei Kandern, S. 6
  26. von Hinckedey in Das Gefecht bei Kandern, S. 10.
  27. Hauser-Hauswirth, Wege der Revolutionäre, S. 62
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