- Kurt Erdmann
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Kurt Erdmann (* 9. September 1901 in Hamburg; † 30. September 1964 in Berlin) war ein führender Wissenschaftler der sassanidischen und islamischen Kunst sowie der Teppichkunde, die er zu einem kunsthistorischen Spezialgebiet machte.
Inhaltsverzeichnis
Beruf
Erdmanns Karriere und seine zahlreichen Publikationen waren eng verbunden mit der Islamischen Abteilung der Staatlichen Museen in Berlin, deren Direktor er von 1958 bis zu seinem Tode war. Er lehrte an den Universitäten Berlin, Hamburg, Bonn, Kairo und von 1951 bis 1957 in Istanbul. Er war Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts.
Große Verdienste erwarb sich Erdmann bei der Rettung und Erhaltung der Berliner Museumsbestände. Die Rückführung der 1945 bis 1946 in die Sowjetunion verbrachten Kunstwerke 1958 und die Restaurierungen des Aleppo-Zimmers sowie zweier Gebetsnischen ermöglichten den vollständigen Bezug aller Räume der Sammlung im Pergamonmuseum bis 1967. In den letzten Jahren vor seinem Tod hatte er sich mit der Planung der islamischen Abteilung im vorgesehenen neuen Dahlemer Museum für asiatische Kunst befasst. (Die Sammlung in Westberlin erhielt als „Museum für Islamische Kunst“ nach einer Zwischenzeit im Schloss Charlottenburg (1968–1970) 1971 ihren festen Platz im Museumsneubau in Dahlem und ist 2009 in das „Bode-Museum“ eingezogen.)
Ursprünglich begann Erdmann 1919 mit dem Studium der Germanistik, aber schon bald entwickelte er Interesse an Europäischer Kunstgeschichte. 1927 promovierte er unter Erwin Panofsky in Hamburg mit seiner Dissertation über Europäische Architektur. Im gleichen Jahr begann er als Volontär an den Staatlichen Museen in Berlin. Er wurde von Friedrich Sarre eingeladen, an der großen Publikation über Teppiche teilzunehmen, die dieser 1928 mit Trenkwald herausbrachte:
- F. Sarre and H. Trenkwald, Altorientalische Teppiche II, Leipzig und Wien, 1928
Hier zeigte sich, dass Erdmann seine Aufgabe beherrschte und von jetzt an beschäftigte er sich sein Leben lang wissenschaftlich mit Teppichen. Dieses Interesse schlug sich in zahlreichen herausragenden Beiträgen nieder, nicht nur hinsichtlich persischer, sondern islamischer Stücke insgesamt.
Schaffenszeit
Systematische Forschung der Quellen durch Reisen und auf europäischen Gemälden, sowie die Analyse von Mustern, Strukturen und technischen Merkmalen der Teppiche führten Erdmann zu neuen Erkenntnissen in die allgemeine Geschichte der Orientteppiche sowie in besondere Gruppen von Teppichen. Seine Hauptwerke über Teppiche erreichten ein internationales Publikum durch die Übersetzungen. Kurt Erdmann war ein bedeutender Repräsentant der „Berliner Schule“ der Teppichwissenschaft (zurückgehend auf Wilhelm Bode, Friedrich Sarre, Ernst Kühnel), die auf unterschiedlichen Gebieten forschten und damit Vorreiter wurden. Zwei seiner Artikel werden noch heute als wichtige Beiträge zum Wissen über Teppiche aus der Safawidenzeit angesehen:
- „Persische Teppiche der Safawidenzeit“, In: Pantheon Nr. 5, 1932, Seite. 227–231 und
- „The Art of Carpet Making, A Survey of Persian Art“, In: Ars Islamica Nr. 8, 1941, S. 121–291
Die Ausgrabungen von 1928/1929 und 1931/1932, die Ernst Kühnel, Erdmanns Kollege in der Berliner Skulpturen-Abteilung, bei der Sassaniden-Hauptstadt Persepolis unternommen hatte, sowie Ankäufe durch das Museum von parthischen und sassanidischen Kunstgegenständen und wahrscheinlich das allgemeine Interesse zu jener Zeit führten Erdmann zu seinem zweiten Interessengebiet: Die Kunst des vorislamischen Persiens, besonders die Zeit der Sassaniden, war von großer Bedeutung für seine Forschungen in den 1930er und 1940er Jahren. Bei seinen Studien von sassanidischen Jagdschalen, die erste systematische Arbeit in dieser Objektgruppe, entwickelte er eine chronologische Folge gemäß den Kompositionsmerkmalen der Königskrone.
