J. P. Sauer & Sohn

J. P. Sauer & Sohn
Pistole SIG Sauer P226 S

Die J. P. Sauer & Sohn GmbH mit Sitz in Eckernförde wurde 1751 in Suhl gegründet und ist somit der älteste aktive deutsche Schusswaffenhersteller. Sauer & Sohn gehörte bis 2000 zur Schweizer SIG Holding. Im Jahr 2000 verkaufte SIG das Waffengeschäft von Sauer an die Unternehmer Michael Lüke und Thomas Ortmeier. Damit standen zeitweise hinter J. P. Sauer & Sohn GmbH, den Mitbewerbern Blaser Jagdwaffen und Mauser, dem Handelsunternehmen für „Jagd und Natur“ sowie der Kettner International GmbH die gleichen Eigentümer.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anfänge

Die Familie Sauer kam im 17. Jahrhundert von Nürnberg nach Suhl. Dort gründete der Büchsenmacher und Büchsenspanner Johann Paul Sauer 1751 J. P. Sauer & Sohn. Nach bewegten Anfangsjahren konnte das kurfürstlich-sächsische Hauptzeughaus Dresden dauerhaft als Auftraggeber gewonnen werden. Zunächst wurden militärische Waffen wie Steinschloßpistolen, Gewehre und später Revolver hergestellt. 1880 wurde Jagdwaffen Priorität eingeräumt. Sauer & Sohn wurde Marktführer in diesem Bereich und konnte diese Stellung mit Neuentwicklungen, Patenten und Auszeichnungen festigen. Seit 1893 arbeitet Sauer & Sohn mit Krupp zusammen. Von 1898 an wurden auch Pistolen hergestellt.

Zweiter Weltkrieg

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges produzierte Sauer & Sohn wieder verstärkt Militärwaffen. Nach 1941 wurden fast ausschließlich Rüstungsgüter produziert. Die Firma Sauer war neben Mauser einer der bedeutendsten Hersteller des Standardgewehres der Wehrmacht, des in 14 Millionen Exemplaren gebauten Karabiners 98k. Die Maschinenpistole MP 44 („Sturmgewehr 44“) wurde 1944 in Suhl entwickelt und bis Kriegsende 424.000 Mal gebaut.

Nachkriegszeit

Nach Kriegsende wurde die Produktion eingestellt und später vorübergehend als Reparationsleistung für die sowjetische Besatzungsmacht wiederaufgenommen. Zuerst wurden Schreibmaschinen hergestellt.

Neubeginn

Zur Erhaltung des Markennamens Sauer wurde am 26. März 1951 die J. P. Sauer & Sohn Aktiengesellschaft, Sitz Eckernförde, in erster Linie von Rolf-Dietrich Sauer und dem Hamburger Kaufmann Dr. Fritz Bohmmüller gegründet. Eckernförde wurde gewählt, weil die schleswig-holsteinische Landesregierung früh Kredite zum Aufbau des Unternehmens zusagte. Außerdem war das handwerkliche Können der Beschäftigten der Torpedoversuchsanstalt (TVA) hilfreich. In Eckernförde begannen 70 Fachleute aus Suhl und über 200 TVA-Techniker als bundesweit erste mit der Herstellung von Jagdwaffen nach dem Krieg. Ab 1952 wurden Kontakte in die USA, dem wichtigsten Absatzmarkt für Pistolen, geknüpft. Das expandierende Unternehmen steigerte schnell und deutlich seine Produktion und die Anzahl der Mitarbeiter. Jagdwaffen verkauften sich gut nach Skandinavien. Aber auch Pakistan und Brasilien wurden mit hohen Stückzahlen beliefert. Für die inzwischen 430 Personen zählende Belegschaft wurden eigens Wohnungen in Eckernförde gebaut. Besondere Erfolge verzeichnete das Unternehmen mit den in vielen Varianten gebauten Pistolen der Baureihen P220, P225 (auch als P6 der Polizei bekannt), P226, P228, P229 und P230, welche bei den verschiedensten Behörden in aller Welt eingeführt wurden.

