Hermann Klenner

Hermann Klenner

Hermann Klenner (* 5. Januar 1926) ist ein deutscher Jurist und Honorarprofessor an der Humboldt-Universität Berlin. Er gilt als einer der bedeutendsten Rechtsphilosophen im deutschsprachigen Raum.[1]

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Leben und Karriere

Klenner trat mit 18 Jahren in die NSDAP ein. 1945/46 arbeitete er als Bauarbeiter, trat zunächst der SPD bei und verblieb 1946 dann in der SED.[2] Klenner studierte anschließend an der Martin-Luther-Universität in Halle, promovierte 1952 an der Humboldt-Universität zu Berlin und erhielt dort bereits 1956 seine erste Professur. Er gilt als ein international bekannter Verfechter marxistischer Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtsauffassung. Als SED-Mitglied in leitender Funktion verfasste Klenner eine Würdigungsrede zum 40. Jahrestag der Oktoberrevolution, die aufgrund teils historisch-kritischer Betrachtungen das Missfallen der politischen Führung erregte. Obwohl er daraufhin von einer misslungenen Rede sprach und das „Schädliche und Falsche“ gegenüber der Staatsführung einräumte, führte der Vorfall zum Verlust seiner Professur und zeitweisem Publikationsverbot.[3]

Klenner wurde zunächst Bürgermeister von Letschin im Oderbruch. 1960 bis 1967 arbeitete er an der Hochschule für Ökonomie in Karlshorst und erhielt danach eine Professur an der Akademie der Wissenschaften der DDR und wurde in das Komitee für Menschenrechte der DDR aufgenommen. Nach einem Lehrbuchentwurf wurde er von der Staatsführung als „rückfälliger Revisionist“ eingestuft und seine Arbeitsstelle 1969 geschlossen. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Akademie verfasste er weiter Bücher und Aufsätze und wurde später mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet, zudem erhielt er die Hegel- und die Pufendorf-Medaille. 1978 wurde er ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften, in den 80er Jahren vertrat er die DDR in der UN-Kommission für Menschenrechte. 1986 musste Klenner vom Posten des Leiters der Kommission zurücktreten, weil er durch antiisraelische Äußerungen aufgefallen war.[4] Der Vertreter Israels verlas daraufhin Klenners NSDAP-Mitgliedsnummer und bemerkte, Klenner sei wohl besonders zu Stellungnahmen in jüdischen Angelegenheiten berufen.[5]

In seinem wissenschaftlichen Wirken thematisiert Klenner insbesondere das Verhältnis von Macht und Recht und den Wert des Rechts in seiner Normativität. Die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen würdigte ihn für seine „ideologiekritische Rechtswissenschaft“, „die Recht nicht lediglich als Ausdruck der Macht und Reflex von Interessen versteht, sondern auch als Maß von Macht und Machtausübung“.[6]

Klenner ist Mitglied der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie, gehörte von 1967 bis 1987 deren Präsidium an und ist heute Ehrenmitglied des Präsidiums.[7] Er ist Mitglied der Partei Die Linke und sitzt in deren Ältestenrat.[4]

Kritik

Für sein Verhältnis zur DDR-Staatsführung wurde Klenner wiederholt kritisiert. Obwohl zeitweise selbst in Ungnade gefallen, arbeitete Klenner als Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit (IM "Klee") und erstellte in dieser Funktion unter anderem Gutachten über den Dissidenten Rudolf Bahro.[8] Auch seine Rechtfertigung der Todesstrafe in der DDR, der er „humanistischen Charakter“ bescheinigte, wurde kritisiert.[9] Klenner wurde auch der Menschenrechtspreis der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde verliehen, die vom Berliner Verfassungsschutz beobachtet wird und als Plattform für Personen gilt, „die nach 1990 ihre Ämter oder Reputation als Angehörige der DDR-Funktionselite oder als Künstler, Wissenschaftler oder Juristen verloren haben“.[10]

Auszeichnungen

Schriften (Auswahl)

  • Marxismus und Menschenrechte: Studien zur Rechtsphilosophie, Akademie Verlag, 1982
  • Vom Recht der Natur zur Natur des Rechts. Akademie Verlag, 1984
  • Immanuel Kant - Rechtslehre: Schriften zur Rechtsphilosophie. (Hrsg.) Akademie Verlag, 1988
  • Deutsche Rechtsphilosophie im 19. Jahrhundert: Essays. Akademie Verlag, 1991
  • Das wohlverstandene Interesse: Rechts- und Staatsphilosophie in der englischen Aufklärung. Dinter, 1998
  • Die Geschichtlichkeit des Rechts: Klassisches Rechtsdenken in Deutschland. Dinter, 2003
  • Recht und Unrecht. Transkript Verlag, 2004
  • Historisierende Rechtsphilosophie. Haufe-Lexware, 2009

Einzelnachweise

  1. Herrmann Klenner bei Perlentaucher
  2. Bernd Rüthers: Geschönte Geschichten, geschonte Biographien: Sozialisationskohorten in Wendeliteraturen : ein Essay. Mohr Siebeck, 2001, S. 61
  3. Guntolf Herzberg: Anpassung und Aufbegehren: die Intelligenz der DDR in den Krisenjahren 1956/58. Ch. Links Verlang, 2006, S. 395ff
  4. a b Ex-Nazis an führenden Stellen. Focus, 8. Mai 2010
  5. Henry Leide: NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Vandenhoeck & Ruprecht, 2005, S. 87
  6. Geburtstagsgratulation an Hermann Klenner. Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen
  7. Joachim Herrmann: Vorrede zu Ehren von Hermann Klenner. Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, 85(2006), S. 5–11
  8. Guntolf Herzberg: Aufbruch und Abwicklung: Neue Studien zur Philosophie in der DDR. Ch. Links Verlag, 2000, S. 99, 112
  9. Günter Platzdasch: Was nicht zusammengehört. FAZ, 25. September 2008
  10. Berichte im Ausschuss für Verfassungsschutz (VSA) des Abgeordnetenhauses von Berlin, behandelt in öffentlicher und nicht-öffentlicher Sitzung am 14. März 2007 und am 18. April 2007, S. 4
  11. Laudatio für Hermann Klenner und Erwin Siemantel. Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen

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