Jack Wisdom

Jack Wisdom

Jack Leach Wisdom (* 28. Januar 1953 in Lubbock, Texas) ist ein US-amerikanischer Physiker, bekannt für himmelsmechanische Untersuchungen, die Hinweise auf chaotisches Verhalten im Sonnensystem erbrachten.

Wisdom studierte an der Rice University Physik (Bachelor-Abschluss 1976) und promovierte 1981 am Caltech. Er ist Professor of Planetary Science am MIT.

Wisdom ist bekannt für verschiedene Resultate, die chaotisches Verhalten in himmelsmechanischen Problemen unseres Sonnensystems zeigen. Beispielsweise fand er mit Gerald Jay Sussman Anzeichen dafür, dass die Pluto-Bahn chaotisch ist und im Vergleich zu den Bahnen der anderen äußeren Planeten auf großen Zeitskalen (simuliert wurden 1988 auf dem Digital Orrery 845 Millionen Jahre) sehr kompliziert.[1] Nachdem Jacques Laskar 1989[2], eine Langzeit-Simulation des Sonnensystems (ohne Pluto) für etwa 100 Millionen Jahre durchführte, die Anzeichen chaotischen Verhaltens zeigte, wiederholten und bestätigten dies Sussman und Wisdom auf dem Supercomputer Toolkit, einem Spezialcomputer für solche Simulationen.[3] Die Zeitskala für die Ausbildung chaotischen Verhaltens (entsprechend dem Ljapunow-Exponenten) beträgt dabei 4 bis 5 Millionen Jahre.

Eines der augenfälligsten Beispiel für chaotische Bewegung im Sonnensystem ist die Orientierung der Rotationsachse und die Rotationsrate des äußeren Saturn-Mondes Hyperion, die Wisdom ebenfalls untersuchte. Sie wird verursacht durch eine stark unregelmäßige Form und die schwachen Gezeitenkräfte des Saturn und tritt außerdem besonders in Erscheinung wegen der großen Ekzentrizität der Bahn. Nach Wisdom treten chaotische Phasen bei jedem unregelmäßig geformten Mond auf, kurz bevor seine Rotation sich mit der des Planeten synchronisiert (Resonanzfall). Mit Touma zeigte er auch, das die Neigung der Rotationsachse des Mars zur Bahnebene starken chaotischen Schwankungen ausgesetzt ist, mit Auswirkungen auf das Marsklima.[4]

Wisdom erklärte auch verschiedene Lücken im Asteroidengürtel, wie die Kirkwood-Lücke.[5] Sie ergeben sich zwar grob aus einer Resonanz mit der Bahnperiode des Jupiter (bei der Kirkwood Lücke im Verhältnis 3:1), zu ihrer genauen Erklärung reicht das aber nicht aus, da bei einigen Resonanz-Bahnen keine Lücke auftritt. Dazu waren Simulationen der Bahnen über lange Zeitperioden nötig (Millionen von Jahren), erst dann zeigten sich Spitzen in der Ekzentrizität der Bahn, die ein Herauskicken und damit die Entstehung der Lücke erklärten.

Dafür entwickelte er einerseits neue numerische Methoden (wie eine symplektische Abbildung des gravitativen N-Körper-Problems mit Matthew Holman[6]), andererseits spezielle Computer-Hardware, wie den Digital Orrery in den 1980er Jahren mit Sussman. Die Verwendung verschiedener Verfahren erlaubte auch eine gegenseitige Kontrolle der Rechnungen.

Wisdom untersuchte auch das Erde-Mond System und die Entwicklung der Rotationsparameter des Mondes, die Wechselwirkung von Erdkern und Erdmantel, und den durch Gezeiteneffekte, die den Mond „durchkneten“, angetriebenen Vulkanismus auf dem Saturn-Mond Enceladus. Er befasste sich auch mit der Entdeckung extrasolarer Planeten (wie 55 Cancri f).

Wisdom schlug 2003 einen Fortbewegungsmechanismus in der allgemein-relativistischen Raum-Zeit allein aufgrund von Formänderungen des Körpers vor, er nannte dies Schwimmen in der Raum-Zeit (Swimming in Spacetime).[7]

Mit Sussman und Mayer verfasste er ein Algorithmen-orientiertes Lehrbuch der Klassischen Mechanik.