Chronologischer Überblick der Firmengeschichte

Der nachfolgende Überblick gibt nach Jahreszahlen sortiert einen Überblick über Firmengeschehen, Patentanmeldungen und weitere wichtige Ereignisse. [1]

  • 1751 Gründung durch Lorenz Sauer (Stammfirma).
  • 1774 Lorenz Sauer und J. S Spangenberg. Coop.
  • 1836 Johann Paul Sauer gründet seinen eigenen Betrieb.
  • 1839 Ferdinand Spangenberg und Johan Paul Sauer, Gesellschaft Spangenberg & Sauer. 340 Mitarbeiter.
  • 1843 Silberne Medaille bei einer Ausstellung in Berlin.
  • 1849 Kooperation mit Spangenberg und Heinrich Sturm, aus der sich der Gesellschaft Spangenberg, Sauer u. Sturm, Suhl entwickelt.
  • 1851 Johann Paul Sauer auf der Weltausstellung in London.
  • 1865 Bronze-Medaille, Ausstellung in Stettin.
  • 1871 Bronze-Medaille, Ausstellung in Riga.
  • 1872 Silber-Medaille, Ausstellung in Graudenz.
  • 1873 Johann Paul Sauer und seine Söhne Rudolf und Franz gründen die Gesellschaft J.P Sauer & Sohn.
  • 1879 Deutsches Patent Nr. 8322 “Neuerungen an Hinterladergewehren”.
  • 1880 Aufgrund steigender Nachfrage Entschluss, mehr Jagdwaffen als Militärwaffen herzustellen. Gold-Medaille bei der Ausstellung in Bromberg.
  • 1881 Deutsches Patent Nr. 14813 “Neuerungen an Jagdgewehren mit drei Läufen und zwei Drückern”. Weltausstellung im Melbourne, Gold-Medaille. Int. Jagd-Ausstellung in Cleve, Gold- und Silber-Medaille.
  • 1882 Veröffentlichung des ersten bekannten Kataloges. Rudolf und Franz Sauer sind Eigentümer der Gesellschaft.
  • 1884 Geschäftseröffnung der vereinigten Waffenfabriken H. Pieper aus Lüttich und J.P. Sauer & Sohn aus Suhl in Berlin, Französische Straße 40-41.
  • 1889 Allgemeine Jagd- und Fischerei-Ausstellung in Kassel, Gold-Medaille.
  • 1891 Deutsches Patent Nr. 60492 “Auszieher für Kipplauf-Gewehre”. Deutsches Patent Nr. 60850 “Gewehrgeschoss mit beim Aufschlag sich ausbreitenden Lappen”. Im Juli Umzug des Ladengeschäftes in Berlin nach zur Jägerstrasse 59-60.
  • 1892 Deutsches Patent Nr. 70343 „Verbindung von Jagdgewehrläufen mit dem Verschlusshaken“.
  • 1893 Deutsches Patent Nr. 76256 „Ausziehvorrichtung für Kipplaufgewehre“ Deutsches Patent Nr. 78411, Schloss für Dreilaufgewehre“. Das Beschussgesetz von 1891 tritt am 1. April in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle Waffen Staatlich beschossen werden – Sauer-Waffen werden im preußischen Beschussamt in Suhl beschossen. D.R.G.M. 17913 Spannanzeiger.
  • 1894 Franz Sauer ist der einzige Inhaber.
  • 1895 Deutsches Patent Nr. 85520 “Verbindung von Jagdgewehrläufen mit dem Verschlusshaken“ Zusatzpatent zum Patent Nr. 70343.
  • 1896 Einführung der Kipplauf-Büchse Mod. Tell. D.R.G.M. 47092 Spannanzeiger.
  • 1900 D.R.G.M. 130243 Spannanzeiger.
  • 1902 Deutsches Patent Nr. 137381 “Geschoßzerstörer an Geschoßfängen”.
  • 1904 Franz’ Sohn Hans wird Partner der Firma.
