St. Georg (Ochsenhausen)

St. Georg (Ochsenhausen)
Kirche der ehemaligen Reichsabtei Ochsenhausen
Ansicht bei Nacht
Blick ins Mittelschiff

Die barocke Klosterkirche St. Georg war bis zur Säkularisation 1803 die Kirche des ehemaligen Benediktinerklosters Ochsenhausen in Ochsenhausen. Heute ist sie römisch-katholische Pfarrkirche der Seelsorgeeinheit St. Benedikt im Dekanat Biberach im Landkreis Biberach in Oberschwaben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die erste Klosterkirche, eine dreischiffige romanische Säulenbasilika, wurde im Jahre 1093 vom Konstanzer Diözesanbischof Gebhard III. von Zähringen dem Heiligen Georg geweiht. Mitanwesend war auch der von Salzburg an den Bodensee geflüchtete Bischof Thiemo von Salzburg. Die Ausrichtung der Kirche weist eine Abweichung von 17° nach Norden, gegenüber der normalen Ostung aus. Dies rührt von ihrer Lage auf einem Hügel und der Beobachtung, dass am 23. April dem Patronatstag des Heiligen Georgs aufgrund dieser Abweichung von der Ostung, die Sonne erstmals im Jahresverlauf auf den Hochaltar fällt. [1]

Eine neue Klosterkirche wurde in den Jahren 1489 bis 1495 in spätgotischem Stil unter Abt Simon Lengenberger (1482–1498) von Martin Österreicher aus Buchberg erbaut und vom Konstanzer Bischofsvikar Daniel Zehender am 29. Mai 1495 geweiht.

Die Barockisierung der spätgotischen Kirche begann 1660 mit der Ausschmückung der Sakristei und zog sich über acht Jahrzehnte hin. Bei den Deckenfresken findet schon der Übergang vom Barock zum Klassizismus statt. Barock sind die im Mittelschiff von Johann Georg Bergmüller 1727 bis 1729 geschaffenen Fresken. Die Bilder, die Johann Josef Anton Huber in den beiden Seitenschiffen 1784 malte, sind bereits in frühklassizistischem Stil gehalten.

Reliefs und Statuen

Über den Arkadenbögen im Langhaus und im Chorraum sind sechzehn Reliefdarstellungen angebracht, die von Gaspare Mola (um 1684–1746) um 1731/32 geschaffen wurden. Sie zeigen Christus, Maria und vierzehn Apostel. Es ist eine große Besonderheit in dieser Kirche, dass die zwölf Apostel einschließlich des Judas Iskariot dargestellt werden. Seine Attribute sind Geldbeutel und Strick, aber auch er ist mit einem Heiligenschein versehen. Mit seinem gewählten Nachfolger Matthias und dem häufig vertretenen Paulus wird der Kreis der Apostel auf vierzehn erweitert.

Wahrscheinlich auch von Gaspare Mola stammen die sechzehn Gesimsfiguren, die sich zwischen den Fenstern auf beiden Seiten des Mittelschiffes und des Mönchschores befinden und zwischen 1729 und 1732 entstanden sind. Sie sind durch lateinische Inschriften und ihre Attribute, die zum Teil von Putten gehalten werden, als Tugenden gekennzeichnet. Über den Figuren befinden sich ebenso viele vergoldete Stuckreliefs mit Bibelszenen, die die jeweilige Tugend verdeutlichen. Da drei Tugenden doppelt abgebildet sind, haben wir es mit dreizehn verschiedenen Tugenden zu tun, und zwar mit den drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe, den vier Kardinaltugenden Klugheit, Besonnenheit, Stärke und Gerechtigkeit, den drei Evangelischen Räten Armut, Keuschheit und Gehorsam und mit Demut, Frömmigkeit und Selbsthingabe als Ergänzungen zu diesen Gruppen.

Fresken

Gastmahl im Hause des Simon (Vergebung der Sünden)

In den Seitenschiffen des Langhauses malte Johann Josef Anton Huber Bilder zu den zwölf Glaubensartikeln des Apostolischen Glaubensbekenntnisses. Der Zyklus beginnt im nördlichen Seitenschiff beim Rosenkranzaltar und verläuft von Ost nach West. Im Süden wird er beim Sebastiansaltar fortgesetzt und verläuft parallel. Im Bereich des Mönchschores stellte Huber im nördlichen Seitenschiff die vier lateinischen Kirchenväter dar und im südlichen die vier Evangelisten. Von 1787 ist sein Emporenfresko in der Mitte der Vorhalle, das die Vertreibung der Händler aus dem Tempel zum Thema hat.

