Sergej Lochthofen

Sergej Lochthofen

Sergej Lochthofen (* 24. August 1953 in Workuta) ist ein deutscher Journalist, der von 1990 bis 2009 Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen war.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lochthofen kam als Sohn eines deutschen Kommunisten und einer russischen Mutter in Workuta (Sowjetunion) zur Welt. Lochthofens Vater, Lorenz Lochthofen, stammte aus Dortmund und war 1930 in die Sowjetunion gekommen, um dort als Bergwerksschlosser in einem Schacht am Donbass, einem großen Steinkohlegebiet in der Ukraine, zu arbeiten. Bald darauf begann er ein Studium des Journalismus in Moskau und der Politischen Ökonomie in Engels, um schließlich als Redakteur bei der deutschsprachigen Zeitung Nachrichten zu arbeiten. 1938 wurde er Opfer der Stalinschen Säuberungen und zu acht Jahren Zwangsarbeit im Arbeitslager Workuta verurteilt. Nach Entlassung aus dem Gulag 1947 lebte er als Verbannter weiterhin in Workuta. Nachdem Lorenz Lochthofen 1956 von einem Gericht in Saratow rehabilitiert worden war, konnte er mit seiner Frau und dem 1953 geborenen Sohn Sergej 1958 in die DDR ausreisen, wo er auf dem VI. Parteitag der SED sogar ins Zentralkomitee berufen wurde.

Sergej Lochthofen besuchte als sowjetischer Staatsbürger eine sowjetische Schule in der DDR. Anschließend nahm er auf der Krim ein Kunststudium auf, kehrte jedoch nach zwei Semestern in die DDR zurück, um dem sowjetischen Wehrdienst zu entgehen.

Von 1971 bis 1973 volontierte er bei der SED-Bezirkszeitung für den Bezirk Erfurt, Das Volk, und studierte anschließend bis 1977 an der Sektion Journalistik an der Leipziger Karl-Marx-Universität. Danach war er bis zur Wende als Nachrichtenredakteur bei Das Volk tätig. 1990 wurde er von der Belegschaft zum Chefredakteur dieses einstigen Parteiorgans gewählt, das in Thüringer Allgemeine umbenannt wurde.

Zur gleichen Zeit wurde die ‚Thüringer Allgemeine‘ Mitarbeiter-Beteiligungs-GmbH mit einem Kapital von 25.000 DDR-Mark gegründet. Noch heute gehört die Zeitung zu einem Teil dieser GmbH. Ein Gesellschafter und Miteigentümer der mittlerweile zur WAZ-Mediengruppe und deren Zeitungsgruppe Thüringen gehörenden Firma war von Beginn an Sergej Lochthofen. Er war auch der einzige Ostdeutsche, der als Chefredakteur einer regional bedeutenden Zeitungsgruppe tätig war. Dies verdankte er unter anderem seiner Medienpräsenz; so war er häufig zu Gast in der Fernsehsendung Presseclub, wo er sich als „Stimme des Ostens“ einen Namen machte.

Am 26. November 2009 wurde von der WAZ-Leitung bekanntgegeben, dass Lochthofen im Zuge der Umgestaltung der WAZ-Zeitungsgruppe in Thüringen zum 1. Januar 2010 als Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen abgelöst und mit ihm seine Ehefrau, Antje-Maria Lochthofen, ihres Postens als stellvertretende Chefredakteurin enthoben wird. Zum neuen Chefredakteur wurde Paul-Josef Raue bestellt.

Gegen diese Entscheidungen gab es zahlreiche Proteste von Lesern und Mitarbeitern wie auch von Verbänden wie dem Deutschen Journalistenverband oder der Industrie- und Handelskammer Erfurt.[1]

Sergej Lochthofen nannte die Entlassung seiner Frau „Sippenhaft wie bei den Nazis und unter Stalin“.[2] Aufgrund dieser von der Konzernleitung als „verlagsschädigend“ bezeichneten Äußerungen wurde er bereits vorzeitig am 1. Dezember 2009 abgelöst.[3]

Auszeichnungen

Von einer 60-köpfigen Fachjury der Zeitschrift Medium Magazin wurde Lochthofen im Dezember 2009 als Regionaler Chefredakteur 2009 geehrt.[4]

Weblinks

  • Radio-Interview bei MDR-Figaro [1], 27. Januar 2010
  • Interview bei „Berliner Journalisten“ [2], 22. Februar 2010

Quellen

Einzelnachweise

  1. Lesermeinungen zum Thema, abgerufen am 2. Dezember 2009
  2. Abgesetzter Chefredakteur wirft WAZ-Gruppe Nazi-Methoden vor, 26. November 2009, abgerufen am 26. November 2009
  3. WAZ-Gruppe entlässt Chef der "Thüringer Allgemeinen", 2. Dezember 2009, abgerufen am 2. Dezember 2009
  4. Die Journalisten des Jahres 2009. In: Medium Magazin online am 21. Dezember 2009, abgerufen am 12. Januar 2010.

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