  • 1907 D.R.G.M 321876 Auswerfen mit Spiralfedern.
  • 1909 Deutsches Patent Nr. 231263 “Abzugsvorrichtung für mehrläufige Gewehre mit Einabzug”.
  • 1911 Franz’ Sohn Rolf wird Partner der Firma.
  • 1912 Einführung im April: des Krone + N (Nitro) beim Beschussamt.
  • 1915 Einführung des Drillings Mod. 25.
  • 1922 Einführung der Flinte Mod. „Habicht“ und Produktionsbeginn der ersten Schreibmaschine „Stolzenber-Fortuna“ (siehe Literatur)
  • 1923 Einführung im September: Beschussdatum auf Beschussamt.
  • 1924 Franz Sauer gestorben
  • 1930 Einführung des Drilling Mod. 30. Auch im Leichtstahl erhältlich.
  • 1931 Offizielle Einführung der Bockbüchsflinte & Bockdoppelbüchse Mod. 31.
  • 1932 Einführung des gegenüber dem Mod. 30 etwas einfacheren Drillings Mod. 32. Auch im Leichtstahl. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage wird die Zweigniederlassung in Berlin geschlossen.
  • 1933 Offizielle Einführung der Bockflinte Mod. 33. Auch als Bockbüchse & Bockdoppellaufen.
  • 1936 Einführung der neuen Kipplauf-Büchsen Mod. 36. Deutsches Patent Nr. 679834. “Universalabzugseinrichtung für mehrläufige Gewehre”. Deutsches Patent Nr. 695730, Das Doppeln verhindernde Sperrvorrichtung für zwei Einabzüge aufweisende doppelläufige Gewehre“.
  • 1937 Neue Kipplauf-Büchsen Mod. 37 , einfaches Modell, kein Greenerriegel.
  • 1938 1450 Mitarbeiter. Deutsches Patent Nr. 695925, Dreilaufgewehr.
  • 1940 Einführung im Januar: Adler + N (Nitro) beim Beschussamt.
  • 1945 U.S. Armee in Suhl am 3. April, am 3. Juli Übergabe an Sowjets, am 30. Oktober entschädigungslose Enteignung aufgrund sowjetischen Befehls.
  • 1946 Hans Sauer gestorben, 2103 Mitarbeiter, 9500 Jagd-Waffen wurden bis dahin produziert.
  • 1950 in der DDR wird die Firmen J.P Sauer & Sohn in die Fa. MEWA-Suhl eingegliedert, welche die Firmen Merkel, Gebr. Greifelt & Co, Ernst Thälmann Werk und Fortuna-Werk (ehemals C. G. Haenel) umfasst. Rolf Sauer verkauft alle Rechte am Namen J.P Sauer & Sohn an eine Gruppe Industrieller in der Bundesrepublik.
  • 1951 in der BRD wird die Firma J.P Sauer & Sohn GmbH in Düsseldorf neu gegründet, welche wenig später ihren Sitz nach Eckernförde verlagert.
  • 1960 in der DDR produziert der VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk „Ernst Thälmann“, Suhl weiterhin Waffen unter den Namen J.P. Sauer & Sohn, Suhl, Simson, Suhl, Haenel, Suhl, sowie Gebrüder Merkel, Suhl.
  • 1970 in der DDR werden die Marken Simson, Merkel und Haenel vereint von VEB Thälmann produziert. Der Name J.P. Sauer & Sohn entfällt.
  • 1972 Rolf Sauer gestorben.
  • 1990 Suhler Jagd und Sportwaffen GmbH in Suhl

Das neue Jahrtausend

Im Jagdbereich gelten die S 202, die S 202 Take Down sowie die Selbstladebüchse S 303 mit besonders sicherer Handspannung, als hochwertige am Markt erfolgreiche Büchsen (Kugelwaffen).

