Lung Ying-tai

Lung Ying-tai

Lung Ying-tai (chinesisch 龍應台 Lóng Yìngtái) (* 13. Februar 1952 in Kaohsiung) ist eine Taiwanische Essayistin und Kulturkritikerin.[1] Gelegentlich schreibt sie unter dem Pseudonym „Hu Meili“.[2]

Lungs ergreifende und kritische Essays trugen zu der Demokratisierung Taiwans bei[1] und als einzige taiwanische Autorin mit einer Kolumne in wichtigen chinesischen Zeitungen ist sie eine einflussreiche Autorin in Festlandchina. Sie hat bisher 17 Bücher geschrieben.[3][4]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend und Ausbildung

Lungs Vater, Lung Huai-sheng (龍槐生), war ein Soldat der Kuomintang und die Familie musste nach Taiwan fliehen, nachdem die Kuomintang den Bürgerkrieg in China 1949 verloren hatte.[1] Sie ist das zweite Kind ihrer Eltern und hat vier Brüder. Lungs Vorname setzt sich zusammen aus dem Familiennamen ihrer Mutter, yìng (應), und der Abkürzung tái (台) als Zeichen dafür, dass sie das erste in Taiwan geborene Kind der Familie ist.

Nach dem Besuch der National Tainan Girls' Senior High School (國立台南女子高級中學) besuchte Lung die National Cheng Kung University in Tainan bis zum Erhalt des Bachelorgrades in Fremdsprachen und ausländischer Literatur[5] und die Kansas State University bis zum Ph.D. in Englischer und Amerikanischer Literatur.[6]

Ehe und Familie

Nach ihrem Umzug nach Deutschland in den späten 1980ern heiratete Lung einen Deutschen, mit dem sie zwei Söhne hat. Sie hieß auch Ying-tai Walther. Die Ehe wurde schließlich geschieden. Eines von Lungs Büchern, „Lieber Andreas“ (qīn'àide āndéliè 《親愛的安德烈》), ist eine Sammlung von Briefen und E-Mails zwischen ihr und ihrem ältesten Sohn.[7]

Karriere

Nach ihrer Rückkehr nach Taiwan begann Lung mit dem Schreiben Opposite-Editorial-Kolumne in der Zeitung "China Times" (zh:中國時報) über verschiedene Umstände in Taiwan. Ihre Essays wurden 1985 als Sammlung von politischer und Sozialkritik unter dem Titel „Wildes Feuer“ (yěhuǒjí 《野火集》) veröffentlicht, was ihre Rolle als Intellektuelle in Taiwan festigte. Zu jener Zeit wurde Taiwan noch von der Kuomintang als Einheitspartei regiert und Lungs Werk erregte heftige Reaktionen die bis zu Todesdrohungen reichten. Diese waren ein Teilgrund für Lungs Auswanderung nach Deutschland im Jahr 1987.[8][9] Übersetzungen ihrer Essays waren auch in europäischen Zeitungen wie der Frankfurter Allgemeine Zeitung erschienen und ihr Werk erschien seit den frühen 1990ern in Zeitungen des chinesischen Festlands.[10] Unter ihren Essays sind z. B. „Lasst euch Zeit, Kinder“, „Silberner Kaktus“, „Hundert Jahre Denken“ und schließlich der offene Brief an Hu Jintao „Bitte überzeugen Sie mich mit Zivilisation“, den sie 2006 infolge der vorübergehenden Schließung des Nachrichtenmagazins "Gefrierpunkt" (bīngdiǎn 冰点) veröffentlichte.[6][11] Sie kritisierte den singapurischen Minister Lee Kuan Yew und die Einschränkung der persönlichen Freiheit durch die Regierung in einem Artikel von 1994, der mit „Gott sei Dank, dass ich kein Singapurer bin“ betitelt war.[9]

Sie kehrte im September 1999 nach Taiwan zurück, um erste Direktorin des Amtes für kulturelle Angelegenheiten von Taipeh zu werden.[8][9][12][13][14] Während ihrer vierjährigen Amtszeit hob sie durch ihre politischen Maßnahmen die Künste in Taibei hervor.[3] Im März 2003 trat Lung zurück, um sich wieder dem Schreiben zu widmen, und merkte an: „Ein Beamter zu sein ist erstickend. Ich konnte kaum atmen.“[15]

