Chinesischer Bürgerkrieg

Chinesischer Bürgerkrieg
Generalissimo Chiang Kai-shek, 1945
Häuserkampf in Shanghai
Ausrufung der Volksrepublik China durch Mao, 1949

Der chinesische Bürgerkrieg war der Konflikt um die politische Führung Chinas nach der Xinhai-Revolution im Jahre 1911/12, die zur Beseitigung der Qing-Dynastie geführt hatte. Protagonisten in diesem Konflikt waren die nationalistische Kuomintang unter Chiang Kai-shek und die Kommunistische Partei Chinas unter Mao Zedong. Der Bürgerkrieg begann nach dem Nordfeldzug Chiangs 1927 und endete mit der Flucht der Kuomintang 1949 nach Taiwan.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte und Verlauf bis zum Krieg gegen Japan

Generalskriege der Nördlichen Militaristen (Chili-, Anhwei-, Fengtian- und Kuominchan-Fraktion) um die Macht in Peking

  • 1920 Chili-Anhwei-Krieg (Zhiwan): Chili- und Fengtian-Militaristen besiegen die Anhwei-Clique
  • 1922 Erster Chili-Fengtian-Krieg (Zhifeng I): Chili-Clique besiegt Anhwei- und Fengtian-Militaristen sowie Kuomintang
  • 1924 Zweiter Chili-Fengtian-Krieg (Zhifeng II): Chili-Clique wird besiegt von Fengtian- und Anhwei-Militaristen sowie Chili-Abtrünnigen (Kuominchun)
  • 1926 Fengtian-Kuominchun-Krieg: Fengtian-Clique und Chili-Reste besiegen Anhwei-Reste und Kuominchun-Militaristen, aber
  • 1926–28 Nordfeldzug: Kuomintang und Kuominchun-Clique besiegen Fengtian-Militaristen und Chili-Reste

1921 war die Kommunistische Partei Chinas gegründet worden, die 1924 eine (Erste) Einheitsfront und 1925 eine gemeinsame Gegenregierung mit den Kuomintang in Kanton geschlossen hatte. Gemeinsam begannen sie den Nordfeldzug, doch schon 1927 bildeten Kommunisten und der linke Flügel der Kuomintang (die Partei stellte in ihren frühen Jahren ein Sammelbecken für alle Gegner des Kaiserreichs dar) eine weitere Gegenregierung in Wuhan, wo die Kommunisten eine große Anhängerschaft hatten. Chiang ließ daraufhin die Aufstände der Kommunisten in Shanghai, Nanchang und Kanton niederschlagen.

Die Kommunisten eroberten ab 1927 fünfzehn Gebiete in Süd- und Mittelchina (Hunan, Fukien) und errichteten in Kiangsi (seit 1929) eine Chinesische Sowjetrepublik (1931). Vier Großangriffe der Kuomintang-Truppen konnten die Kommunisten 1930–34 abwehren, vor dem fünften zogen sie sich im „Langen Marsch“ 1934/35 nach Nordwestchina ab und konnten sich somit vor der Zerschlagung retten, in deren Ergebnis Mao Zedong KP-Chef wurde und in (Yan'nan) Nord-Shaanxi eine neue Sowjetrepublik entstand. Die Kuomintang hatten vorerst klar die Oberhand gewonnen und stellten nun nach außen hin die einzige relevante politische Kraft des Landes dar.

Ursachen und Verlauf

Der Verlauf des chinesischen Bürgerkrieges, also des Kampfes um die politische Führung des Landes, wurde zu einem großen Teil von ausländischen Mächten beeinflusst und gelenkt. So stellte gerade das antikommunistische Kaiserreich Japan als äußere Bedrohung einen katalytischen Faktor dar, der in China die Schwachstellen des Kuomintang-Regimes hervortreten ließ und den Kommunisten die Gelegenheit bot, ihren Einfluss auszubauen. Auch die beiden Weltmächte der Nachkriegszeit, die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion, übten gemäß ihren eigenen Interessen großen Einfluss auf die Entwicklung des chinesischen Bürgerkriegs aus – die Amerikaner hatten in erster Linie eine friedliche Beilegung des Konflikts und als weitere Priorität die Erhaltung der Kuomintang-Regierung im Sinne, die Sowjets wirkten aktiv auf die Errichtung eines kommunistischen Pufferstaates in der Mandschurei hin und einer Verbreitung des Kommunismus in China.

Während der japanischen Bedrohung

Ab 1931 hatte Japan damit begonnen, systematisch und aggressiv seinen Einfluss über die Mandschurei auszudehnen, und dort schließlich den Marionettenstaat Mandschukuo unter Führung des letzten chinesischen Kaisers Pu Yi errichtet. Die Japaner erzwangen sich auch zunehmend die Kontrolle über die chinesischen Küstenstädte wie Shanghai (im Januar 1932 die Aufhebung von Handelsboykotts durch Flächenbombardements und Landung von Bodentruppen). Die Kräfte der Kuomintangregierung reichten nicht aus, um sowohl die Kommunisten als auch die Japaner zu bekämpfen, und Chiang Kai'shek war so 1933 gezwungen, die japanische Besetzung der Mandschurei als Bedingung des Waffenstillstands anzuerkennen.

