Perlentaucher

Perlentaucher
Perlentaucher Medien
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Rechtsform GmbH
Gründung 2000
Sitz Berlin
Leitung Thierry Chervel
Produkte Presseschauen, Buchkritiken
Website www.perlentaucher.de

Der Perlentaucher ist ein deutsches Onlinemagazin für Literatur und Kultur. Perlentaucher ist nach eigenen Angaben mit über 500.000 Besuchern im Monat (Stand: 2007)[1] „wohl das größte Kulturmagazin im deutschsprachigen Netz“.[2] Kernelemente sind eine Feuilletonrundschau, in der täglich die Feuilletons der großen deutschsprachigen Qualitätszeitungen (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau, Neue Zürcher Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Der Tagesspiegel, tageszeitung, Die Welt, Die Zeit) ausgewertet und zusammengefasst werden, eine internationale Magazinrundschau sowie eine Buchdatenbank mit etwa 37.000 Einträgen (Stand: Ende 2011),[3] in der sich seit dem Jahr 2000 Resümees zu praktisch allen in diesen Zeitungen veröffentlichten Buchkritiken finden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Idee für den Perlentaucher hatten im Jahr 1999 Anja Seeliger und Thierry Chervel, die dann zusammen mit Adam Cwientzek und Niclas Seeliger die Perlentaucher Medien GmbH gründeten. Seit 15. März 2000 ist der Perlentaucher online.

Die Feuilletonrundschau mit dem Titel „Heute in den Feuilletons“ wird täglich durch Spiegel Online übernommen. Perlentaucher verkauft Bannerwerbung auf der Website und in den verschickten E-Mail-Newslettern und bietet einen Service zum Erstellen von Websites an.

Die Website wurde 2003 mit dem „Grimme Online Award Medienjournalismus“ ausgezeichnet. Die Jury bezeichnete Perlentaucher.de als ein einzigartige[s] „Journal der Journale“.[4]

Im Jahr 2005 gründete der Perlentaucher mit Förderung der Kulturstiftung des Bundes eine englischsprachige Schwesterseite: signandsight.com richtet sich an ein internationales Publikum und will mit einer eigenen Feuilletonschau, Übersetzungen ausgewählter Artikel und Themen-Schwerpunkten einen Einblick in das zeitgenössische Kulturleben und die gesellschaftliche Debatte in Deutschland geben.

Perlentaucher betreute gemeinsam mit dem Magazin Courrier international (Le Monde) von 2005 bis zum April 2008 die Presseschau der Seite euro|topics, eines Webangebots der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).[5] Nachdem im Juni 2007 der damalige freie Mitarbeiter für euro|topics, Olaf Sundermeyer, in der FAZ einen Artikel gegen die Arbeit von Perlentaucher veröffentlicht hatte,[6] ließ bpb-Präsident Thomas Krüger das Projekt im Oktober 2007 neu ausschreiben. Die Ausschreibung gewann das Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung e.V. (n-ost), ein auf Osteuropa spezialisiertes Netzwerk von etwa 200 internationalen Journalisten[7] und Medien, dem auch Sundermeyer angehört.[8] Beiratsmitglied von n-ost ist der FAZ-Mitherausgeber Werner d'Inka. Dieser versicherte, von der Bewerbung nur „beiläufig in meiner Funktion als Beirat“ erfahren zu haben und erst danach mit Sundermeyer Kontakt aufgenommen zu haben.[9] Perlentaucher verlor damit seinen bis dahin größten Auftrag in Höhe von 560.000 Euro.[10]

Im Januar 2011 ersuchten „die Perlentaucher“ (so die Unterschrift) ihre Leser um einen finanziellen Beitrag, um den weiteren Bestand der Plattform sicherzustellen. Der Appell wurde mit dem Verfall der Preise für Bannerwerbung im Internet begründet. Man bitte um eine freiwillige Unterstützung durch die Leser, weil der Perlentaucher weiterhin als frei zugängliches Angebot im Internet erhalten bleiben solle.[11] Der Aufruf erbrachte innerhalb von zwei Wochen Spendeneinnahmen in Höhe von 22.000 Euro. Den Lesern wurde mitgeteilt, weil die Spendenfinanzierung zur Unabhängigkeit des Portals beitrage, bleibe ihnen diese Möglichkeit, den Perlentaucher zu unterstützen, auch weiterhin eröffnet.[12]