Im August 2004 ging sie an das Journalism and Media Studies Centre der University of Hong Kong. Im Juli 2005 gründete sie die Lung Ying-tai Kulturstiftung (lóng yīngtái wénhuà jījīnhuì 龍應台文化基金會), die sie als Plattform zur Förderung literarischer und künstlerischer Bestrebungen sowie akademischer Vorträge nutzte.[3] Seit 2008 war sie in der Position des Hung Leung Hao Ling Distinguished Fellow in Humanities an der University of Hong Kong[4] und als Professorin an der Staatlichen Universität Tsing Hua in Taiwan[6] tätig. 2009 erhielt sie den K.T. Li Chair Professor Award der NCKU.[5]

Ihr 2009 erschienenes Buch „Großer Fluss, großes Meer 1949“ (dà jiāng dà hǎi yījiǔsìjiǔ 《大江大海一九四九》) behandelt den Bürgerkrieg 1949 und die Flucht der Anhänger der Kuomintang nach Taiwan.[1] In den ersten Monaten nach der Veröffentlichung wurde es in Taiwan über 100.000 mal und 10.000 mal in Hongkong verkauft. In der VR China dagegen wurde die Diskussion ihres Werkes nach der Veröffentlichung verboten.[1][16][17]

Quellen

  1. a b c d e Verna Yu: Untold Stories of China and Taiwan (Englisch). In: New York Times, 5 October 2009. Abgerufen am 30 January 2010. 
  2. Helen Xiaoyan Wu: Long Yingtai. In: Edward L. Davis (Hrsg.): Encyclopedia of contemporary Chinese culture (Englisch). Routledge 2004, ISBN 0-203-64506-5
  3. a b c Noah Buchan: Making rebels with a cause (Englisch). In: Taipei Times, 2 March 2007. Abgerufen am 30 January 2010. 
  4. a b Adjuncts (Englisch). Journalism and Media Studies Center. Hong Kong University. Abgerufen am 30 January 2010.
  5. a b Academician Paul Chu and Prof. Ying-Tai Lung Honored with K.T. Li Chair Professor Award by NCKU (Englisch). National Cheng Kung University (10 November 2009). Abgerufen am 30 January 2010.
  6. a b c Elaine Chen: 向胡錦濤嗆聲的心路歷程 (Chinesisch). In: Business Week. Abgerufen am 30 January 2010. 
  7. Tay Tian Yan; Translated by Soong Phui Jee (14 January 2008): Mother And Son And Life (Englisch). Sin Chew. Abgerufen am 30 January 2010.
  8. a b Monique Chu: Writer appointed cultural head (Englisch). In: Taipei Times, 4 September 1999. Abgerufen am 30 January 2010. 
  9. a b c Connie Ling: Former Taiwan Social Critic Works To Promote Taipei's Urban Culture (Englisch). In: Wall Street Journal, 2001. Abgerufen am 30 January 2010. 
  10. Charles Snyder: Lung Ying-tai slams Taiwan's isolation (Englisch). In: Taipei Times, 10 December 2006. Abgerufen am 30 January 2010. 
  11. Tim Luard: China's censored media answers back (Englisch). In: BBC News, 23 February 2006. Abgerufen am 30 January 2010. 
  12. Asiens Öffnung zur Welt - Gespräch mit Lung Ying-tai, Kulturdirektorin der Stadt Taipeh. In: Neue Zürcher Zeitung, 11 August 2001. Abgerufen am 30 January 2010. 
  13. Editorial: Culture and politics inseparable (Englisch). In: Taipei Times, 15 May 2000. Abgerufen am 30 January 2010. 
  14. Ko Shu-ling: Cultural Affairs Bureau takes over art museum (Englisch). In: Taipei Times, 2 August 2000. Abgerufen am 30 January 2010. 
  15. Sandy Huang: Taipei's cultural head makes good with two books (Englisch). In: Taipei Times, 20 March 2003. Abgerufen am 30 January 2010. 
  16. Lung Ying-tai becomes an internet pariah in China (Englisch). China Free Press (18 September 2009). Abgerufen am 30 January 2010.
  17. Wan Ping: A History of 60 Years of China, Banned on Communists’ 60th Anniversary (Englisch). In: Epoch Times, 22 September 2009. Abgerufen am 30 January 2010. 

Weblinks


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