- Pistole
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Die Pistole (Faustfeuerwaffe) gehört zur Kategorie der Handfeuerwaffen und wird u. a. durch das deutsche Waffenrecht (WaffG) als Kurzwaffe definiert.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie
Das Wort Pistole stammt aus dem Tschechischen (píšťala) und wird im Deutschen mit Rohr und im Englischen mit Pfeife (whistle) übersetzt, es fand über das Französische den Einzug in den deutschen Sprachgebrauch, und verdrängte das ursprüngliche deutsche Wort Fäustling, mittelhochdeutsch faistling oder fustling[1].
Entwicklungsgeschichte
Die Geschichte der Pistole beginnt parallel zur Geschichte des Gewehrs. War das Handrohr die erste Feuerwaffe im 14. Jahrhundert, so wurde es nach der Weiterentwicklung zur Arkebuse notwendig, diese Waffen kleiner, handlicher und mobiler zu machen. Im Besonderen drängte die Reiterei der Armeen des ausklingenden Mittelalters auf eine Alternative zur Arkebuse.
Frühe Pistolen
Die Entwicklung der frühen Pistolen wurde von der Entwicklung der Zündsysteme maßgeblich mit geprägt. Die Übergänge der Pistolengrundtypen und der Zwang zur Modernisierung der jeweiligen Armeebestände hat seinerzeit dazu geführt, das zum Teil die Waffen auf modernere Zündsysteme aptiert wurden.
- Luntenschlosspistolen sind lediglich von wenigen chinesischen und japanischen Pistolen bekannt, die allerdings bis ins 19. Jahrhundert in Gebrauch waren.
- Durch die Erfindung des Radschlosses im Jahre 1517 wurde es ermöglicht, eine kompaktere und sichere Zündungsmethode im Gegensatz zu den Luntenschlössern zu haben. Die Pistole (Faustrohr, Faustbüchse, Fäustling, im 16. und 17. Jahrhundert auch Puffer) wurde ursprünglich als Schusswaffe für Reiter entwickelt, erste Modelle tauchten um 1510 auf. Die in den 1540er Jahren aufkommende Truppengattung der Kürassiere war mit Pistolen ausgerüstet. Erstmalige Verwendung in einer größeren Kampfhandlung fand die Pistole in der 1547 ausgefochtenen Schlacht bei Mühlberg. Im 17. Jahrhundert versuchte Philipp von Zesen erfolglos, das Wort Pistole durch Meuchelpuffer zu ersetzen.
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Radschlosspistole mit Keulengriff im Waffenmuseum Suhl
- Im 17. Jahrhundert kamen Steinschlosspistolen auf und ersetzten bis etwa zum Anfang des 18. Jahrhunderts die Radschlosspistolen, weil sie weniger witterungsanfällig und preiswerter in der Herstellung waren.
- Die Perkussionspistole stellte am Anfang des 19. Jahrhunderts den nächsten und letzten Entwicklungschritt der Vorderladerpistole dar. Die Pistole war für lange Zeit die einzige Faustfeuerwaffe, bis sie in der Mitte des 19. Jahrhunderts im militärischen Bereich vom mehrschüssigen Revolver abgelöst wurde. Einschüssige Pistolen wurden in der Folge hauptsächlich zum Scheibenschießen und als Duellwaffen eingesetzt.
Revolver
Zwischen 1849 und 1850 wurde mit der serienmässigen Herstellung der Perkussionsrevolver begonnen, die im Amerikanischen Bürgerkrieg eine wichtige Rolle spielten. Bereits 1858 brachte die Firma Smith & Wesson mit dem kleinkalibrigen S & W No 1 den ersten Revolver als Hinterlader auf den Markt, der vorgefertigte Patronen verschoss. Bereits 1869, nach dem Auslaufen des Rollin White Patents, das die Herstellung von Revolvern mit durchgebohrter Trommel schützte, wurden grosskalibrige Revolver entwickelt, die bis zum Ende des Jahrhunderts den Markt beherrschten. Bekannte Beispiele sind der Colt Single Action Army, der Smith & Wesson No 3 und der englische Webley-Revolver.
Moderne Pistolen
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann die Entwicklung moderner Pistolen. Selbstladekonstruktionen, ursprünglich für Gewehre entwickelt, wurden bald für die ersten modernen Pistolenmodelle verwendet. Zu den ersten funktionstüchtigen Selbstladepistolen zählten die Mauser C96 sowie Modelle von Bergmann und Luger.