Im Behördenbereich konnte Sauer eine Ausschreibung für die französische Polizei für sich entscheiden. Von 2003 bis 2009 wurden 250.000 Pistolen ins Nachbarland exportiert.

2009 wurde die Firma aufgeteilt in die SIG-Sauer GmbH, Eckernförde, mit dem Produktionsbereich Kurzwaffen, Sport- und Behördenwaffen und in die J. P. Sauer & Sohn GmbH, die firmenintern auch als Sauer Jagdwaffen angesprochen wird. Die Jagdwaffenfertigung von Sauer zog nach Isny, wo bereits die Schwesterunternehmen Mauser Jagdwaffen GmbH und Blaser ihre Langwaffenfertigung betreiben. SIG-Sauer blieb in Eckernförde und ist innerhalb der Gruppe heute verantwortlich für die Kurzwaffenfertigung und die Kundenfelder Polizei- und Militär, sowie ziviles Sportschiessen mit nicht jagdlichen Langwaffen.

Es war angedacht auch vertriebliche Aktivitäten am Sitz der Holding in Emsdetten zu verstärken, jedoch wurde dieses Projekt - welches einen Umzug in neue Gebäude und den Bau eines Schießstands vorsah - gestoppt, nachdem in der Presse erste Berichte und kritische Leserbriefe erschienen und die Baugenehmigungen seitens der Behörden nicht erteilt wurden.[2]

Aufgrund grober Managementfehler und -methoden am Rande der Legalität[3] wurde im August 2009 der Hälfte der Belegschaft (ca. 175 Mitarbeiter) gekündigt.[4] Auch die Nachfolgefirmen der Firmengruppe sind 2011 nicht aus den Schwierigkeiten.[5]

Kunden

Heute zählen neben Sportschützen und Jägern vor allem das FBI, die CIA, der NCIS, der SAS, Spezialeinheiten der Polizei und der Bundeswehr, sowie die Polizei und der Zoll in Deutschland, Schweiz und Frankreich zu den Kunden von Sauer & Sohn. Die Schweizergarde im Vatikan ist nach einem Bericht des ZDF ebenfalls mit Pistolen von Sauer ausgestattet.

Literatur

  • Peter Arfmann, Rolf Kallmeyer: J. P. Sauer & Sohn. Geschichte der ältesten deutschen Waffenfabrik, gegründet 1751. Suhler Zeit, Eckernförder Zeit. Peter Arfmann-Verlag, Suhl 2004, ISBN 3-9807760-2-6.
  • Leonhard Dingwerth: Die Geschichte der deutschen Schreibmaschinen-Fabriken. Band 1: Große und mittlere Hersteller. Dingwerth, Delbrück 2008, ISBN 978-3-921913-38-3, S. 239ff. (online Buchvorschau).
  • John Walter: Rifles of the World. 3rd edition. Krause Publications, Iola WI 2006, ISBN 0-89689-241-7, S. 419, Online verfügbar.

Einzelnachweise

  1. Quellen: (siehe Literatur) Peter Arfmann & Rolf Kallmeyer, Sauer & Sohn, Manfred Kersten. J.P Sauer & Sohn, Manfred Kersten, Suhler Staatsarchiv
  2. Hans Vietmeier, 30. Juli 2010, Baugenehmigung nach § 35 Abs. 2 BauGB für Waffenhandels-Holding, Fa. L&O in Emsdetten (eingesehen am 15. März 2011)
  3. Haftung von Geschäftsführern bei Insolvenz-Herbeiführung; Seite 2 Zeilen 6-12
  4. Die Welt Online, Artikel Entlassungen bei Waffenhersteller Sauer und Sohn in Eckernförde
  5. shz.de Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, 12. März 2011: Der jähe Absturz der Lauffertigung

Weblinks


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