Symbolklasse

Symbolklasse

Symbolklassen sind mathematische Objekte aus dem Bereich der partiellen Differentialgleichungen. Sie wurden von Lars Hörmander eingeführt und werden deshalb manchmal auch Hörmander-Klassen[1] genannt. Ihre Elemente sind eine Verallgemeinerung des Symbols eines Differentialoperators.

Inhaltsverzeichnis

Symbolklassen

Möchte man Verallgemeinerungen von Differentialoperatoren wie zum Beispiel Pseudodifferentialoperatoren oder Fourier-Integraloperatoren betrachten, so kann man auch Symbole von reellem Grad verwenden beziehungsweise untersuchen. Zu diesem Zweck wurden die Symbolklassen von Lars Hörmandar eingeführt.

Definition

Sei X \subset \R^n eine offene Teilmenge und seien m,ρ,δ reelle Zahlen mit 0<\rho \leq 1 und 0 \leq \delta < 1. Dann versteht man unter S^m_{\rho,\,\delta}(X \times \R^n) die Menge aller glatten Funktionen a \in C^\infty(X \times \R^n), so dass für jede kompakte Menge K \subset X und alle \alpha, \beta \in \N \cup \{0\} die Ungleichung

\left|\frac{\partial^\beta}{\partial x^\beta} \frac{\partial^\alpha}{\partial \xi^\alpha}a(x,\xi)\right| \leq C_{\alpha,\beta,K} (1 + |\xi|)^{m-\rho|\alpha| + \delta|\beta|}

für eine Konstante Cα,β,K erfüllt ist. Die Elemente von S^m_{\rho,\, \delta} werden Symbole der Ordnung m und des Typs (ρ,δ) genannt. Außerdem werden die Symbolklassen S^{-\infty} und S^\infty durch

\begin{align}
S^{-\infty} &:= \bigcap_{m \in \R} S^m_{\rho, \delta} \\
S^{\infty}_{\rho, \delta} &:= \bigcup_{m \in \R} S^m_{\rho, \delta}
\end{align}

definiert.

Topologisierung

Die besten Konstanten der Ungleichung

\left|\frac{\partial^\beta}{\partial x^\beta} \frac{\partial^\alpha}{\partial \xi^\alpha}a(x,\xi)\right| \leq C_{\alpha,\beta,K} (1 + |\xi|)^{m-\rho|\alpha| + \delta|\beta|}

das heißt die Konstanten

p_{K,\alpha,\beta}(a) := \sup_{x \in K;\ \xi \in \R^n} \frac{\partial^\beta}{\partial x^\beta} \frac{\partial^\alpha}{\partial \xi^\alpha}a(x,\xi) (1 + |\xi|)^{-m+\rho|\alpha| - \delta|\beta|}

sind Halbnormen. Diese machen die Räume S^m(X \times \R^n) zu Fréchet-Räumen. Da \textstyle S^{-\infty} := \bigcap_{m \in \R} S^m_{\rho, \delta} = \bigcap_{m \in \Z} S^m_{\rho, \delta} gilt und der abzählbare Durchschnitt von Fréchet-Räumen wieder ein Fréchet-Raum ist, ist auch S^{-\infty} ein Fréchetraum.

Klassisches Symbol

Ein klassisches Symbol ist ein Spezialfall eines Symbols aus dem Raum S_{1,0}^m. Diese erweisen sich im Zusammenhang mit Pseudo-Differentialoperatoren als einfacher zu handhaben. Eingeführt wurde diese Klasse von Funktionen von den Mathematikern Joseph Kohn und Louis Nirenberg.[2]

Ein Symbol p \in S^m_{1,0}(X \times \R^n) heißt klassisches Symbol und man schreibt dafür p \in S^m_{cl} (X \times \R^n), wenn es eine Ausschälfunktion \phi \in C^\infty(\R^n) gibt und Funktionen p_j \in C^\infty(X \times (\R^n \backslash \{0\})), so dass jedes pj positiv homogen von der Ordnung mj in der Variablen ξ ist. Es muss also

p_j(x, t \xi) = t^{m-j} p_j(x,\xi)\qquad \forall (x,t,\xi) \in X \times \R^n \times \R_+

gelten und außerdem muss

p(x,\xi) - \sum_{j=0}^{k-1} \phi(x)p_j(x,\xi) \in S^{m-k}(X \times \R^n)

für alle k \in \N gelten. Dies liefert eine asymptotische Entwicklung von p.

Beispiele

  • Identifiziert man den Raum der reellen Zahlen \R mit dem Raum der konstanten Funktionen, so ist dieser ein Teilraum von S^0_{1,0}(X \times \R^n).
  • Sei \textstyle p(x,\xi) = \sum_{|\alpha| \leq k} a_{\alpha}(x)\xi^\alpha mit Koeffizientenfunktionen a_\alpha \in C^\infty(X) ein Symbol eines Differentialoperators der Ordnung k\in \N_0. Dann gilt p \in S^k_{1,0}(X \times \R^n).

Eigenschaften

  1. Die Abbildung \textstyle p \mapsto \frac{\partial^\beta}{\partial x^\beta}\frac{\partial^\alpha}{\partial \xi^\alpha} p(x,\xi) : S^m_{\rho, \delta}(\R^n) \to S^{m - \rho|\alpha|}_{\rho, \delta}(\R^n) ist linear und stetig.
  2. Die Abbildung \textstyle (p, \tilde{p}) \mapsto p(x,\xi) \tilde{p}(x,\xi) : S^m_{\rho, \delta}(\R^n) \times S^{m'}_{\rho, \delta}(\R^n) \to S^{m + m'}_{\rho, \delta}(\R^n) ist bilinear und stetig.
  3. Für m \leq m' gilt S^m_{1,0} \subset S^{m'}_{1,0}.
  4. Sei a \in C^\infty(X \times \R^n) positiv homogen vom Grad m für |\xi| \geq 1, das heißt
    a(x,λξ) = λma(x,ξ)
    für \lambda \geq 1 und |\xi| \geq 1. Dann gilt a \in S^m_{1,0}(X \times \R^n).
  5. Sei X \subset \R^n offen und m < m'. Auf beschränkten Teilmengen von S^m_{1,0}(X \times \R^n) ist die durch S^{m'}_{1,0}(X \times \R^n) induzierte Topologie die Topologie der punktweisen Konvergenz.
  6. Sei m < m'. Dann ist S^{-\infty}(X \times \R^n) in der S^{m'}_{1,0}-Topologie dicht in S^m_{1,0}(X \times \R^n).

Einzelnachweise

  1. M. A. Shubin: Pseudo-differential operator. In: Michiel Hazewinkel (Hrsg.): Encyclopaedia of Mathematics. Springer-Verlag, Berlin 2002, ISBN 1-4020-0609-8.
  2. J.J. Kohn, L. Nirenberg: On the algebra of pseudo-differential operators, Comm. Pure Appl. Math. 18 (1965), 269-305

Literatur

  • Hörmander, Lars - The analysis of linear partial differential operators 1.. Distribution theory and fourier analysis, 2. Edition, Springer-Verlag, 1990, ISBN 3-540-52345-6
  • Hörmander, Lars - The analysis of linear partial differential operators 3.. Pseudo-differential operators, Springer-Verlag, Berlin, 1994, ISBN 978-3-540-49937-4

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