St. Maria zur Höhe (Soest)

St. Maria zur Höhe (Soest)
Pfarrkirche Maria zur Höhe von Süden

St. Maria zur Höhe, auch Hohnekirche, ist eine kunsthistorisch bedeutende Kirche in Soest. Sie gilt als eine der ersten Hallenkirchen.

Die Kirche liegt etwas abseits im Norden der Altstadt von Soest. Sie wird auch Hohnekirche genannt, um sie von der Kirche St. Maria zur Wiese (Wiesenkirche) besser unterscheiden zu können. Sie ist als Bauwerk hinsichtlich ihrer baulichen Gliederung und Innenraumgestaltung besonders bemerkenswert und beherbergt daneben mehrere künstlerische Raritäten.

Inhaltsverzeichnis

Gebäude

Ansicht von Norden

Der Haupteingang liegt an der Südseite, was sich ab dem 13. Jahrhundert in Westfalen immer mehr durchsetzt. Die Kirche wurde ab 1220 erbaut und ist eine der frühesten Hallenkirchen überhaupt. Am Kirchenraum lässt sich die Entwicklung des Typs der westfälischen Hallenkirche gut ablesen, denn zum Teil sind noch die baulichen Strukturen der romanischen Vorgängerkirche zu erkennen, die noch keine Hallenkirche war. Das Hauptportal-Tympanon aus dieser Zeit folgt noch ganz der romanischen Auffassung: Es zeigt über der Kreuzigung Sonne und Mond. Links findet die Geburt Christi statt, darüber steht Joseph mit Judenhut, links daneben Gottvater in einem Halbkreis. Rechts von der Kreuzigung stehen die drei Frauen am Grabe am Ostermorgen hinter dem offenen Sarkophag.

Der Innenraum zeigt ein ganz anderes Bild. Hier ist durch eine sorgfältige Restaurierung 1880 die mittelalterliche Bemalung nach vorhandenen Resten nachempfunden worden. Der Innenraum ist breiter als lang und entspricht somit nicht den üblichen Abmessungen einer solchen Kirche.

Taufkapelle

Die Taufkapelle befindet sich unter dem Turm. Sie war schon im Vorgängerbau vorhanden. Während der zweiten Bauetappe musste ein Wandpfeiler abgefangen werden, denn er hätte sonst den Zugang verschlossen. Dies geschah durch drei Säulen. Der romanische Taufstein wurde vor 1220 geschaffen und zeigt in Halbreliefs Maria, Johannes mit Lamm und sechs Apostel.

Innenraumgestaltung

Das Soester Scheibenkreuz

Das Soester Scheibenkreuz von 1200

Ein Scheibenkreuz ist eine Unterart eines Triumphkreuzes.

Das im Innenraum zu sehende Scheibenkreuz ist eine kunsthistorische Rarität. Es stammt aus der Zeit um 1200. Dieses Scheibenkreuz ist einzigartig auf dem europäischen Festland und das älteste der Kunstgeschichte. Ähnliches findet man fast nur noch auf der Insel Gotland in Schweden. Dabei handelt es sich aber durchweg um jüngere Formen. Ursprünglich war hier noch der Korpus, also der Christuskörper angenagelt, was man aus den vorhandenen Nagelspuren ersehen kann. Das Scheibenkreuz besteht aus Fichten- und Kiefernholz, hat eine Höhe von 3,89 m und einen Scheibendurchmesser von 2,72 m. Die Bretter und die Reliefs waren und sind teilweise noch mit Leinwand überzogen, auf die eine Gipsgrundierung mit Silberfolie aufgebracht wurde.

In dieser Weise waren im Mittelalter Standbilder aus Holz generell behandelt worden. Der heute häufig zu sehende Holzkern einer solchen Plastik war nur eine Art Rohfassung, dann kam die aufgeklebte Gipsschicht, die man wunderbar schleifen konnte und auf der die Farben auch viel besser hielten. Diese Farbschichten wurden in früheren Jahrhunderten erneuert oder mit anderen Farben überlackiert. Im 19. Jh. kam man deshalb auf die Idee, hier eine Art Reinigung durchführen zu müssen und „befreite“ viele Holzplastiken von den Farbschichten und bei dieser Gelegenheit auch gleichzeitig von der Gipsschicht, so dass der reine Holzkern übrig blieb, den man anschließend als das reine Kunstwerk hinstellte. Beim Soester Scheibenkreuz ist noch die originale Farbigkeit erhalten. Seit dem späten Mittelalter steht das Scheibenkreuz an der Ostwand der Hohnekirche im südlichen Seitenschiff.