Orgeln

Gabler-Orgel
Höß-Orgel

In St. Georg befinden sich zwei historische Orgeln: Die große Gabler-Orgel auf der Westempore, und die Höß-Orgel im Chorraum. Joseph Gabler schuf in den Jahren 1728 bis 1734 eine Werk, das er 1751 bis 1755 umbaute. Die Orgel verfügte nun über 47 Register auf vier Manualen und Pedal.[2] Im Zuge späterer Veränderungen ging die ursprüngliche Spielanlage verloren. Der größte Teil des Pfeifenwerks blieb jedoch erhalten, sodass 2000–2004 durch Orgelbau Kuhn in Zusammenarbeit mit Johannes Klais Orgelbau eine umfassende Restaurierung auf den Zustand von 1755 abgeschlossen werden konnte.[3] Die heutige Disposition entspricht weitgehend der von 1755:

I Solo C–c3
Borduen 16′
Principal 8′
Coppel 8′
Solicional 8′
Violoncel 8′
Quinta Tön 8′
Unda.Ma. 8′
Flute:Trev 4′
Rohr:fla 4′
Fugari 4′
Piffaro II 4′
Trompet 8′
II Hauptmanual C–c3
Principal 8′
Flauten 8′
Viola 8′
Quint 6′
Octav 4′
Sexq:Alt III–IV 3′
Cornet III–V 2′
Sup:Oct. 2′
Mixtur VI–VII 2′
III Brustpositiv C–c3
CoppelFl. 8′
Quinta Tön 8′
Principal 4′
Flaut Do 4′
Piffaro II 4′
Flageolet 2′
Cornet III–IV 2′
Mixtur III 1′
Vox huma 8′
Hautbois 4′
Tremulant
IV Echo C–c3
Principal 8′
Rohr.Fla 8′
Quinta Tön 8′
Dolcian (ab c1) 8′
Octav 4′
Flöte 4′
Violoncel 4′
Super:Oct 2′
Cymbala III 2′
Hautbois 8′
Tremulant
Pedal C–d1
Praestant 16′
Sub:B. 16′
Violon B. II 16′
Octav.B. 8′
Mixtur.B. IV 6′
Posaun B. 16′

Die Chororgel von St. Georg stammt aus dem Jahr 1780 und wurde von Joseph Höß erbaut.

I Hauptwerk C–d3

Principal 8′
Coppel 8′
Salicional 8′
Violoncell 8′
Octav 4′
Superoctav 2′
Spitzflöt 2′
Cornett IV–V 4′
Mixtur III–V 2′
Hoboe 8′
II Positiv C–d3
Principal 8′
Coppel 8′
Bordun 8′
Gamba 8′
Octav 4′
Flauten 4′
Waldflöt 2′
Rauschquint IV 2′
Pedal C–d0
Subbaß 16′
Violonbaß 8′
Octavbaß 8′
Bombard 16′
  • Koppeln: II/I, I/P

Literatur

  • Georg Geisenhof: Kurze Geschichte des vormaligen Reichsstifts Ochsenhausen in Schwaben. Ottobeuren: Ganser, 1829
  • Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Biberach. Stuttgart, Tübingen: Cotta, 1837
  • Otto Beck: Pfarrkirche Sankt Georg Ochsenhausen; Schnell, Kunstführer 304; Regensburg: Schnell & Steiner, 199811. ISBN 3-7954-4232-X
  • Volker Himmelein (Hrsg.): Alte Klöster, neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003. Ostfildern: Thorbecke, 2003; ISBN 3-7995-0212-2 (Ausstellungskatalog und Aufsatzband)
  • Volker Himmelein, Franz Quarthal (Hg.): Vorderösterreich, Nur die Schwanzfeder des Kaiseradlers? Die Habsburger im deutschen Südwesten. Ulm: Süddeutsche Verlagsgesellschaft, 1999; ISBN 3-88294-277-0 (Katalog der Landesausstellung).
  • H.-J. Reiff, G. Spahr, D. Hauffe: Kloster Ochsenhausen. Geschichte, Kunst, Gegenwart. Biberach 1985.

Weblinks

 Commons: Klosterkirche St. Georg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. H.-J. Reiff, G. Spahr, D. Hauffe: Kloster Ochsenhausen. Geschichte, Kunst, Gegenwart. Biberach 1985, S. 119
  2. Zur Geschichte der Gabler-Orgel siehe Orgelbau Klais: Ochsenhausen, ehem. Klosterkirche, gesehen 3. Mai 2011.
  3. Disposition unter Orgelbau Kuhn: Ochsenhausen, gesehen 3. Mai 2011.
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