Kurt Elvers

Kurt Elvers

Kurt Elvers (* 24. September 1919 in Hamburg; † 20. Februar 1945 ebenda) war Student an der Nordischen Kunsthochschule in Bremen und wurde Opfer einer Denunziation seiner Mitstudenten, die zur Hinrichtung in Hamburg-Höltigbaum führte.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Elvers' Vater stammte aus dem Kreis Lüneburg. Sein Großvater hatte dort einen Kohlen- und Kartoffelhandel, außerdem hatte er ein Motorschiff auf der Elbe. Seine Mutter stammt aus Wandsbeck. Kurt Elvers ging vier Jahre in die Privatschule von Erna Lüdgens in Hamburg und besuchte später die Oberrealschule in Eimsbüttel bis Untertertia. Es folgte eine vierjährige Schlosserlehre bei dem Bauschlosser Oskar Goldsteiner in Hamburg. Kurt Elvers wollte die Bauschlosserei seines Vaters übernehmen. Ostern 1939 schloss er die Gesellenprüfung ab. Am 29. August 1939 wurde er einberufen.

Zunächst kam er zur I.G.Ers.Komp. (mot) 20 in Hamburg-Wandsbeck, Esdorf-Kaserne. Im Februar 1940 kam er zu einer Fla.Feldeinheit, die in Bremen aufgestellt wurde. Es handelte sich um dass Fla.Batl. 605. Bis Februar 1941 war Kurt Elvers in der Normandie stationiert, kam danach nach Polen und nahm schließlich an dem Überfall auf die Sowjetunion teil. Am 17. Oktober 1941 wurde er durch einen Querschläger am Oberarm verwundet. Im Januar 1942 war er wieder in Bremen. Bis Januar 1943 erkrankt, nahm er dort an einem Wettbewerb über Freizeitgestaltung teil, in dem er den 1. Preis gewann. Durch die Vermittlung seiner Kompanie erreichte er, zur Nordischen Kunsthochschule in Bremen vermittelt zu werden. Er begann dort im Mai 1944 ein Kunststudium.

Kurt Elvers wird von den Professoren der Kunsthochschule als 'talentiert' und besonders eifrig eingestuft. Der junge Soldat äußert mehrfach den Wunsch, nicht mehr an die Front zurückkehren, sondern stattdessen sein Kunststudium beenden zu wollen. Im Kreis der Kommilitonen an der Kunsthochschule scheint er ebenfalls als ‚Talent‘ angesehen worden zu sein. Aber auch als kritisch gegenüber dem NS-Regime. So berichtet er über seine Beobachtungen als Soldat und dass er nicht den „Heldentod“ sterben wolle. Als er im Sommer 1944 von dem Attentat der Gruppe um Stauffenberg auf Hitler erfährt, soll er sich gegenüber einigen Mitstudenten mit den Worten geäußert haben: „Schade, dass es nicht geklappt hat, sonst hätten wir jetzt Frieden“. Eine Studentin, der gegenüber er diese Äußerung gemacht haben soll, ist entsetzt: „Ich war als Deutsche darüber empört, dass in einer Zeit, als die letzten Kräfte der Nation eingesetzt wurden, in heimtückischer Weise gegen die Kriegsführung gehetzt und dadurch die Siegesmöglichkeit gefährdet wurde.“ Als die Äußerungen Elvers bekannt werden, wird er von einem seiner Kommilitonen bei der Gestapo denunziert. In der Hauptverhandlung vom 30. Oktober 1944 in Verden vor einem Kriegsgericht wird er zum Tode verurteilt. Alle verzweifelten Versuche des Vaters, eine Begnadigung zu erreichen, fruchteten nichts. Auch Interventionen einiger Professoren erreichten keine Änderung des Urteils. Elvers wurde am 20. Februar 1945 in Hamburg-Höltigbaum erschossen.