- „Die sasanidischen Jagdschalen. Untersuchungen zur Entwicklung der iranischen Edelmetallkunst unter den Sasaniden“, In: Jahrbuch der Preussischen Kunstsammlungen Nr. 57, 1936, S. 193–232.
- „Eine unbekannte sasanidische Jagdschale“, ibid., Nr. 59, 1938, S. 209–217;
- „Zur Chronologie der sasanidischen Jagdschalen“, In: ZDMG Nr. 97, 1943, S. 239–283.
Seine Identifizierung des Königs in dem Felsrelief in Ṭāq-e Bostān als Pērōz (r. 457/59–484) löste eine Kontroverse mit Ernst Herzfeld aus, der den König als Kosrow II (r. 591–628) identifiziert hatte. Obwohl Herzfelds Argumente eine breite Akzeptanz fanden, war diese Auffassung lange noch Thema unter den Wissenschaftlern.
- “Das Datum des Tāḳ-i Bustān,” In: Ars Islamica Nr. 4, 1937, S. 79–97
Es folgten viele Studien von verschiedenen Aspekten von Felsreliefs
- “Zur Deutung der iranischen Felsreliefs,” In: Forschungen und Fortschritte Nr. 18, 1942, S. 209–211
- “Sasanidische Felsreliefs—römische Historienreliefs,” In: Antike und Abendland Nr. 3, 1948, S. 75–87
und über die Identifizierung von Kronen
- “Die Entwicklung der sassanidischen Krone,” In: Ars Islamica Nr. 15/16, 1951, S. 87–123
Von 1951 bis 1957 lehrte Kurt Erdmann an der Universität in Istanbul. Nurhan Atasoy (spätere Direktorin des Topkapi Saray Museums und selbst Professorin an der Universität) begann ihr Studium 1953 an der Istanbuler Universität, wo Kurt Erdmann Islamische Kunst und Philipp Schweinfurt Byzantinische Kunst lehrten. Sie schreibt darüber wie folgt: "Wir hatten das deutsche System, eine Klasse für alle Studenten für 4 Jahre. Ich war eine von vier neuen Studenten. Heute sind es Hunderte. Vier Studienfächer wurden für das Vordiplom benötigt: Klassische Archäologie, Türkische und Islamische Kunst, Byzantinische Kunst und Europäische Kunst. Jeden Sommer unternahmen wir monatelange Studienexkursionen, die von der Universität ausgerichtet wurden, oft leitete Prof. Erdmann die Gruppe. Wir besuchten Moscheen auf der Suche nach alten Teppichen und halfen ihm, Aufmaß und Pläne zu erstellen sowie Fotos zu machen von alten Karawansereien. „Obwohl ich in meinen Kursen nicht sehr gut war sagt Atasoy mit typischer Bescheidenheit, „war ich sehr aktiv und half bei der Erforschung. Diese Reisen waren es, die meine Liebe zu Anatolien erweckten.“[1]
- Kurt: Erdmann: Der türkische Teppich des 15. Jahrhunderts. Istanbul o.J. (1954). XII, 134 Seiten, 67 Abb., Text in deutscher und türkischer Sprache
- Das anatolische Karavansaray des 13. Jh.. Berlin, 1961–1976.
Erdmann befasste sich auch mit dem Einfluss von sassanidischen Themen auf andere Kulturen.
- „Die universalgeschichtliche Stellung der sasanidischen Kunst“, In: Saeculum Nr.1, 1950, S. 508–534
Viele seiner Erkenntnisse der sassanidischen Kunst kann man in seiner ersten Veröffentlichung finden, die allein dieses Thema behandelt
- Die Kunst Irans zur Zeit der Sasaniden. Verlag Florian Kupferberg Berlin, 1943; 2. Auflage Kupferberg Verlag Mainz 1969
Während Teppiche und Sassanidische Kunst seine beiden Haupt-Interessensgebiete waren, schrieb Erdmann umfangreich über eine Vielzahl anderer Themen, die sich erstreckten von den Achaemeniden bis zur türkischen Architektur
- „Persepolis: Daten und Deutungen“, MDOG zu Berlin 92, 1960, S. 31–47
Erdmanns Arbeit im Berliner Museum brachte zahlreiche Veröffentlichungen über Gruppen oder einzelne Arbeiten, die auf seine produktive Forschung in allen Bereichen der Vorislamischen und Islamischen Kunst verweisen:
- „Die Keramik von Afrasiyab“, In: Berliner Museen Nr. 63, 1942, S. 18–28;
- „Islamische Bergkristallarbeiten“, In: Jahrbuch der Preussischen Kunstsammlungen Nr. 61, 1940, S. 125–146;
- „Neue islamische Bergkristalle“, In: Ars Orientalis Nr. 3, 1959, S. 201–205
Viele Ankäufe, die unter seiner Leitung des Museums in Berlin getätigt wurden, erweiterten Umfang, Wissen und Verständnis der persischen Kunst in der islamischen Periode.
