Helmut Ottenjann

Helmut Ottenjann

Helmut Ottenjann (* 15. Mai 1931; † 4. Oktober 2010 in Cloppenburg) war ein deutscher Volkskundler und Prähistorischer Archäologe.

Helmut Ottenjann war 35 Jahre lang Direktor des Niedersächsischen Freilichtmuseums Museumsdorf Cloppenburg. Er folgte seinem Vater und Gründer des Freilichtmuseums, dem Studienrat Heinrich Ottenjann, als Direktor und übte das Amt von 1961 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1996 aus.

Helmut Ottenjann studierte nach dem Abitur am Cloppenburger Clemens-August-Gymnasium die kulturwissenschaftlichen Fächer Archäologie, Geschichte, Volkskunde und Kunstgeschichte. 1957 promovierte er an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel mit einer Dissertation über „Die nordischen Vollgriffschwerter während der Hochblüte der älteren Bronzezeit“. Als wissenschaftlicher Assistent an Museen in Schleswig, Stockholm und in Nürnberg sammelte er erste Museumserfahrungen, bevor er nach dem Tode seines Vaters Heinrich 1961 das Amt des Museumsleiters am Museumsdorf Cloppenburg übernahm.

Helmut Ottenjann machte das Niedersächsische Freilichtmuseum zu einer national wie international anerkannten Einrichtung. Er legte den Fokus nicht nur auf die reine museale Sammlungstätigkeit, sondern auch auf die wissenschaftliche Einordnung und Erforschung der Objekte. Wie wohnten unsere Vorfahren, wie kleideten sie sich, welche Transportmittel benutzten sie - dies war nur ein Bruchteil der Fragen, die den akribischen Ottenjann fast täglich umtrieben.

Neben dem wissenschaftlichen Interesse für die Geschichte der Region, das seinen Niederschlag in zahlreichen Veröffentlichungen, Fachbüchern und Ausstellungen fand, betrieb Ottenjann beharrlich auch den Ausbau des Museumsdorfes. Die Zahl der historischen Gebäude nahm stetig zu; er erweiterte das Museum von 20 auf 52 Gebäude und baute es zu einer international anerkannten Einrichtung aus.

Von 1971 bis 2001 war Ottenjann ehrenamtlicher Geschäftsführer des Heimatbundes für das Oldenburger Münsterland. Nach seiner Pensionierung initiierte er 1998 die Stiftung Kulturschatz Bauernhof, deren erster ehrenamtlicher Geschäftsführer er bis 1971 war. Er brachte die Qualifizierungsmaßnahme "Musealog" für arbeitslose Akademiker im Bereich der Museen und Baudenkmalpflege auf den Weg. Ottenjann forschte weiter über Möbel und bäuerliche Schreibkultur; er erstellte nach seiner Pensionierung noch über 75 wissenschaftliche Aufsätze.

Für Aufsehen sorgte ein Vortrag, den Helmut Ottenjann im Juni 2000 vor der Mitgliederversammlung der „Gesellschaft für Agrargeschichte“ mit dem Titel „Erfassen, Erschließen und Erhalten der Agrarkulturen in deutschen Landen“ hielt.[1] Darin forderte Ottenjann dazu auf, energisch Maßnahmen zu ergreifen, um das teilweise schon verfallende Agrarkulturerbe Deutschlands zu sichern und zu erhalten. Als Basis hierfür wurde die „Datenbank AgrarKulturerbe“ geschaffen, die alle Organisationen oder Personen in Deutschland umfassen soll, die sich mit dem Agrarkulturerbe befassen. Dies sind Museen, Museumsdörfer, Archive, Bibliotheken, Forschungseinrichtungen, Heimat- und Geschichtsvereine, Landschaftspflegeverbände, Verwalter historischer Stätten, ländlicher Siedlungen und Kulturlandschaften, Denkmalschützer oder private Sammler.[2]

Inhaltsverzeichnis

Ehrungen

  • Träger des Niedersachsenpreises für Kultur der Niedersächsischen Landesregierung 1982
  • Honorarprofessor der Universität Vechta/Osnabrück, 1987
  • Ehrenmitglied des Niedersächsischen Heimatbundes, 1998
  • Ehrenmitglied des Heimatbundes Oldenburger Münsterland, 2001
  • Ehrenring des Heimatbundes Oldenburger Münsterland und des Verbundes Oldenburger Münsterland, 2001
  • Verdienstkreuz am Bande des Niedersächsischen Verdienstordens, 2003
  • 1. AgrarKulturerbe-Preis, 2008
  • „Oldenburg-Preis“ der Oldenburgischen Landschaft, 2009