Versuche einer Rehabilitierung Kurt Elvers' und Verurteilung der Täter

Elvers wurde zunächst auf dem Kriegsgräberfeld auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg beerdigt. Sein Vater veranlasste jedoch ein halbes Jahr nach Kriegsende am 16. Januar 1946 die Umbettung in ein Privatgrab auf dem Ohlsdorfer Friedhof.

Der Vater hatte nach 1945 mehrfach versucht, die Schuldigen an dem Tod seines Sohnes zur Rechenschaft zu ziehen. In einem umfangreichen Entnazifizierungsverfahren in Bremen gegen den Hauptdenunzianten Gerhard Barnstorf wurde dieser zunächst zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt. Die Strafe musste er jedoch nie antreten. Alle anderen Mitbeteiligten an der Denunziation gingen unbehelligt aus den Verfahren hervor. Ermittlungsverfahren, die der Vater nach dem Spruch der Bremer Spruchkammer anstrebte, wurden von der Bremer Staatsanwaltschaft ebenfalls eingestellt. Zur Begründung formulierte der Oberstaatsanwalt abschließend 1960: „Man kann es deshalb nicht als ungewöhnlich bezeichnen, dass der Verurteilte [gemeint ist Kurt Elvers] im Sinne der damaligen scharfen Maßstäbe, die an die Erhaltung der Manneszucht gestellt wurden, in vollem Maße für schuldig befunden wurde; denn mangels Vorliegens der schriftlichen Urteilsgründe muss ja davon ausgegangen werden, dass das Kriegsgericht sich mit dem Gesamtverhalten des damaligen Angeklagten Elvers bereits befasst hat. Diese damals angewandten harten – uns heute fremd gewordenen – Maßstäbe lassen sich aber, um einen Sammelbegriff zu gebrauchen, durch die Kriegsnotwendigkeiten – wie man dieses damals sah – rechtfertigen und können nicht ohne weiteres rechtsfremden oder rechtsfeindlichen Zwecken der Strafzumessung gleichgesetzt werden. Danach sind weitere Ermittlungen nicht erforderlich.“

Für Kurt Elvers wurden zwei Stolpersteine gesetzt. Einer am Wohnort in Hamburg, Osterstr. 26, und einer vor dem Gebäude der ehemaligen Nordischen Kunsthochschule in Bremen, Am Wandrahm 23, letzterer verlegt am 20. Februar 2011, als Programmbestandteil einer Tagung zur Geschichte der Nordischen Kunsthochschule. Nachdem die Eltern ebenfalls verstorben sind, wird der Grabstein in Hamburg-Ohlsdorf vermutlich entfernt werden, und die Grabstätte somit eingeebnet werden.

Außerdem nahm die Nachfolgeinstitution der Nordischen Kunsthochschule, die heutige Hochschule für Künste, den Fall Kurt Elvers zum Anlass und Ausgangspunkt eigener Bemühungen, die Geschichte der Nordischen Kunsthochschule aufzuarbeiten.

Quellen

Staatsarchiv Bremen, 4, 66 – I., 367–370 (umfangreiche Entnazifizierungsakte des als Denunzianten verurteilten B.)

Literatur

  • Hesse, Hans, Bis zur Narbe, Bremen 2011 (herausgegeben von der Hochschule für Künste Bremen).
  • Hesse, Hans, „Schade, dass es nicht geklappt hat. Sonst hätten wir jetzt Frieden“ – Die Hinrichtung des Kurt Elvers, 1944 Student an der Nordischen Kunsthochschule in Bremen, in: VIER, Das Magazin der Hochschule für Künste Bremen, Nr. 9/2010, S. 87–88.
  • Hesse, Hans, „Die Nordische Hochschule für bildende Kunst soll, schöpfend aus dem Urgrunde deutsch-nordischen Volkstums, mitarbeiten am Aufbau arteigener Kultur im Sinne Adolf Hitlers“ – Skizzen zur Geschichte der Nordischen Kunsthochschule (NKH), in: Arbeiterbewegung und Sozialgeschichte, Nr. 23/24, 2009, S. 85–104.

Weblinks


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