Zu Beginn der japanischen Aggression standen sich Kommunisten und Kuomintang völlig unversöhnlich gegenüber. Chiang Kai-shek proklamierte weiterhin, dass die Bekämpfung der Kommunisten voranschreiten sollte. Nach dem Zwischenfall von Xi’an (Entführung Chiangs) im Dezember 1936 jedoch ergab sich ein Art misstrauische Koalition von Kuomintang und Kommunisten, die bis zum Neue Vierte Armee-Zwischenfall im Winter 1940 anhalten sollte.

1937 kam es nach dem Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke zum Ausbruch des zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges. Die Japaner marschierten über die Mandschurei in den Norden Chinas ein, eroberten Peking und rückten in Richtung Shanghai vor. Die Kuomintang lehnten den am 5. November 1937 angebotenen Waffenstillstand zunächst ab, der als Bedingung neben der Anerkennung der japanischen Vorherrschaft über die Mandschurei und dem Unterdrücken antijapanischer Elemente auch den gemeinsamen Kampf gegen den Kommunismus enthielt; als die chinesische Führung das Angebot knapp einen Monat später annehmen wollte, hatte sich die militärische Situation für die Japaner durch den Sieg in der zweiten Schlacht um Shanghai soweit verbessert, dass diese zu den genannten Konditionen keinen Waffenstillstand mehr anbieten wollten.

Nach der blutigen Eroberung Nanjings, der damaligen Hauptstadt der Kuomintang-Regierung verlagert sich das Machtzentrum der Kuomintang nach Chongqing. In Nanjing selbst kommt es zur Bildung einer antikommunistischen Kollaborations-Regierung (die sogenannte Neuorganisierte Regierung der Republik China) unter der Führung von Wang Jingwei, und weiteren abtrünnigen Kuomintang-Mitgliedern. Wang, der dem linken Flügel der Kuomintang angehörte und schon 1927 mit den Kommunisten versuchte eine Gegenregierung in Wuhan aufzubauen.

Das Bündnis zwischen Kuomintang und den Kommunisten bestand trotz allem weiter, wobei die militärische Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten von mangelnder Kommunikation, offenem Misstrauen und regelmäßigen Zusammenstößen geprägt blieb. Schließlich brach das Bündnis im Winter 1940 beim sogenannten Neue-Vierte-Armee-Zwischenfall völlig auseinander, nachdem die Truppen der Kuomintang die kommunistischen Streitkräfte bei der Räumung der Provinzen Anhui und Jiangsu angegriffen hatten.

Die Nationale Revolutionsarmee wurde vom offenen Kampf gegen die japanische Armee im Verlauf des Krieges zunehmend geschwächt.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges

Die USA waren nach der Kapitulation Japans angesichts der drohenden Gefahr eines sich ausweitenden ideologisch motivierten Krieges in Ostasien schnell dazu entschlossen, beide Parteien zu Verhandlungen um eine friedliche Lösung zu bewegen. So kam es bis 1947 zu mehreren Treffen zwischen den Führern beider Seiten; unter anderem auch am 28. August 1945, zwei Wochen nach der japanischen Kapitulation, zwischen Mao Zedong und Chiang Kai-shek in Chongqing. Dabei war der amerikanische General und spätere Außenminister George C. Marshall bis 1947 mit der Rolle des Unterhändlers betraut.

Hauptschauplatz des dennoch bald wieder aufflammenden Bürgerkrieges war zunächst die nach der japanischen Kapitulation von sowjetischen Truppen besetzte Mandschurei. Der Waffenstillstand zwischen den USA und Japan enthielt die Bedingung, dass die hier verbliebenen japanischen Truppen sich den Kuomintang zu ergeben hatten. Jedoch hatte die sowjetische Besatzungsmacht gezielt darauf hingewirkt, die chinesischen Kommunisten mit japanischen Beutewaffen zu versorgen, und auch die Ausbildung der kommunistischen Truppen für den (wie von beiden Seiten angenommen wurde) unmittelbar bevorstehenden Bürgerkrieg vorangetrieben. Die chinesischen Kommunisten hatten de facto ihre komplette Machtbasis in die Mandschurei verlegt und begannen mit russischer Hilfe mit dem Aufbau einer zivilen Verwaltung und eines Netzes von Parteibüros. Chiang Kai-shek war diese kommunistische Übernahme der Mandschurei mit ihrer, hauptsächlich im Verlauf der japanischen Besatzung geschaffenen, industriellen Infrastruktur ein Dorn im Auge, und er erbat sich deshalb, den geplanten Abzug der sowjetischen Besatzungstruppen aus der Mandschurei so lange zu verzögern, bis auch die Kuomintang Gelegenheit erhalten hatten, ihren Einfluss in der Mandschurei auszubauen. Die Sowjetregierung kam diesem Antrag nach und nutzte die gewonnene Zeit zum Abtransport der japanischen Industrieanlagen nach Russland.