Das Scheibenkreuz hat das Erlösungswerk Christi zum Thema: Leiden, Auferstehung und Himmelfahrt. Von einem Baum kam die Sünde der Welt, an einem Holz wurde sie wieder vertilgt, daher die Ausbildung des Kreuzholzes als Lebensbaum. Die Scheibe ist im Mittelalter ein Symbol für den Kosmos; die Kreisform kann überdies auch als Sinnbild für die Wahrheit stehen und damit also für Gott. Sie wird mit dem Kreuz verbunden.

Das Kreuz steht vor der Scheibe, an den Ecken des Kreuzbalkens quadratische Reliefs, auf dem Kreisrund vier Medaillons. Der Stamm des Kreuzes ist als Lebensbaum ausgebildet. Die Medaillons der Scheibe zeigen die Begebenheiten, die unmittelbar vor der Passion geschahen: der Einzug in Jerusalem rechts unten, der lehrende Jesus im Tempel links unten, Jesus und seine Jünger im Garten Gethsemane links oben, Judaskuss und Verrat rechts oben.

Die quadratischen Reliefs stellen die Vollendung des Erlösungswerkes vor, am vertikalen Balken unten die Grablegung, die Himmelfahrt oben. Am Horizontalbalken die Höllenfahrt rechts, die drei Frauen am Grabe links. Die Reliefs lassen allerdings die Feinfühligkeit des Goldschmieds vermissen; sie sind in ihrer Form zum Teil recht derb gearbeitet.

Apsismalerei

Das Gewölbe der Hauptapsis trägt noch die original erhaltene mittelalterliche Malerei von 1230-1240. Voraussetzung für die hier zu findende Malerei ist die Kenntnis byzantinischer Vorbilder in Mosaiken, Wandmalereien und Webmustern, die entweder durch die Kreuzzüge oder, was vielfach angenommen wird, durch eine Malerschule byzantinischer Herkunft direkt nach Soest vermittelt wurde (darauf deutet auch der Marienchor in St. Patrokli hin).

In der Apsis des nördlichen Seitenschiffes hat ein 1250 aufgemalter Vorhang einen ursprünglich an dieser Stelle real aufgehängten ersetzt. Diese Malereien waren jahrhundertelang unter einem Anstrich verborgen, bevor sie 1889 wieder freigelegt und restauriert wurden.

Orgel

Blick auf die Orgel

Die Orgel befindet sich in einem historischen, barocken Prospekt. Das Hauptgehäuse stammt aus dem Jahre 1679. Der Erbauer ist unbekannt. Das Orgelwerk wurde 1969 von dem Orgelbauer Paul Ott gebaut. Das Schleifladen-Instrument hat 23 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Trakturen sind mechanisch.[1]

I Hauptwerk C–f3
1. Prinzipal 8'
2. Spillflöte 8'
3. Oktave 4'
4. Nasat 22/3'
5. Oktave 2'
6. Mixtur IV-V
7. Dulzian 16'
8. Trompete 8'
Tremulant
II Positiv C–f3
9. Holzgedackt 8'
10. Prinzipal 4'
11. Rohrflöte 4'
12. Waldflöte 2'
13. Sesquialter II
14. Oktave 1'
15. Zimbel III
16. Regal 8'
Tremulant
Pedal C–f1
17. Subbaß 16'
18. Oktave 8'
19. Pommer 8'
20. Oktave 4'
21. Bauernpfiefe 2'
22. Stille Posaune 16'
23. Trompete 4'

Literatur

  • Fischer, Bernd: Münster und das Münsterland. Köln 1982 (DuMont Kunst-Reiseführer)
  • Josef Engemann: Das Hauptportal der Hohnekirche in Soest. Die Reliefdarstellungen und ihre Bedeutung. Münster 1991
  • Rudolf Fidler: Das Geheimnis der Hohnekirche in Soest/Westfalen : ein spätromanischer Kirchenraum und seine verschlüsselten Botschaften. Paderborn 1997 ISBN 3-87088-933-0
  • Großmann, G. Ulrich: Östliches Westfalen. Köln 1984 (DuMont Kunst-Reiseführer)
  • Hubertus Schwartz: Die Pfarrkirche St. Mariae zur Höhe (Hohnekirche). Soest, Westfälische Verlagsbuchhandlung Mocker & Jahn, 1956
  • Wilfried Lüdeking: Soest, Maria zur Höhe,1976, Druck Gerhard Dust, Soest, 30 S.

Einzelnachweise

  1. Informationen zur Orgel

Weblinks

 Commons: Hohnekirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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