Rechtsstreit

Der Perlentaucher und zwei große deutsche Zeitungsverlage trugen zwischen 2006 und 2011 eine gerichtliche Auseinandersetzung durch alle Instanzen über mögliche Urheberrechtsverletzungen aus. Durch den Weiterverkauf von Zusammenfassungen aus dem Feuilleton an die Online-Buchhändler amazon.de und buecher.de sahen FAZ und SZ ihre Urheberrechte verletzt. Ihre Klagen auf Unterlassung und Schadenersatz wurden jedoch am 23. November 2006 vom Landgericht Frankfurt am Main und am 11. Dezember 2007 auch in zweiter Instanz abgewiesen. Die Abstracts der Buchrezensionen seien als freie Benutzungen der Originalrezensionen zulässig (§ 24 UrhG). Ebenso wenig verstoße ihre gewerbliche Nutzung gegen Markenrechte der Kläger oder gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Dagegen legten FAZ und SZ Revision ein. Am 1. Dezember 2010 hob der Bundesgerichtshof die Berufungsurteile auf und verwies die Sachen an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zurück. Er bestätigte zwar die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Kläger kein generelles Verbot der Verwendung ihrer Buchrezensionen verlangen könnten, vielmehr die urheberrechtliche Zulässigkeit einer Verwertung der Abstracts allein davon abhänge, ob es sich bei den Zusammenfassungen um selbständige Werke handelt, die in freier Benutzung der Originalrezensionen geschaffen worden sind und daher gemäß § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung der Urheber der benutzen Werke verwertet werden dürfen. Das Berufungsgericht habe bei seiner Prüfung, ob die von den Klägern beanstandeten Zusammenfassungen diese Voraussetzung erfüllen, aber nicht die richtigen rechtlichen Maßstäbe angelegt und zudem nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt.[13]

Am 1. November 2011 entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass tatsächlich bestimmte Perlentaucher-Kritiken, die im Dezember 2004 erschienen waren und von den Klägern konkret benannt wurden, ihr Urheberrecht verletzten. Diese Abstracts bestünden mehr oder weniger aus einer Übernahme von besonders prägenden und ausdrucksstarken Passagen der Originalrezensionen, von denen lediglich einige Sätze ausgelassen worden seien. Sie stellten deshalb eine unzulässige "unfreie" Bearbeitung im Sinne des Urhebergesetzes dar und hätten ohne die Einwilligung der Klägerinnen nicht übernommen werden dürfen. In diesem - eingeschränkten - Umfang gab das Oberlandesgericht den Berufungen deshalb statt und änderte die vorausgegangenen Urteile des Landgerichts entsprechend ab.[14] [15]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Laut IVW, nachzuschlagen unter diesem Link.
  2. „Signandsight – das ist hier die Frage“, Perlentaucher, 21. Februar 2005.
  3. Datenbankstatistik. perlentaucher.de, abgerufen am 19. November 2011 (Datenbankstatistik: Bücher: 37298, Notizen: 61983, Autoren: 23949, Verlage: 2157).
  4. „Preisträger des »Grimme Online Award Medienjournalismus«“, Adolf-Grimme-Institut, 2003.
  5. „In eigener Sache. Abschied von Eurotopics“, perlentaucher.de, 4. März 2008.
  6. „Internet. Die Gedanken der anderen“, FAZ, 29. Juni 2007.
  7. „Die Gedanken der anderen“, die tageszeitung, 8. März 2008.
  8. Beiträge von Sundermeyer, n-ost.de.
  9. Daland Segler: „Kulturmagazin. Eine Perle weniger“, Frankfurter Rundschau, 10. März 2008.
  10. „Perlentaucher verliert seinen größten Auftrag“, Tagesspiegel, 11. März 2008.
  11. perlentaucher.de: Appell. abgerufen am 19. Januar 2011: „Liebe Leserinnen, liebe Leser, für viele von Ihnen gehört der Perlentaucher wie der Morgenkaffee zum Tagesbeginn. Um Ihnen diesen Service weiterhin bieten zu können, brauchen wir Ihre Unterstützung, damit es den Perlentaucher auch in Zukunft gibt!“
  12. In eigener Sache: Die Perlentaucher danken ihren Lesern! perlentaucher.de, 2. Februar 2011, abgerufen am 3. Februar 2011.
  13. Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs
  14. Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, Urteile vom 1. November 2011, Aktenzeichen 11 U 75/06 und 11 U 76/06. 1. November 2011, abgerufen am 1. November 2011.
  15. Redaktion: FAZ und SZ gegen Perlentaucher: Das Urteil. In: Perlentaucher. 1. November 2011, abgerufen am 1. November 2011.

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