Die moderne Pistole stieß recht bald auf großes Interesse bei den Armeen, da sie sich durch einige Vorzüge vom mittlerweile vielfach verwendeten Revolver abhob. Pistolen verfügten meist über eine höhere Munitionskapazität als Revolver, zudem war nach dem Schuss der Zündmechanismus bereits gespannt, das beim Revolver notwendige Spannen des Hahns entfiel. Darüber hinaus konnten sie schneller nachgeladen werden, da hier das geleerte Magazin entfernt und durch ein volles ersetzt wurde. Selbst Ladestreifen (verwendet bei Modellen ohne Wechselmagazin) waren schneller und einfacher zu bedienen. Auch waren gefüllte Pistolenmagazine handlicher und leichter zu verstauen als einzelne Patronen, dadurch konnten auch problemlos größere Mengen Munition mitgeführt werden.
Einzig und alleine die aufwändige Wartung der Pistole war ein Nachteil gegenüber dem Revolver. Um eine einwandfreie Funktion zu gewährleisten, war und ist deren regelmäßige Wartung unumgänglich, Revolver sind dem entgegen weniger störanfällig. Darüber hinaus konnten und können bei der Pistole gelegentlich Ladehemmungen auftreten. Trotzdem setzte sich die Pistole gegenüber dem Revolver als Ordonnanzwaffe beim Militär durch. Schon im Ersten Weltkrieg waren in fast allen Armeen die meisten Offiziere und Ordonanzen mit Pistolen ausgestattet. Eine der wenigen Ausnahmen war die britische Armee, die im Ersten Weltkrieg noch ihre traditionellen Revolver einsetzte.
Heute gibt es eine Vielfalt an Pistolen für den sportlichen, polizeilichen und militärischen Einsatz.
Konstruktiv
Konstruktionsmerkmal einer Pistole ist, dass Patronenlager und Lauf aus einem Stück bestehen; dies im Gegensatz zum Revolver (Ausn. Bündelrevolver), bei dem die Patronenlager vom Lauf getrennt in einer drehbaren Trommel untergebracht sind.
Unterscheidungen
Es werden unterschieden:
- Einzelladerpistole
- Mehrladerpistole
- Sonderformen
Heute gebräuchlich ist fast nur noch die Selbstladerpistole, Einzel- oder Mehrladerpistolen (Repetierpistole) sind weitgehend Sammelobjekte und Kuriositäten, es gibt aber auch Schützen, die sportlich mit Schwarzpulver-Vorderladern oder sog. Contender-Pistolen (Repetierpistolen) schießen.
Einzelladerpistole
Einzelladerpistolen sind in erster Linie Vorderladerpistolen (historische oder nachempfundene). Zudem gibt es Einzelladerpistolen, so die amerikanischen Derringer, die als Taschenpistolen, ggf. auch doppelläufig ausgeführt sind. Moderne Einzelladerpistolen werden auch für das sportliche Präzisionsschießen auf Kurzdistanz (Kleinkaliber-Matchpistolen) und zum Schießen auf größere Distanzen eingesetzt. Auch die meisten Signalpistolen sind Einzellader.
Mehrladerpistole
Repetierpistole
Repetierpistolen verfügen über einen, wenn auch meist geringen, Munitionsvorrat, aus dem einzelnen Patronen über einen manuellen Repetiervorgang nachgeladen werden können. Dabei handelt es sich meist um ältere Pistolenmodelle (z. B. Semmerling LM4) oder mehrschüssige Sportpistolen für das Silhouettenschießen auf größere Distanzen (meist mit Gewehr-Repetiersystemen ausgerüstet).
Selbstladepistole
Im Gegensatz zu vollautomatischen Pistolen (Maschinenpistolen oder Reihenfeuerpistolen) muss zum Abfeuern der Selbstladepistole (Halbautomatik) jedes weiteren Schusses der Abzug erneut betätigt werden. Im heutigen Sprachgebrauch werden Selbstladepistolen allgemein nur als Pistolen bezeichnet.
Ab 1893 wurden Selbstladepistolen hergestellt. Der Nachladevorgang wird durch den Rückstoß ausgelöst. Bei Taschenpistolen ist der Verschluss meist ein unverriegelter oder verzögerter Masseverschluss. Für starke Ladungen müssen Lauf und Verschluss jedoch verriegelt sein, was mit einem Kniegelenk (Pistole 08), einem Schwenkriegel (Walther P38), Drehverschluss (Steyr M1912) oder abkippbaren Lauf (Browning-System) geschehen kann. In seltenen Fällen kann der Antrieb des Nachladevorganges auch durch abgeleitetes Gas erfolgen (Gasdrucklader).
Funktionsprinzip
Nach Abfeuern einer Patrone schiebt der Rückstoß oder Gasdruck den Verschluss (Schlitten oder Verschlussstück) nach hinten, dabei wird der Verschluss bei verriegelten Systemen entriegelt. Dabei zieht der am Verschluss angebrachte Auszieher (Auszieherkralle) die leere Patronenhülse an der hierfür bestimmten Rille aus dem Patronenlager.
