Johannes IV. (Patriarch)

Johannes IV. (Patriarch)

Johannes IV., auch bekannt als Johannes Nesteutes oder Johannes der Faster († 2. September 595) war der dreiundreißigste Patriarch von Konstantinopel (11. April 582 bis 595). Er war der erste, der den Titel Ökumenischer Patriarch führte. Er wird von den Ostkirchen als Heiliger verehrt; sein Fest fällt auf den Tag seines Todes, den 2. September.

Johannes, bekannt als Nesteutes, Jejunator, oder manchmal auch Cappadox, wurde in eine Handwerkerfamilie in Konstantinopel hineingeboren. Das Datum seiner Geburt ist unbekannt. Johannes war nicht gebildet, bekam aber wegen seines asketischen Lebenswandels den Beinamen „der Faster“ (gr. Nesteutes). Vor seiner kirchlichen Laufbahn arbeitete er als Bildhauer. Er wurde Diakon an der Hagia Sophia unter Patriarch Johannes III. (Scholasticus). Später wurde er zum Sakellarios (Patriarchaler Vikar der Klöster) ernannt. Unter Patriarch Eutychius I., der nach dem Tode Johannes III. wiedereingesetzt wurde, erlangte Johannes die Achtung des Klerus in Konstantinopel. Nach dem Tod von Eutychius I. wurde Johannes von Kaiser Tiberius II. am 11. April 582 zum Patriarchen ernannt. Fünf Jahre später, im Jahr 587 oder 588, berief er die Bischöfe der östlichen Reichshälfte „im Namen des Ökumenischen Patriarchen“ zu einem Konzil ein, um über den Fall von Gregorius, Patriarch von Antiochien, zu entscheiden. Dieser wurde freigesprochen und wiedereingesetzt. Papst Gregor I., der zuvor, als er noch päpstlicher Apokrisiar in Konstantinopel war, mit Johannes ein gutes Verhältnis hatte und ihn für seinen tugendhaften Lebenswandel schätzte, lehnte jedoch den Gebrauch des neuen Titels als anmaßend ab.

Die Kanones von Johannes dem Faster

Während man Johannes im Westen mit Argwohn begegnete, nimmt er in den Ostkirchen einen wichtigen Platz unter den Vätern der Kirche ein. Von besonderer Bedeutung sind die ihm zugeschriebenen Kanones, die Bestandteil des griechischen und des slawischen Kirchenrechts sind. Der Byzantinist Hans-Georg Beck hat eine Textanalyse der Kanones, sowie des an die Kanones angehängten Kanonikons vorgenommen und kam dabei zum Schluss, dass die Kanones selbst teils auf einen Schüler Basils des Großen, teils auf Chrysostomos zurückgehen, während das Kanonikon sehr wahrscheinlich aus dem 10. Jahrhundert stammt. Die Kanones regeln die Buße, die Beichtväter für bestimmte Sünden auferlegen sollten. Zusammen mit seinem Kanonikon bilden die Kanones von Johannes IV. die wohl detaillierteste Quelle bezüglich der Beurteilung sexueller Handlungen, insbesondere gleichgeschlechtlicher Handlungen. Johannes verurteilt vor allem den Analverkehr (arsenokoitia) als perfekte Sünde. Dabei ist bemerkenswert, dass Johannes den Analverkehr zwischen Eheleuten als verwerflicher ansah, als den Analverkehr zwischen unverheirateten Männern. Die gegenseite Masturbation unter Männern, Frauen und zwischen Mann und Frau wurden von ihm jedoch als gleichrangig angesehen und vergleichsweise milde geahndet. Seine Kanones sind u.a. ein Zeugnis dafür, das der gleichgeschlechtliche Aspekt bei sexuellen Handlungen nicht als aggravierend angesehen wurde. Sein Verständnis von widernatürlich bezieht sich nicht auf Gleichgeschlechtlichkeit, sondern auf den Akt des penetrativen Analverkehrs.

Bibliografie

  • Dokos, G., Exomologetarion - A Manual of Confessions by our Righteous God-bearing Father Nikodemos the Hagiorite, 2006, Thessalonica, Uncut Mountain Press
  • Agapius & Nicodemus, The Rudder (Pedalion) – All the Sacred and Divine Canons, 1957, The Orthodox Christian Educational Society, Chicago
  • Die Geschichte des Christentums, Altertum III, Der Lateinische Westen und der Byzantinische Osten, 2005, Herder, Freiburg
  • Beck, H.-G., Kirche und Theologische Literatur im Byzantinischen Reich, 1959, Beck'sche Verlagsbuchhandlung, München

Weblinks


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