- „Keramische Erwerbungen der Islamischen Abteilung 1958–1960“ In: Berliner Museen, Nr. 10, 1961, S. 6–15;
- „Neuerworbene Gläser der Islamischen Abteilung 1958–1961“, ibid., 11, 1961, S. 31–41
Seine Frau Hanna unterstützte ihn bei vielen seiner Publikationen und nahm nach seinem Tod einen Lehrauftrag für islamische Kunstgeschichte an der Universität Mainz wahr.
Quellen
- Jens Kröger: Kurt Erdmann. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica, Stand: 15. Dezember 1998, eingesehen am 9. Juni 2011 (englisch, inkl. Literaturangaben)
Schriften
- Orientalische Teppiche aus vier Jahrhunderten. Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, 22. August bis 22. Oktober 1950. Hamburg 1950
- Arabische Schriftzeichen als Ornamente in der abendländischen Kunst des Mittelalters. In: Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse. Jahrgang 1953. Nr. 9. S. 467-513
- Der orientalische Knüpfteppich: Versuch einer Darstellung seiner Geschichte. Verlag Ernst Wasmuth, Tübingen, 1955;
übersetzt von C. G. Ellis als Oriental Carpets: An Essay on Their History. New York, 1960.
- Der türkische Teppich des 15. Jahrhunderts. Istanbul, 1957;
übersetzt von * R. Pinner als The History of the Early Turkish Carpet. Oguz Press, London 1977 (Mit einer Bibliographie der Teppichpublikationen Kurt Erdmanns von Hanna Erdmann).
- Europa und der Orientteppich. Verlag, F. Kupferberg Berlin-Mainz 1962.
- mit Peter W. Meister: Kaukasische Teppiche. Ausstellungskatalog Museum für Kunsthandwerk, Frankfurt 1962
- Carpets East Carpets West In: Saudi Aramco World , Ausgabe März/April 1965, S. 8-9.
- Siebenhundert Jahre Orientteppich: Zu seiner Geschichte und Erforschung. Herausgegeben von Hanna Erdmann. Bussesche Verlagshandlung, Herford 1966.
übersetzt von M. H. Beattie als Seven Hundred Years of Oriental Carpets, London 1970
- Iranische Kunst in deutschen Museen (Hrsg.): Hanna Erdmann, unter Verwendung des Nachlasses von Kurt Erdmann; mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel. Verlag: F. Steiner Wiesbaden, 1967
- mit Hanna Erdmann: Das anatolische Karavansaray des 13. Jahrhunderts. Zweiter und dritter Teil. Teil 2/3., Baubeschreibung. Die Ornamente (= Istanbuler Forschungen Band 31). Gebrüder Mann, Berlin 1976, ISBN: ISBN 3-7861-2241-5
Literatur
- Richard Ettinghausen: Kurt Erdmann. In: Der Islam 41, 1965, S. 253-260.
- O. Aslanapa und R. Naumann: In Memoriam Kurt Erdmann. In: Forschungen zur Kunst Asiens, Istanbul, 1969 (ausführl. Bibliografie S. 305-23)
Direktoren des Museums für Islamische Kunst (Berlin)Direktoren vor der Teilung: Wilhelm von Bode (1904–1921) | Friedrich Sarre (1921–1931) | Ernst Kühnel (1931–1951)
Sammlung in Dahlem: Kurt Erdmann (1958–1964) | Klaus Brisch (1966–1988) | Michael Meinecke (1988–1991)
Sammlung auf der Museumsinsel: Wolfgang Dudzus (1959–1965) | Volkmar Enderlein (1965–1991)
Wiedervereinigte Sammlung: Michael Meinecke (1992–1995) | Volkmar Enderlein (1995–2001) | Claus-Peter Haase (2001–2009) | Stefan Weber (seit 2009)
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