Die Verriegelung zwischen Lauf und Verschluss ist ab einer bestimmten Leistung erforderlich, da sich der Verschluss ohne die Verriegelung öffnen würde, solange sich das Geschoss noch im Lauf befindet. Die Folge wäre, dass die Patronenhülse, die ohne das sie umgebende Patronenlager dem Gasdruck nicht standhalten kann, durch den Gasdruck gesprengt würde. Durch die aus dem Auswurffenster fliegenden Hülsenteile könnten der Schütze oder Dritte verletzt werden, außerdem wäre die Funktion der Waffe nicht mehr gewährleistet.
Im weiteren Rücklauf trifft die vom Auszieher gehaltene Hülse auf den Auswerfer, der meist innen am Griffstück der Pistole angebracht ist. Dadurch wird die Hülse seitlich nach oben durch das Auswurffenster des Verschlusses ausgeworfen, während der Verschluss weiter zurück läuft und ein eventuell vorhandenes Schlagstück (Hammer, Hahn) spannt.
In seiner hinteren Position angekommen, schiebt die Verschlussfeder (Schließfeder, Vorschubfeder) den Verschluss wieder nach vorne. Dabei führt der Verschluss mit der Unterkante eine neue Patrone aus dem Magazin dem Patronenlager zu, dabei greift der Auszieher wieder in die Rille am Boden der Hülse. Bei verriegelten Systemen verriegelt im weiteren Vorlauf der Verschluss. In der vordersten Stellung angekommen, befindet sich eine neue Patrone im Patronenlager und das Schlagstück ist gespannt. Für einen weiteren Schuss muss der Schütze nun lediglich den Abzug loslassen und erneut betätigen.
Verwendung
Selbstladepistolen werden von den meisten Armeen, Polizeieinheiten, Sicherheitsdiensten, etc. eingesetzt.
Sportlich sind Selbstladepistolen bei den meisten Schießsportverbänden in Gebrauch.
Reihenfeuerpistole
Reihenfeuerpistolen sind vollautomatische Waffen und unterscheiden sich im Aussehen kaum von halbautomatischen Selbstladepistolen. Sie verfügen über einen geänderten Abzug, der es, neben einer oftmals verstärkten Konstruktion, gestattet, die Waffe von Einzelfeuer auf Serienfeuer (ggf. begrenzt) umzuschalten. Im weiteren verfügen Reihenfeuerpistolen u. U. über größere Magazinkapazitäten und zusätzlich montierbare Griff- und Schulterstützen. Typische Vertreter moderner Reihenfeuerpistolen sind die Beretta 93R und die VP70.
Sonderformen
Maschinenpistole
Die Maschinenpistole wird über die verwendete Munition definiert, sie verschießt im Gegensatz zu Gewehren und Maschinengewehren in der Regel Pistolenmunition. Die Zuordnung zu den Pistolen ist aufgrund sehr unterschiedlicher Größen, Konstruktionen und Munitionsverwendung umstritten.
Raketenpistole
Bei einer Raketenpistole treten die heißen Gase durch Düsen am Rand des Patronenbodens aus und beschleunigen so die gesamte Patrone – sie wird damit insgesamt zum Projektil.
Signalpistole
Signalpistolen sind nicht als Waffe konstruiert, sie dienen der Signalgebung im Gelände und auf See. Unterschieden wird in der Verwendung der Munition, zum Einen verwenden Signalpistolen speziell konfigurierte Patronenmunition und zum Anderen können Schreckschusspistolen durch Verwendung von Platzpatronen und zusätzlicher Abschusseinrichtungen für Signalkörper als Signalpistole verwendet werden.
Siehe auch
Literatur
- David Harding (Hrsg.): Waffenenzyklopädie. 7000 Jahre Waffengeschichte. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-613-02894-4.
- Gerhard Bock, Georg Seitz, Heinz Habersbrunner, Wolfgang Weigel: Handbuch der Faustfeuerwaffen. 8. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Neumann-Neudamm, Melsungen 1989, ISBN 3-7888-0497-1.
- Rolf Hennig: Pistole und Revolver. Sicherer Umgang mit Faustfeuerwaffen. 6. völlig neubearbeitete Auflage (Neuausgabe). BLV-Verlagsgesellschaft, München u. a. 1982, ISBN 3-405-12678-9.
Einzelnachweise
- ↑ [1] Schmitthenner, Friedrich, Kurzes Deutsches Wörterbuch für Etymologie: Synonymik und Orthographie, Darmstadt, 1834
Weblinks
Commons: Pistole – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Animierte Darstellung einer Selbstladepistole entsprechend dem Modell 1911 (Verschiedene Ansichtsvarianten)
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