Hôtel de Saxe (Leipzig)

Hôtel de Saxe (Leipzig)
Schellhaferhaus, das spätere Hôtel de Saxe um 1750

Das Hôtel de Saxe war vom 18. bis ins 20. Jahrhundert ein Hotel in der Leipziger Innenstadt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Jahre 1711 (oder 1717) wurde auf dem jetzigen Grundstück Klostergasse 9 für die Leipziger Handelsfamilie Schellhafer (andere Quelle[1]: für den Handelsherrn Nicolaus Zehe) ein barockes Stadthaus errichtet. Das ehemals dem Augustiner-Chorherrenstift gehörende Grundstück war schon vor dessen Säkularisierung in Privatbesitz, gehörte z.B. 1529 dem Bürgermeister Wolf Wiedemann und war schon bebaut. Das Barockhaus wird sowohl bei David Schatz als auch bei Christian Döring als dessen Werk angegeben. Beide waren zu dieser Zeit in Leipzig tätig.

Im Hôtel de Saxe um 1900

Im Jahre 1776 erhielt das nunmehr hier befindliche Martiussche Gasthaus das Recht, sich Hôtel de Saxe zu nennen. Es spielte insbesondere mit seinem Saale im Leipziger Musikleben des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts eine wesentliche Rolle. Hier kam das von Universitätsmusikdirektor Johann Gottlieb Görner geleitete Collegium musicum zusammen, die Konkurrenz zum Bachischen Collegium musicum. Im Sommer 1787 organisierte Johann Adam Hiller eine Reihe von Konzerten im Hôtel de Saxe; 1791 lud der Königlich Preußische Kammerkomponist Carl Stamitz zu einer „musikalischen Akademie“. In der Konzertsaison 1809/10 fanden hier die ersten öffentlichen Konzerte des 1808 gegründeten Gewandhaus-Quartetts statt.[2]

Ob Mozart während seines Leipziger Aufenthalts 1789 im Hôtel de Saxe übernachtete, ist nicht bekannt; seine Witwe Constanze tat es 1796 und hatte die Partitur des Requiems d-Moll (KV 626) für die Leipziger Erstaufführung unter Johann Gottfried Schicht im Gepäck. Auch Frédéric Chopin quartierte sich am 27. September 1835 hier ein. Gemäß einer Informationstafel am Nachfolgerbau sollen auch Napoleon, Blücher, Goethe und Gneisenau hier logiert haben.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Hôtel de Saxe ein wichtiges Versammlungslokal für Leipzig. 1859 kaufte es der Teilnehmer am Dresdner Maiaufstand 1848 und anschließend verurteilte Ludwig Würkert. Er betrieb hier von 1861 bis 1867 seine „Restauration für Volksbildung, Volksveredlung und Volksermutigung“, in der wöchentlich Vorträge stattfanden. Hier traten unter anderen Emil Adolf Roßmäßler und Alfred Brehm auf.[3] Ab 1862 befand sich hier der Sitz des Vereins Vorwärts, aus dem 1865 unter der Leitung von August Bebel der Leipziger Arbeiterbildungsverein hervorging.

Kopie des Tores zum Hôtel de Saxe am Nachfolgerbau Klostergasse 9

Am 23. Mai 1863 wurde im Hôtel de Saxe der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) gegründet, der die erste deutsche Arbeiterpartei war und zu dessen erstem Präsidenten Ferdinand Lassalle gewählt wurde. Hier verkehrten u.a. Wilhelm Liebknecht und Karl Liebknecht, und auch in den Erinnerungen von August Bebel fand das Hôtel de Saxe seinen Niederschlag.

1909 wurde der Hotelbetrieb eingestellt. Der Name für das Haus aber blieb.

1968 wurde das während des Zweiten Weltkriegs stark beschädigte Gebäude wegen Baufälligkeit abgerissen. An gleicher Stelle entstand von 1976 bis 1978 ein Neubau. Eine unvollständige Kopie des ursprünglichen Barockportals wurde nachträglich in den Neubau eingefügt. Zusätzlich verweist eine Gedenktafel auf die historische Bedeutung des ehemaligen Hotels.

Weiteres

Seit 1994 gibt es im Leipziger Stadtteil Gohlis wieder ein Hotel, das den Namen Hotel de Saxe trägt.

Einzelnachweise

  1. Randnotiz auf einem Stich im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig
  2. Leipziger Notenspur
  3. Andreas W. Daum Wissenschaftspopularisierung im neunzehntem Jahrhundert, S.156

Literatur

  • Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z. PROLEIPZIG, Leipzig 2005, ISBN 3-936508-03-8, S. 253
  • Wolfgang Hocquel: Leipzig. Architektur von der Romanik bis zur Gegenwart. Passage-Verlag, Leipzig 2001, ISBN 3-932900-54-5, S. 66/67
51.34063512.372963

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hôtel de Saxe — Ein Hôtel de Saxe gab es in folgenden Städten: Dresden, siehe Hôtel de Saxe (Dresden) Leipzig, siehe Hôtel de Saxe (Leipzig) Warschau, siehe Hôtel de Saxe (Warschau) Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung …   Deutsch Wikipedia

  • Leipzig — Demande de traduction Leipzig → …   Wikipédia en Français

  • Verbrechertisch (Leipzig) — Werbemarke des Gasthofs „Gute Quelle“ in dem der Verbrechertisch stand Der Verbrechertisch von Leipzig war seit der Mitte des 19. Jahrhundert eine Versammlung der geistigen Elite der Stadt, die demokratischer und fortschrittlicher Gesinnung war.… …   Deutsch Wikipedia

  • Unesco-Initiativen (Leipzig) — In Leipzig gibt es momentan mehrere Initiativen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, eine Facette der Leipziger Kultur zum UNESCO Welterbe zu erklären. Inhaltsverzeichnis 1 Musikstadt 1.1 Notenspur 1.2 Notenrad 1.3 …   Deutsch Wikipedia

  • Histoire de Leipzig — Blason de la ville L’histoire de Leipzig est marquée par son importance comme centre de commerce. Au début, c est à sa situation favorable à la croisée de routes commerçantes et à des privilèges accordés à ses foires qu elle avait dû sa situation …   Wikipédia en Français

  • Halle (Saxe-Anhalt) — Pour les articles homonymes, voir Halle. Halle …   Wikipédia en Français

  • Halle (saxe-anhalt) — Halle …   Wikipédia en Français

  • Leutersdorf (Saxe) — Pour les articles homonymes, voir Leutersdorf. Leutersdorf Eglise de Spitzkunnersdorf …   Wikipédia en Français

  • Maurice de Saxe (1696-1750) —  Pour l’article homonyme, voir Maurice de Saxe (1521 1553).  Maurice de Saxe …   Wikipédia en Français

  • Ernest II de Saxe-Altenbourg — Pour les articles homonymes, voir Ernest II. Ernest II Ernest II de Saxe Altenbourg en 1915 …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”