Werke

  • Helmut Ottenjann, Die nordischen Vollgriffschwerter der älteren und mittleren Bronzezeit, Römisch-Germanische Forschungen, Bd.30, Berlin 1969.
  • Helmut Ottenjann/Elfriede Heinemeyer, Alte Bauernmöbel aus dem nordwestlichen Niedersachsen, Nordwestniedersächsische Regionalforschungen, Bd. 1, 1. Aufl. Leer 1974, 2. neubearb. und erweiterte Aufl., Leer 1978.
  • Helmut Ottenjann/Helmut Tecklenburg, Alte Bauernhäuser zwischen Weser und Ems, in: Schriftenreihe „Historische Alltagskultur in Niedersachsen“, Hildesheim 1979, 3. Auflage Oldenburg 1989.
  • Helmut Ottenjann/Friedrich-Wilhelm Jaspers, Volkstümliche Möbel aus dem Ammerland, Bild- und Textteil, in: Materialien zur Volkskultur - nordwestliches Niedersachsen, Heft 4 u. 5, Museumsdorf Cloppenburg 1982/83.
  • Helmut Ottenjann, Museumsdorf Cloppenburg: Haus- und Hofarchive der ländlichen Bevölkerung Niedersachsens, Museumsdorf Cloppenburg 1991.
  • Helmut Ottenjann: Die Kartoffel. Geschichte und Zukunft einer Kulturpflanze. Museumsdorf, Cloppenburg 1992, ISBN 3-923675-30-5.
  • Hans Galen/Helmut Ottenjann (Hrsg.): Westfalen in Niedersachsen. Museumsdorf Cloppenburg, Cloppenburg 1993, ISBN 3-923675-37-2.
  • Helmut Ottenjann (Hrsg.): Landarbeit und Kinderwelt: das Agrarwesen in pädagogischer Literatur, 18. bis 20. Jahrhundert. Museumsdorf Cloppenburg, 1994.
  • Helmut Ottenjann u.a., Kulturschatzinsel Bauernhof, Einzigartiges Kulturerbe im Weser-Ems-Gebiet, Eine Denkschrift, Oldenburg 1996.
  • Helmut Ottenjann: Der Silhouetteur Caspar Dilly - Familienbilder der Landbevölkerung im westlichen Niedersachsen 1805–1841, Die Blaue Reihe 3, Heimatbund Oldenburger Münsterland, Cloppenburg 1998, ISBN 3-9804494-9-1.
  • Helmut Ottenjann, Regionalgeprägte Möbelkultur des Kirchspiels Löningen, Von Löningern erdacht – gemacht – genutzt, herausgegeben vom Heimatverein Löningen, Löningen 2003.
  • Helmut Ottenjann, Identitätskultur des „Bauern-Volkes, Aspekte einer synoptischen Sachkulturanalyse für die Weser-Ems-Region, Separatdruck aus „Frühe Neuzeit – Festschrift für Ernst Hinrichs“, herausgegeben von Karl-Heinz Ziessow, Christoph Reinders-Düselder u. Heinrich Schmidt, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2004, Separatdruck Verlag Ostendorf, Cloppenburg.
  • Helmut Ottenjann, Eigengeprägte Möbelkultur des Kirchspiels Ankum im 18. und 19. Jahrhundert, in: Heimat-Hefte für Dorf und Kirchspiel Ankum, Ausgabe 2005, S. 37 - 59.
  • Helmut Ottenjann, Bauerrichterbücher der Osnabrücker Kirchspielsbauerschaften des 18. und 19. Jahrhunderts als Dokumente gemeindlicher Selbstverwaltung. Der Bauer als Finanzier der Gemeindekasse, in: Osnabrücker Mitteilungen 2006, Bd. 111, Osnabrück 2006, S. 131 – 170.
  • Helmut Ottenjann, Hochzeitsschränke des Oldenburger Ammerlandes. Möbelkultur, Eherecht und Heiratskreise 1600 – 1800, in: Quellen und Studien zur Regionalgeschichte Niedersachsens, Bd. 10, Museumsdorf Cloppenburg 2006.
  • Helmut Ottenjann, Gedruckte und handgefertigte „Vorschriften“ seit der Frühneuzeit. Dokumente alemannischer, ostfriesischer und deutsch-amerikanischer Schulbildung in der Stadt und auf dem Lande, in: Heidrun Alzheimer, Fred G. Rausch, Klaus Rieder, Claudia Selheim (Hg.): Bilder – Sachen – Mentalitäten. Arbeitsfelder historischer Kulturwissenschaften. Wolfgang Brückner zum 80. Geburtstag, Regensburg 2010, S. 450 - 466.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. abgedruckt in: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie, Heft 1/2001, S. 1-12
  2. Gesellschaft für Agrargeschichte: Datenbank AgrarKulturerbe

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