Mit Hilfe großer finanzieller und militärischer Unterstützung durch die Amerikaner begannen die Kuomintang im Herbst 1945 schließlich damit, sich die Kontrolle über die Mandschurei zu erkämpfen. Die Kommunisten lieferten sich unter dem Kommando von Lin Biao bei Szeping an der Bahnlinie nach Norden eine verlustreiche offene Feldschlacht, die einen Monat lang andauerte. Zuletzt schickte Lin Biao noch rund 100.000 Fabrikarbeiter aus Changchun in den Kampf. Als jedoch der amerikanische Druck zur Aufnahme von diplomatischen Gesprächen zunahm, stimmten die Kuomintang dem von den Kommunisten verlangten Waffenstillstand zu, und unternahmen auch die Entwaffnung von etwa 1,5 Millionen Truppen.

Wahrscheinlich brachte diese Entscheidung, die Kampfhandlungen wie von den Amerikanern verlangt zugunsten einer friedlichen Einigung mit den Kommunisten niederzulegen, Chiang um den Sieg. Die Kommunisten nutzten die Gelegenheit zur weiteren Verstärkung ihrer Truppen und umzingelten die Truppen der Kuomintang in ihren Garnisonen, indem sie mit ihrer Flugabwehr eine Versorgung der nationalistischen Streitkräfte unterbanden. Zudem blieb die Unterstützung der Kuomintang-Truppen durch die Bevölkerung und ihre allgemeine Kampfmoral relativ gering, auch aufgrund von sich ausweitenden Korruptionsproblemen und der hohen Inflationsrate als Resultat der hohen Schulden, die die Kuomintang-Regierung im Verlauf der anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen anhäufte.

Während der Kampf in der Mandschurei somit andauerte, zettelten die Kommunisten im übrigen China kleinere Guerillakriege an, um weitere Truppen der Nationalisten von der Mandschurei fernzuhalten. Tatsächlich hatte ihr Plan Erfolg: 1948 kapitulierten die letzten Truppen der Kuomintang in der Mandschurei. Zu diesem Zeitpunkt war die eigentliche Entscheidung des Bürgerkrieges gefallen: Die Kommunisten eroberten nach der massiven Verstärkung ihrer konventionellen Streitkräfte schnell Nordchina und zogen von dort aus nach Süden. Die entscheidende Schlacht des Krieges fand bei Huaihai in Zentralchina statt. Fünfhunderttausend Soldaten der KPCh kämpften hier gegen eine zahlenmäßig etwa gleichstarke nationalistische Armee. In diesem ab November 1948 über zwei Monate währenden Kampf wurden die Truppen der Nationalisten fast völlig aufgerieben.

1949 musste Chiang Kai-shek sich schließlich endgültig geschlagen geben. Er zog sich mit seiner Kuomintang und ca. 2 Millionen Zivilisten nach Taiwan zurück, während der Kommunistenführer Mao Zedong am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China ausrief. Im Süd-Westen isolierte Kuomintang-Reste zogen sich nach Nord-Burma und Nord-Thailand zurück und wurden teilweise nach Taiwan evakuiert. Ein beträchtlicher Teil der verbliebenen Truppen und zivilen Anhänger wendeten sich hier im „Goldenen Dreieck“ dem Opiumanbau zu. Im Mai 1950 wurde die Insel Hainan von den Kommunisten erobert. Damit endeten die letzten größeren Kampfhandlungen des Chinesischen Bürgerkrieges, nicht unbedingt jedoch dieser als solches, wie angesichts der realen politischen Situation von mehreren Historikern proklamiert wird:

Es bestehen als Resultat des Bürgerkrieges bis heute zwei separate chinesische Staaten – die sozialistische Volksrepublik China, die das gesamte Festland umfasst, sowie die heute demokratische Republik China der damaligen Kuomintang auf Taiwan. Beide Staaten erkannten die Souveränitätsansprüche ihrer Widersacher grundsätzlich nicht an und betrachteten sich jahrzehntelang als die alleinige Vertretung Chinas, was zu vielerlei Streitigkeiten zwischen den Staaten (dem sogenannten Taiwan-Konflikt) bis zum heutigen Tag führt. Mit der Demokratisierung Taiwans in den 1990er Jahren wurden jedoch (Souveränitäts-)Ansprüche auf das Gebiet der Mongolei und der Volksrepublik China von der Republik China nicht mehr erhoben und der kommunistische Souveränitätsanspruch auf das Festland, jedoch nicht auf Taiwan anerkannt. Die Volksrepublik China behält dagegen den Anspruch auf Taiwan als einer „abtrünnigen Provinz“ bis heute mit ihrer „Ein-China-Politik“ aufrecht.

Der chinesische Bürgerkrieg forderte über eine Million Todesopfer und führte zu Verwüstungen, Hungerkatastrophen, Epidemien und Flüchtlingsströmen auf dem chinesischen Festland, und zu der bislang schon mehr als ein halbes Jahrhundert andauernden Spaltung Chinas.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Chinesischer Bürgerkrieg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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