1986 erhielt er den Harold C. Urey Preis, 1987 den Helen-B.-Warner-Preis und 2002 den Dirk Brouwer Award der American Astronomical Society (AAS). 1988 bis 1994 war er Presidential Young Investigator der National Science Foundation. 1994 erhielt er eine MacArthur Fellowship. Er ist seit 1992 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und seit 2008 der National Academy of Sciences.

Schriften

  • mit Gerald Jay Sussman, Meinhard E. Mayer: Structure and Interpretation of Classical Mechanics, MIT Press 2001
  • Chaotic behaviour in the solar system, Proceedings Royal Society A, Bd. 413, 1987, S. 109, Online hier pdf Datei

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sussman, Wisdom, Science Bd. 241, 1988, S. 433.
  2. Nature, Bd. 338, 1989, S. 237.
  3. Wisdom, Sussman: Chaotic evolution of the solar system, Science Bd. 257, 1992, S. 56–62.
  4. Wisdom, Touma, Science, Bd. 259, 1993, S. 1294. Vor 4 Millionen Jahren war danach die Neigung um 45 Grad, viel größer als die etwa 25 Grad heute.
  5. in seiner Dissertation. Veröffentlicht als: The origin of Kirkwood gaps, Astron. Journal, Bd. 87, 1982, S. 577.
  6. Wisdom, Matthew Holman: Symplectic maps for the n body problem, Astronomical Journal, Bd. 102, 1991, S. 1528. Von Touma und Wisdom erweitert, so dass auch die Rotationsdynamik eingeschlossen ist, Lie Poisson Integrators for rigid body dynamics in the solar system, Astron.J. Bd. 107, 1994, S. 1189.
  7. Wisdom: Swimming in spacetime: motion by cyclic changes in body shape, Science, Bd. 299, 2003, S. 1865–1869.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jack Wisdom — is a Professor of Planetary Sciences at the Massachusetts Institute of Technology. He received his Ph.D from Caltech in 1981. His research interests are the dynamics of the Solar System.Wisdom s 1981 dissertation demonstrated for the first time… …   Wikipedia

  • Jack Wisdom — (28 janvier 1953 à Lubbock dans le Texas) est professeur de planétologie au Massachusetts Institute of Technology. Il obtient son Ph.D. à Caltech en 1981. Ses recherches portent sur la dynamique du système solaire. En 1986, il reçoit le prix… …   Wikipédia en Français

  • Wisdom (surname) — Wisdom is a surname, and may refer to:* Jack Wisdom * John Wisdom * John Minor Wisdom * Norman Wisdom * Olli Wisdom * Peter Wisdom * Robert Wisdomee also* Wisdomsurname|Wisdom …   Wikipedia

  • Wisdom — ist der Familienname folgender Personen: Jack Wisdom (* 1953), amerikanischer Physiker Arthur John Terence Dibben Wisdom, besser bekannt als John Wisdom (1904 1993), britischer Philosoph Norman Wisdom (1915–2010), britischer Schauspieler Tom… …   Deutsch Wikipedia

  • Jack Fairman — Automobil /Formel 1 Weltmeisterschaft Nation: Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich Erster Start: Großer Preis von Groß …   Deutsch Wikipedia

  • Jack the Ripper fiction — Jack the Ripper has been featured in a number of works of fiction, either as the central character or in a more peripheral role.Novels and short stories*The most famous Jack the Ripper novel is The Lodger (1913) by Marie Belloc Lowndes, which in… …   Wikipedia

  • Jack Nicholson — Nicholson at Dennis Hopper s Hollywood Walk of Fame Star ceremony, March 26, 2010 Born John Joseph Nicholson April 22, 1937 (1937 04 22) …   Wikipedia

  • Jack Schwarz — Jack Schwarz, N.D. (April 26, 1924 November 26, 2000), a pioneer in holistic health education, was a naturopath, minister, author, humanitarian, and philosopher. His long career concentrated on integrating the whole person in body, brain, mind,… …   Wikipedia

  • Jack Flanders — is the protagonist of a series of audio dramas produced by the ZBS Foundation. He is the creation of writer and sound artist Thomas Lopez and is played by actor Robert Lorick. Jack is an adventurer who travels the Earth exploring places both… …   Wikipedia

  • Jack Davenport — 2007 bei der Premiere von Fluch der Karibik 3 Jack Davenport (* 1. März 1973 in Suffolk, England) ist ein britischer Schauspieler. Er ist vor allem bekannt durch seine Rolle des Steve Taylor in Coupling – Wer mit wem? sowie des James Norrington… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”